Detaillierte Anleitung: Vorritzer-Riemen bei Martin T72 Formatkreissäge wechseln

PrimaNoctis

ww-robinie
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Hallo zusammen,

ich greife dieses Thema von 2013 auf und schreibe das nochmal ganz ausführlich zusammen. Habe heute 4h damit verbracht. Wenn man genau weiß, wie es geht, sollte man es in 0,5-1h schaffen, beim ersten Mal. Vielleicht habe ich mich auch richtig blöd angestellt. Die Formulierungen dieses How To habe ich versucht so einfach zu halten, dass ein Übersetzungsprogramm gute Chancen hat.

Die Anleitung von Martin habe ich mir schicken lassen. Soweit nett, aber wenig hilfreich, s. u. als mein Screenshot, wenn @carsten @yoghurt einverstanden.
Der neue Riemen bei Martin kostete mit Versand 46,56€ + Mwst. Woanders ist er kaum günstiger, also kann man sich die Sucherei sparen.
Typ: Hochleistungs-Flachriemen
420x20x1,5 Qual.TH 737 endlos


Damals schrieb Christian:
Hallo.

Als erstes musst Du das Sägeaggregat bis 45 Grad schwenken, dann ist der Riementrieb von oben durch die Tischöffnung erreichbar.
Bei 90 Gradstellung geht gar nichts.
Direkt neben der Riemenscheibe der Sägewelle befindet sich die Spannschraube des Riemens.
Kontermutter mit Schraubenschlüssel SW13 lockern, und Spannschraube mit 5er Imbus zurückdrehen.
Der Motor wird dabei durch eine Feder angehoben.
Neuen Riemen auflegen:
Das ist bei der Motorriemenscheibe leider eine ziemliche Fummelei, geht aber.
Auf der Sägeblattseite befindet sich unterhalb des Vorritzsägeblatts ein Metalldeckel, befestigt mit 4 Schrauben.
Da hast du Zugriff auf die Motorriemenscheibe.
Wenn der neue Riemen drauf ist, mit Imbusschraube spannen, und Kontermutter festziehen.
Nach ein paar Betriebsstunden Riemenspannung kontrollieren, und ggf. nachspannen.
Viel Erfolg, hoffe geholfen zu haben.

Gruss Christian.

Ich möchte das nochmal möglichst kleinteilig erweitern und Bilder hinzufügen, damit andere sich meinen Frust von heute ersparen können. Das ist echt maximal unglücklich aufgebaut. Man sollte es machen, wenn man etwas Zeit, keinen Druck und etwas Frusttoleranz hat.
Meine T72 ist von 1992, also noch nicht der "Facelift".

  1. Hauptschalter aus
  2. Sägeblatt + Vorritzblatt entfernen
  3. Es ist NICHT nötig, die Riemen des Hauptblatts zu lösen
    Falls sie einen stören und im Weg sind, kann man sie aber lösen.
  4. Gussdeckel oben im Maschinentisch entfernen und bei Seite legen
    Alle Arbeiten können durch diese Öffnung gemacht werden.
  5. Falls der alte Riemen noch irgendwie aufgespannt ist (sonst wie bei mir weiter bei nächstem Punkt)
    Ist der Riemen Müll: Durchschneiden, herausziehen und weiter beim nächsten Punkt. Wenn nicht:
    Spannung des Vorritzerriemens lösen - wie bei @Holz-Christian oben beschrieben:
    a. Machine auf 45° schwenken (nicht nur 40°, sonst geht er unten kaum von der Riemenscheibe)
    b. Mit 13er Gabelschlüssel die Kontermutter von der Stiftschraube lösen (auf Bild schon entfernt) - s. auch 2. Bild in Martins Anleitung (6) m. Beschriftung.jpeg
    c. Diese Schraube mit 4er (nicht 5er) Inbus komplett (!) lösen, das sie nicht mehr durch das Gussteil geht
    d. Jetzt den Motor des Vorritzers bewegen, damit man den Riemen entfernen kann. (Bei mir funktionierte das nicht mit einer Feder wie bei Christians Beschreibung.)
    Ich habe dazu auf den Elektrik-Klemmkasten nach unten gedrückt und mit der anderen Hand den Riemen aufgelegt oder entnommen:
    (8).jpg
  6. Gem. Martins Anleitung Bild 1 Schraube lösen
    Auf Sägeblattseite die M8 mit 13er Gabelschlüssel lösen. Geht besser bei geschwenktem Blatt.
  7. Aggregat wieder auf 90° bzw. fast 90° stellen (sonst geht das Abdeckblech des Sägeblatts nicht auf)
  8. Die Welle des Vorritzers (bei Martin "Lagerung") nach links herausziehen
    Geht recht leicht mit 2 Händen
     (2).jpeg
  9. Dreck und Reste vom Vorritzerriemen entfernen
    Ggf. mit Cutter-Klinge wegkratzen, mit Harzreiniger geht leichter Rückstand noch ab.
    Die 2 Lager sollten gut drehen.
    Teil bei Seite legen
     (3).jpeg  (4).jpeg
  10. Riemenreste von der Riemenscheibe entfernen
     (5).jpeg
    a. Dazu Maschine auf 45° schwenken
    b. Aggregat in der Höhe ganz nach unten ablassen
    c. Auf Maschine legen und durch die Öffnung mit dem Arm rein
    d. Verknotetes mit Messer oder Schere durchschneiden, bis alles raus ist.
    e. Dreck auf Riemenscheibe grob mit Fingernagel entfernen, Rest lassen - man kommt egal wie nicht mit Werkzeug ran. Eine Klappe wie von Christian beschrieben gibt es bei mir nicht.
    f. Lässt sich die Riemenscheibe gut mit den Fingern drehen und spürt man keine Fäden mehr, wird es wohl gut sein.
  11. Neuen Riemen aufziehen (der blödeste Teil der Arbeit)
    Maschine muss (!) wieder auf 45° geschwenkt sein.
    a. Am neuen Riemen einen langen Faden o. ä. festmachen. Hat es den alten Riemen zerlegt, dann hat man sicher einen... Den Faden verknoten und das Ende über dem Tisch halten. Das ist nützlich, um den Riemen nach oben zu ziehen, siehe Bild:
     (6).jpeg
    b. Zuerst den Riemen unten auflegen. Dazu von oben (wo die Vorritzerwelle war) nach unten fädeln. Den Arm in die Öffnung stecken (auf Maschine liegen) und an der Riemenscheibe vorbeifädeln. Da ist der schwierigste Schritt, weil dort kaum Platz ist zwischen Riemenscheibe und Metallgehäuse Richtung Sägeblattseite. Man muss den Riemen zuerst mit der schmalen Seite irgendwie durch diesen winzigen Schlitz bekommen. Es hilft, mit dem Handteiller der arbeitenden Hand auf den Motor zu drücken. Richtung siehe Bild (natürlich während man den Riemen aufzieht...)
    (8).jpg
    c. Mit Faden das andere Ende nach oben ziehen. Unten Sitz auf Riemenscheibe kontrollieren.
    d. Durchatmen
    e. Faden mit Magnet oder Klebeband auf Maschinentisch fixieren.
  12. Vorriterwelle wieder einführen
    a. Maschine auf 90° stellen
    b. Sackloch = Gewinde von Vorritzerwelle wie auf Bild mit Edding markieren. Nur das breitere Kugellager vorne dreht sich. Das Ganze lässt sich im grünen Gussgehäuse drehen und gut ausrichten, solange es nicht ganz drin steckt.
     (7).jpeg
    c. Die dünne Blechscheibe und die Kugellager (Richtung Motorseite) bündig ausrichten, z. B. auf einer harten Oberfläche
    d. Langsam reinschieben und Blechdeckel links davon wieder schließen.
  13. Riemen auf Vorritzerwelle aufziehen
    a. Maschine auf 45° schwenken
    b. Vorritzerwelle wieder etwas nach links herausziehen (soweit es geht) - dabei Eddingmarkierung beachten
    c. Den Motor mit linker Hand runterdrücken (s. Bild), mit rechter Hand den Riemen auf die Vorritzerwelle ziehen. Anders geht es nicht! Das geht jetzt ziemlich leicht, wenn man genau nach meiner Anleitung vorgegangen ist.
    (8).jpg
    d. Motor loslassen, Vorritzerwelle wiede ganz reinschieben und den Riemen etwas drehen (in Drechrichtung des Vorritzerblatts). Sitz kontrollieren.
    e. Grün lackierte M8 Schraube wieder in Vorritzerwellen-Gehäuse schrauben (Bild 1 der Martin-Anleitung)
    Sitzt das Gewinde nicht perfekt, mit 4er Inbus-Schlüssel etwas herumdrücken / hebeln, bis die Schraube greift.
    Schraube festziehen
    f. Faden durchschneiden und entfernen
  14. Vorritzerriemen spannen
    a. Die Stiftschraube aus 4. reindrehen. Drückt diese auf das Gussgehäuse im Bild unter 4., dann spannt sie den Riemen.
    b. Riemenlauf kontrollieren, dass er nicht an Metall schleift.
    c. Bei ausreichender Spannung die M8 Kontermutter wieder auf die Stiftschraube drehen und anziehen.
  15. Falls die Riemen des Haupt-Sägeblattes gelöst wurden, diese wieder auflegen.
    Gussdeckel wieder in Tisch einlegen
  16. Sägeblatt und Vorritzblatt montieren
    a. Durchatmen - geschafft.
    b. Langsam freuen
    c. Zum Anschluss sich fragen, ob man das nicht anders hätte konstruieren können.
  17. Bonus für besonders Fleißige: Wenn man es wie ich geschafft hat, den KIPP-Hebel (braucht man zum Hauptriemen entspannen) beim Schwenken in falscher Stellung abzubrechen
    (1).jpg
    a. Mit Wasserpumpenzange und 2 Händen das Gewindeteil (unten im Bild) lösen. Das sitzt sehr fest, vermutlich verklebt. (Mit Knipex Cobra 250mm ging es.)
    b. Die (verklebte) Stiftschraube mit Inbus herausdrehen.
    c. Die Stiftschraube in neuen KIPP-Hebel (sollte man in verschiedenen Größen sowieso immer da haben) reindrehen und wieder montieren.
Hoffentlich wurde man in unter 4h fertig, den ich mit allem drum und dran und viel Probieren gebraucht habe. Dann hat sich die Stunde für das Schreiben gelohnt.
Das mit Abstand Kniffligste ist es, den Riemen auf die Riemenscheibe des Motors zu bekommen.

Ich hoffe, diese sehr ausführliche Anleitung hilft noch irgendjemand. Sollte ich etwas vergessen habe, freue ich mich über Ergänzungen.

Gerne kann jemand mit einem anderen Martin-Modell noch sagen, ob es bei ihm ähnlich funktionert / funktionieren könnte.
 

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