"Beinzange" vs. "skandinavische Schulterzange"

der_vik

ww-ulme
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Berlin
Hallo,

da mir die erste selbstgebaute Werkbank zu sehr wackelt und die Möglichkeiten des günstigsten Tischlerschraubstocks zum Hindernis werden habe ich beschlossen mir eine neue Werkbank zu bauen. Dabei stellt sich mir insbesondere die Frage welche Art von Vorderzange die Werkbank haben soll - aktuell bin ich am schwanken zwischen einer Beinzange im etwa 15° Winkel und einer skandinavischen Schulterzange (ich hoffe die Begriffe sind richtig übersetzt, ich lese hauptsächlich auf Englisch und gucke auch meist die englischen Tutorials...)

Vielleicht kurz zu meiner Person (weil das auch mein erster Beitrag ist) - bin der Viktor (oder kurz Vik) aus Berlin, habe mich die letzten ungefähr zwei Jahre ein bisschen intensiver mit Holzwerken beschäftigt - also nicht mehr nur fertig abgerichtetes Holz durch Schrauben und Winkel verbunden, sondern (teilweise) selbst abgerichtet und Zinken gesägt. Im sonstigen Leben bin ich aktuell Student nachdem ich ursprünglich eine handwerkliche Ausbildung im Bereich Elektrotechnik abgeschlossen habe. Coronabedingt kann ich die Rücklagen für eventuelle Auslandsaufenthalte gerade nicht nutzen und befinde mich auch am Ende des Studiums - also würde ich gerne ein paar Euronen in mein Hobby investieren :emoji_sunglasses: Holzbearbeitungstechnisch arbeite ich ein bisschen im Hybrid-Modus - das heisst den groben Zuschnitt und auch mittlerweile das meiste Abrichten erledige ich mit halbwegs portablen Maschinen (Handkreissäge, kleiner Abricht-/Dickenhobel, kleine Bandsäge, etc.) und den größten Teil der Endbearbeitung - also die letzten Millimeter erledige ich dann mit Handwerkzeugen wie Handsäge, Hobel, Stechbeitel, etc.
Ich baue eigentlich alles was im Haushalt so anfällt - von kleinen Kisten, Dekoobjekten bis hin zum kompletten Bett oder aktuell Küchenschränke.... Also Dimensionsmäßig recht verschiedene Dinge aber keine Dachstühle.

Zu den Rahmenbedingungnen: Die Werkstatt ist ein mittelgroßer Kellerraum, der zu einer Mietwohnung gehört - das heisst viel Platz habe ich nicht und die Werkbank muss leider platztechnisch gegen eine Wand stehen und kann nicht von allen Seiten begehbar sein :emoji_frowning2: Da ich relativ viele Schwalbenschwänze mit der Hand säge möchte ich gerne eine Werkbank im Roubo-Stil bauen, die keinen Millimeter wackelt und in die ich vor allem auch lange Werkstücke fest einspannen kann. Aktuell behelfe ich mir immer mal mit der ein oder anderen Zwinge o.Ä. und bin von Gewackel beim Sägen genervt :emoji_cold_sweat: Dimensionsmäßig denke ich an etwa 150cm x 50cm - die Arbeitsfläche soll etwa 10cm dick sein. Das ganze soll kein Schmuckstück sein und ich möchte auch nicht in der Angst leben das schöne, exotische und vor allem sehr teuere Holz im Eifer des Gefechts zu beschädigen - also vermutlich Fichte/Tanne. Am rechten Ende soll eine (oder zwei?) Inset Vice von Veritas (https://www.feinewerkzeuge.de/veritasvise.html) eingebaut werden um vor allem mal eine Schranktür o.Ä. flach einspannen zu können gegen System 19 Bankhaken. Denke für den Hobbybereich sollte diese Art Schraubstock langen und viel Kraft soll da ja auch nicht entwickelt werden. Außerdem stehen diese nicht über, was für einige sonstige Arbeiten ganz praktisch ist.

Für die Vorderzange - ja da bin ich wirklich am Schwanken was ich einbauen soll weil ich mit beiden noch nie wirklich gearbeitet habe. Einerseits kann man lange Bretter wohl ganz gut in eine Beinzange einspannen - vor allem wenn sie wie angedacht in etwa einem 15° Winkel steht. Andererseits schwören ja doch einige Leute, die viele Schwalbenschwänze mit der Hand schneiden auf die skandinavischen Schulterzangen in die man wie es aussieht sogar noch deutlich besser lange Bretter einspannen kann. Für die Unterstützung bei breiten Werkstücken ist noch ein "sliding deadman" (sorry, keine Ahnung wie ich das übersetzen kann) eingeplant.
Für die, die eine Schulterzange nutzen hätte ich vor allem eine Frage - kommt es vor, dass diese bei sonstigen Arbeiten auch mal in den Weg kommt und stört? Oder kann man eigentlich immer drumrum arbeiten? Und wenn sie nicht stört welche Länge würdet ihr mir empfehlen? Bei Feinewerkzeuge gibt es eine Spindel mit 330mm Länge und eine mit 400mm die mir halbwegs sinnvoll erscheinen (https://www.feinewerkzeuge.de/spindel.html) - ich denke drunter und drüber ist nicht mehr sinnvoll, weil man entweder zu wenig Länge hat um auch mal etwas dickeres einzuspannen oder einfach meilenweit vom Werkstück entfernt steht? Liege ich mit der grundsätzlichen Überlegung richtig und wenn ja - wären für einen normal großen Menschen (1,8m) mit normal langen Armen eher 330mm sinnvoll von der Entfernung oder 400mm noch gut machbar ohne sich groß zu verrenken?

Sorry für den doch recht langen Roman - ich dachte aber es ist besser die Rahmenbedingungen möglichst konkret zu benennen, damit die Gedankengänge möglichst nachvollziehbar sind und eventuelle Fehler im Gedankengang möglichst gut auffallen. Ich habe auch die Suchfunktion so gut es geht bemüht - leider bin ich aber nicht sehr fündig geworden was die konkreten Fragen angeht. Wenn es schon beantwortet wurde bitte ich um Gnade und einen kurzen Verweis :emoji_wink:
 

Komihaxu

ww-robinie
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Unter dem Begriff "deutsche Vorderzange" wirst du mehr finden.
http://www.woodworking.de/cgi-bin/forum/webbbs_config.pl?md=qpref

Jede Zangenform hat Ihre Vor- und Nachteile.
Der Nachteil der "deutschen Vorderzange" ist, dass sie ziemlich viel Platz braucht, also die Hobelbank an einem Ende sehr tief wird. Kann in kleinen Hobbywerkstätten ein Problem sein, wenn man da immer drumherumtanzen muss.
Man kann mit ihr aber sehr gut lange Werkstücke vertikal einspannen (bis zum Boden reichend), was mit der "französischen Vorderzange" schlecht geht. Auch mit einer geraden Beinzange geht das nicht, daher die 15°.

Ich habe die "deutsche Vorderzange" lange nicht verstanden, aber jetzt wo ich die französische Form an meiner gebrauchten Bank habe, würde ich sie vorziehen.
In den nächsten Jahren will ich auch eine Bank selber bauen, da kommt dann die Beinzange mit der Spindel von Benchcrafted ran.
Ob das besser oder schlechter ist, wird man erst nach einigen Jahren sagen können. Und man kann das auch fast nur für sich selbst beantworten. Du kennst den Spruch "Wie man es macht, ist es verkehrt!" Arbeiten wirst du mit allen können.

Die Inset-Vise sehe ich als nicht so toll an, ich werde die Schlittenzange (Wagon Vice) von Benchcrafted verwenden. Die habe ich schon in der Praxis lieben gelernt.

Noch viel mehr sehne ich mich aber nach einer Bank ohne Banklade. Das ist nur ein Müllbehälter, der nutzbare Arbeitsfläche verschenkt.
 
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