Der Lehrling
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Muß ich als lehrling was an meinem gesellenstück selber bezahlen ?
Wem gehört das Gesellenstück?
In einer größeren Möbelschreinerei werden traditionell permanent zwischen 5 und 8 Azubis ausgebildet. Bekanntlich fertigen diese zum Ende ihrer Ausbildungszeit immer ein Gesellenstück an. Einer der Azubis hat nun nach der Prüfung sein Gesellenstück herausverlangt.
Auch wenn die Schreinerei die Materialkosten für das Gesellenstück getragen hat, muss sie es an den ehemaligen Auszubildenden herausgeben. Dies ist sogar bereits gerichtlich entschieden worden (LAG München, 8.8.2003, 4 Sa 758/01).
Der Herausgabeanspruch wird damit begründet, dass nach dem bürgerlichen Gesetzbuch generell der Hersteller einer Sache auch deren Eigentümer wird. Hersteller ist in diesem Fall nun mal der Azubi, er fertigt außerdem ja sein Gesellenstück frei von Vorgaben an. Zudem ist das Interesse des Azubis am Gesellenstück höher zu bewerten als das der Schreinerei, denn mit seinem Werk muss er ja vor dem Prüfungsausschuss seine Fähigkeiten demonstrieren.
Beachten Sie aber: Sie können durchaus mit Ihrem Azubi vereinbaren, dass das Gesellenstück dauerhaft in Ihrem Betrieb bleibt. Eine solche schriftliche Vereinbarung könnte etwa so aussehen:
Hiermit verzichte ich, ... (Name des Azubi), auf mein Eigentumsrecht an dem von mir zu fertigenden Gesellenstück. Das Eigentumsrecht soll auf ... (Name des Ausbildungsbetriebes) übergehen.
Ort, Datum
Unterschrift des Auszubildenden
Gesellenstück: Das ist meins
(aus Soli aktuell 4/03, Seite 6, Autor Wolf-Dieter Rudolph)
Die erfolgreiche Beendigung der Berufsausbildung im Handwerk setzt die Fertigung eines Gesellenstücks voraus. Aber wem gehört es? Darf man es zur Erinnerung behalten?
Bei der Herstellung des Prüfungsstücks geben sich die meisten Azubis die größtmögliche Mühe und stecken viel Herzblut in das Produkt. Manch einer fragt sich nicht zu Unrecht, ob er oder sie das mit vom Ausbildungsbetrieb zur Verfügung gestellten Materialien produzierte Werk nicht als Erinnerung an den erfolgreichen Abschluss der nicht immer herrlichen Lehrjahre mit nach Hause nehmen kann.
Antwort: Er oder sie darf - in den meisten Fällen. Im Regelfall erwirbt der Azubi, der das Prüfungsstück herstellt, das Eigentum an dem Gesellenstück (§ 950 BG. Voraussetzung ist allerdings, dass das Prüfungsstück nicht im unmittelbar wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers gefertigt wurde - das kann der Fall sein, wenn es innerhalb des Produktionsvorgangs Teil einer Serienproduktion ist oder als auftragsbezogene Herstellung eines beim Ausbildungsbetrieb bestellten Werkstückes nach den Vorgaben des Arbeitgebers gefertigt wurde.
Nur dann ist der Ausbildungsbetrieb als Hersteller und Eigentümer im Sinne des § 950 BGB, da er das Produktions- und Absatzrisiko trägt und der Azubi beim Herstellungsvorgang als so genannter Erfüllungsgehilfe für den Betrieb tätig wird. Ein Prüfungsstück hingegen, dass im Rahmen der Abschlussprüfung eines Ausbildungsverhältnisses hergestellt wurde, wird vom Azubi grundsätzlich im eigenen Interesse und auf Veranlassung des Prüfungsausschusses als Demonstration der verlangten praktischen Fertigkeiten und Kenntnisse angefertigt.
Ausnahmen gibt es auch hier: Der Azubi wird nicht Eigentümer, wenn der Wert des zur Verfügung gestellten Materials - etwa in Goldschmieden - den Wert der Verarbeitung weit übersteigt.
Um Missverständnisse auszuräumen, können sich Ausbilder und Azubi vorab - z. B. im Ausbildungsvertrag oder später über die Frage des Erwerbs am Prüfungsstück verständigen. Behält der Azubi das Prüfungsstück bzw. darf er es behalten, so steht dem Ausbildungsbetrieb eventuell ein Ausgleichsanspruch zu.