Ausbildung: Befreiung Berufsschule + Verkürzung auf zwei Jahre

Holzwürmchen

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Hallo, ich werde, wenn alles klappt, im September die Ausbildung zum Tischler beginnen. Da ich die Möglichkeit habe (Abitur und älter als 21), sowohl eine Befreiung von der Berufsschulpflicht als auch die Verkürzung der Ausbildungszeit auf zwei Jahre zu beantragen, wollte ich mal ein paar Meinungen hierzu anhören. Was meint ihr? Ist es ratsam oder seht ihr Nachteile/Probleme?
Freue mich auf Antworten.
Nicole
 

edelres

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Schreinerausbildung

Hallo Nicole,

Meine Tochter war vor ca 20 Jahren in der gleichen Situation, in welcher du dich befindest. Ich kann dir nur eindringlichst raten die Berufsschule zu besuchen.

Mein Eindruck ist der, jeder Betrieb ist heute gezwungen sich irgendwie zu spezialisieren, dabei geht die Universialitaet der Schreinerausbildung unter. Durch deine Schulerfahrung kannst du die Berufsschule besser nutzen als ein 14/15Jaehriger Lehrling. Bei meiner Tochter fand das erste Lehrjahr sowieso in der Schule statt in welcher sie die Schreinerhandwerklichen Handfertigkeiten und den Umgang mit Handwerkzeugen erlernte. Gerade hier wird das Gefuehl mit dem Umgang von dem Werkstoff “Holz” vermittelt, an diesen hier erlernten Erfahrungen traegst du nicht schwer, geben dir dann spaeter die Moeglichkeit strukturelle Fehler in der Planung und Ausfuehrung zu vermeiden.

Der Wandel im Handwerk den ich in den letzten 60 jahren beobachtete ist der, das Handwerk, Betonung auf "Hand" stirbt aus. Ich sehe dies nicht unter nostalgischen Gefuehlen sondern als eine Weiterenwicklung, die es dem Schreiner in der heutigen Zeit ermoeglicht die technologischen Moeglichkeiten zu nutzen um im harten Wettbewerb zu bestehen und weiterhin handwerklich erstklassiges im Sinne der Schreinertradition zu liefern. Es gab, gibt und wird es immer geben, den Kunden der etwas besonderes wuenscht und auch willig ist dies zu bezahlen. Gerade hier ist es wichtig die Vorzuege des Handwerks herauszustellen und den Abstand vom Moebel von der Stange herzustellen, genau dann kommt eine Universale Ausbildung mit Erfahrungen in der Lehrzeit zu gute. Erfahrungen sammelt man im Laufe der Zeit, die kann mann nicht im Intensivschnellkurs erlernen. Ich kann dir auch raten dein Abitur(zeugnis) im Betrieb recht tief zu haengen sonst schaffst du dir nur einen unerwuenschten Abstand/Distanz/Vorurteile zu Kollegen/Mitarbeitern.

Aus deiner Anfrage hier im Forum sehe ich deine Offenheit und Aufgeschlossenheit deine neue Lehre anzugehen. Meine Ausfuehrungen sind als Denkanstoesse gedacht, so dass du eine mehr klarere Entscheidung treffen kannst.

Ich wuensche dir viel Geduld, Ausdauer, Glueck und Erfolg in deiner Ausbildung.

Mit freundlichen Gruessen

Ottmar

PS: Ich habe das Schreinerhandwerk nicht erlernt. Durch besonders glueckliche Umstaende lehrten mich alte Schreiner, z. B. Werkzeugschaerfen, (Ziehklinge)Schwalbenschwanzzinkung, Hobeln und Saegen. Diese Fertigkeiten die ich damals zum Teil auch unwilling erlernte sind “””unbezahlbar”””, und ermoeglichen mir in meinem Beruf als Restaurator erstklassige Arbeiten zu liefern die von meinen Kunden und Kollegen anerkannt und geschaetzt werden. Keiner wird heute ein Brett von hand Hobeln, doch wenn ich nicht gelernt haette wie man ein Brett von Hand gerade hobelt waere ich nicht in der Lage ein im Laufe der Zeit verzogenes/windschiefes Stueck Holz mit ein paar Hobelstrichen zu korrigieren.
 

carsten

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Hallo

bei mir ists erst ca. 10 Jahre her auch Abi und dann noch Bundeswehr dann 3 Jahre Lehre. gegen Lehrzeitverkürzung hatte mein damaliger Chef was. Andererseits war das glaube auch besser weil viel gelernt habe ich auch in 3 Jahren nicht in zwei wäre es verschwindend wenig gewesen. Berufsschulmäßig hab ich mir relativ leicht getan. Insbesondere in Mathe. Der Rest der Fächer hat wenig bis null und nix mit deinem bisherigen Schulstoff zu tun (außer evtl Bio. Aufbau des Baumes). Wie Ottmar schon geschrieben hat ist das Berufsbild des Schreiners recht breit gefächert. Das decken die wenigsten Betriebe komplett ab. Kann deshalb auch nur zum Schulbesuch raten. Dem Rest kann ich mich auch nahtlos anschließen.
Lehrzeitverkürzung ist möglich, da muss halt der Lehrbetrieb und auch die Lehrer mitspielen. Bedeutet für dich doppelt lernen. Ach ja und bedenke das fachliche was du in drei Jahren Beruferfahrung lernen kannst ist fast nicht in zwei Jahren zu erreichen- je nach dem was du anschließend machen willst.
 

Müscha

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Moin,
schließe mich meinen Vorschreibern an, das es , meiner Meinung nach, besser wäre, wenn Du das Komplette Programm durchziehst!
Auch im Hinblick auf eventuelle spätere Weiterbildung, hättest Du es dann leichter!
Von manchen Mitgliedern im Ausschuß, denen die Verkürzung vielleicht ein Dorn im Auge wären, ganz zu schweigen!
Überleg es Dir gut...lernen hat noch keinem geschadet!
Michael
 

Holzwürmchen

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Danke für Eure Antworten.
Ich will mir diese Entscheidung auch wirklich nicht leicht machen und letztendlich muss ja, wie Ihr schon sagt, bei der Verkürzung auch der Betrieb mitspielen.
Was die Berufsschule angeht, hatte ich bisher nicht viel Gutes gehört, was mich auch nicht sehr wundert angesichts der sehr unterschiedlichen Vorbildungen unter den Schülern. Das soll nicht überheblich klingen, aber ich habe keine Lust, jede Woche einen Tag zu verschwenden für einen Stoff, den ich mir problemlos selbst aneignen kann, zumal ich mich eh schon länger mit der Fachtheorie beschäftige (es ist also nicht so, dass ich nix lernen will, ganz im Gegenteil). Das würde mich dann ziemlich ärgern, weil ich die Zeit besser in der Werkstatt verbringen könnte. Ich denke, ich werde mich mal um einen Termin an der Berufsschule kümmern. Vielleicht ist es ja möglich, nur die fachrelevanten Fächer zu belegen, ich habe irgendwann mal was von Berufsschulberechtigung gehört.
Bei der Verkürzung habt Ihr natürlich recht, in drei Jahren lernt man mehr als in zwei Jahren. Und ich selbst würde wohl auch die drei Jahre in Angriff nehmen. Eine Verkürzung, wenn ich mich dann doch dafür entscheiden sollte, kann ich ja unter den selben Bedingungen auch im Laufe der Ausbildung noch beantragen.
Ich danke Euch erstmal für's Antworten.
Einen schönen Tag noch, Nicole
 

florian

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Hallo Nicole
also ich bin selbst Azubi im 1. Lehrjahr, und unser Betrieb hat noch je 2 Lehlinge im 2. und 3. Lehrjahr. Ich habe mir auch mal schon überlegt auf 2 1/2 Jahre zu verkürzen und habe darüber mit einem Lehrling aus dem 3. Lehrjahr und mit einer Ausgelernten (jetzt Restauratorin) gesprochen.
Der Lehrling hat gemeint das er in dem letzten Jahr nicht viel gelernt haben, genau wie in den beiden anderen Jahren, und die Gesellin (heißt das so?) hat gesagt das sie es nicht gemacht hat weil sie im Betrieb etwas lernen wollte. Die Berufsschule sei leicht gewesen und der Stoff auch alleine zu verstehen.

Meine Meinung: Für mich ist es sinnvoll zu verkürzen, da der Berufsschulstoff echt nicht sehr schwer ist. ich hab Mittlerer Reife und langweile mich in der Schule nur, da ich auch vorher mich schon viel mit dem Thema Holz beschäftigt habe
Bei dir würde ja das 1. lehrjahr wegfallen und das ist eh extrem einfach. Mal kurz unsere bisherigen Themen;
Mathe: Grundrechenarten Brüche, Flächeninhalt und Umfang von Trapez Dreieck Quadrat Rechteck Paralellogram und jetzt Pythagoras
TZ: Grundbegriffe des Zeichnens wie Lienenstärke, Lienenarten Bemasund und 3 Tafel-Projektion
Wirtschafts und Sozialkunde: Sozialversicherungen Lohn Industrialisierung
Experimentelle Technologie Werkzeugkunde
EDV Einführung in CAD und CNC
Technologie: Werkstoff Holz
Mathe, Witschafts- und Sozialkunde müsstes du eigentlich können, und der Rest ist mit ein wenig sachverständnis eigentlich auch leicht zu verstehen.
Im Betrieb lerne ich leider auch nicht sehr viel, da ich wie eben schon gesagt schon Grundkenntnisse, z.T.vom Praktikum und Umbauarbeiten zuhause, sowie Besuche in der Firma unseres Nachbarn (bei dem ich aber nicht Arbeite) hab. Ich mache da lieber nur 2 1/2 jahre und hänge dann noch ein 1/2 Jährliches "Praktikum" in einer anderen Schreinerei dran. Habe da schon ein angebot von Bekannten aus Österreich.

Also kommt es darauf an wiegut du dich jetzt schon auskennst, und wie dein betrieb ist. Jemand der zwar Theoretisch super ist aber ned weis wie man ein Hobel in die Hand nimmt, sollte das verkürzen besser sein lassen. Wenn der Betrieb viel macht und dir auch was beigebracht wird, brauchte sollte auch ned verkürzen. Wenn du allerdings nur als günstiger Hilfsarbeiter zum Einkaufen Bohlenschleppen und Werkstatt reinigen da bist bringt dir das eine Jahr mehr garnichts.

So und jetzt sagt wo ich meine Denkfehler drin hab.
 

raftinthomas

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nirgends würd ich sagen.
es komt halt immer drauf an.
gaaaanz wichtig ist der betrieb. ich rate da tendenziel eher zur ballerbude als zum toll anzusehenden halbindustriebetrieb mit festerfertigung. mir ist ein fall eines recht motiviertem aber wenig selbstsicheren lehrlings bekannt, der 3 jahre nur geschliffen hat. der betrieb hat hier übrigens ein top renomee. je vielseitiger so ein betrieb ist, und je flacher die hirachien sind, desto mehr wirst du da lernen. und wenn du dann noch die gelegenheit hast+nutz, nach feierabend für dich selbst zu arbeiten, ist der lerneffelkt enorm. wenn du natürlich nur schleifts, lernst du auch in 4 jahren lehre nix wirklich.
zur berufsschule: ich hab immer geschimpft, weil da sowenig bei rumkam. in der summe hats sich schon gelohnt. ich bin aber auch stark nach eigenem gutdünken hingegangen :emoji_grin: . mein meister damals sah das auch locker, solang eh alles 1-2 steht, stören auch 200 fehlstunden nicht. sieht aber nicht jeder so, und der klassenlehrer hatte da auch so seine probleme mit.
verkürzen kannst du ja jederzeit noch, der betrieb muss da übrigens NICHT mit einverstanden sein. besser isses aber, sonst kanns auch scheif gehen. kommt schon mal häufiger vor, das am letzen tag des gesellenstückbaus noch einer helfen muss...
entscheidend finde ich auch, was du hinterher machen möchtest. wenn du das als besipielsweise als basis fürn studium betrachtest, find ich 2 jahre durchaus ok, und würde sowas als ausbilder auch sofort befürworten.
wenn du schon vorbelastet bist und irgendwelche handwerkliche vorahnung hast, bzw weil du immer deinem selbstständigen zimmermanns-vater am wochenende aufm bau geholfen hast, ist das ja auch noch ne andere sache.
wenn du aber noch gar nix in der richtung gemacht hast, dann riete ich zu normalen 3 jahren mit der option zum verkürzen. und dann, wie florian geschrieben hat, noch irgendwo ein praktikum (oder direkt auf die walz!).
und dann noch eine ganz persönliche einschätzung: hast du das bstel-gen? meistens befindet sich dieses, medizinern immer noch unkekannte, gen auf dem y-chromosom, manchmal aber auf auf dem x-chromosom. wenn du dieses gen besitzt, ist das allerbeste grundlage für eine verkürzung und auch eine erfolgreiche lehre.
du weisst, dass dus hast, wenn du folgende aussagen meisst mit ja beantworten kannst:
-wenn irgendwer etwas arbeitet, guck ich immer ganz neugierig und versuch, mit den augen zu "klauen". im besten falle frag ich auch was und wieso.
-ich will sachen lieber selbst reparieren als sie jemandem geben
-ich hab schon immer gerne an fahrad/moped/sonstwas rumgeschraubt
-mein erster kassettenrekorder ging kaputt, weil ich unbedingt reingucken wollte
-ich bin neugierig auf alles, was irgendwie mit technik zu tun hat

so, jetzt aber MAHLZEIT !
thomas
 

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hi!
ich hab gerade mit meiner schreinerausbildung angefangen. da ich ja abi hab kann ich die lehrzeit auf 2 jahre verkürzen. jetzt merk ich aber, dass ich keine ahnung hab wo ich denn genau anfangen soll den stoff nachzulernen. hat jemand vielleichtne ahnung, ob es ein spezielles buch zum nachlernen gibt???

lg stefan
 

Eick

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Moinsen!

Ich habe meine Lehre auch unter der Voraussetzung begonnen, dass ich Abitur hatte. Natürlich bestand die Möglichkeit das erste Lehrjahr zu überspringen, doch mein damaliger Meister riet mir davon ab und im Nachhinein habe ich die Entscheidung nicht bereut.
Natürlich langweilt man sich teilweise extrem, doch wenn man den oberflächlichen Berufsschulstoff zu Hause in Eigenregie noch vertieft, sind das Grundlagen, die einem keiner nehmen kann.
Zwar kann man das gesamte erste Lehrjahr auch selbst nachholen, doch es fehlen einem letztendlich doch gewisse Details oder Vorstellungsvermögen. Ich habe meine Lehre im dritten Lehrjahr um ein halbes Jahr verkürzt. Spezielle Sachen wie den Fensterbau kann man sich doch effektiver selbst aneignen als die grundlegenden Sachen. Ist zumindest meine Meinung.

hat jemand vielleichtne ahnung, ob es ein spezielles buch zum nachlernen gibt???
Da eignen sich eigentlich viele Lehrbücher. Ich hab mir damals die besorg, die in der BBS genutzt wurden. Der Verlag Handwerk und Technik hat(te) da zwei gute Bücher zum Thema Holztechnik. Falls man die noch bekommt, würde ich die empfehlen. Egal ob zum mitlernen oder nachholen. Auch der Europaverlag hat gute Sachen dazu. Bei der Vielfalt der Lehrbücher und Grundlagenbücher ist es schwer etwas konkretes zu empfehlen. Doch es ist vielleicht am besten sich das zu besorgen, was auch in der Berufsschule genutzt wird.

Beste Grüße
derEick
 

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danke für deine antwort.
ja jetzt merk ich auch auf was ich mich da eingelassen hab:emoji_wink: besonders das praktische nachzuholen ist garnicht so einfach, besonders wenn keiner im betrieb für einen zeit hat. hab mir jetzt aber auch die bücher von der berufsschule vom euopa verlag besorgt. mal sehn, obs klappt!
lg
stefan
 

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Hilfreiche Infos

N'Abend zusammen,
mache ebenfalls demnächst Abi und denke über eine Tischlerlehre als Vorausbildung für die Berufsfeuerwehr nach und muss sagen:
Danke für die vielen Infos, das war doch sehr erbaulich!
Werde wohl zunächst die volle Zeit angehen, und bei Bedarf und Möglichkeit zum Ende hin verkürzen.

Greez
 
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