Einfach nur ein Tisch

Ed-o-mat

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Hallo zusammen,

Vor einiger Zeit hat mich eine Bekannte gefragt, ob ich nicht einen Tisch für sie bauen kann. Natürlich kann ich da nicht NEIN sagen. Wieso sollte ich auch? Ich hab ja sonst keine Projekte, die auf Abschluss warten... und wenn man etwas perfektionistisch veranlagt ist, dann dauert das ja gar keine Zeit in der kleinen Heimwerkstatt... nun ja.... also ging die Reise los.

Wunschaufnahme: Der Tisch sollte in etwa 140 x 90 cm sein. Schön gemasertes Holz, evtl. mit einer Naturkante. Beine aus Edelstahl, ggfls. ein "Spider" Gestell. Es soll aber nicht zu wuchtig aussehen, eher schmale Beine, und auch nicht zu rustikal. Und es sollen 4 Personen sehr gemütlich und optional 6 Personen am Tisch sitzen. Anmerkung hierzu: Alles was ich so von meiner Bekannten kenne ist eher filigran, von modernem, klaren und minimalistischen Design. Vorzugsfarben: Schwarz, Weiß, Edelstahl. Naja... ob die Wünsche auch zu einer glücklichen Tischbesitzerin führen? Die Reise war jedenfalls schon etwas länger...

Holzauswahl: vor geraumer Zeit hatte ich das Glück, recht günstig an ein paar Bohlen Rüster zu kommen. Sicherlich nicht das perfekte Holz, da hier und da ein kleines Wurmloch zu sehen war, aber da Rüster ja sowieso recht auffällig in der Maserung ist und ein Probestück sehr gut gefallen hat, ist die Auswahl dann auf Rüster gefallen. Jaja, ich weiß, die Beschreibung oben passt ja so gar nicht zu Rüster, aber ich hatte da schon ein konkretes Bild im Kopf...

Als erstes mal die Bohlen.....

IMG20230428130851.jpg

Das schöne an den Bohlen: Sehr viele Filetstücke mit stehenden Jahresringen. Als erstes also mal überall den Kern rausschneiden mit Tauchsäge und Schiene...

IMG20230510140649.jpg

Die aufgetrennten Teile habe ich in meiner recht warmen und trockenen Garage im Sommer noch ein paar Wochen liegen lassen. Feuchtigkeit war mit ca. 12-14 % direkt nach dem Auftrennen an der Obergrenze, aber meine Garage hat bisher noch alles trocken gekriegt... :emoji_grin:

Nun hatte ich das Problem, dass die Bohlen unterschiedlich dick waren - die dicksten teilweise gut 7 cm... und bei einem Tisch gibt nun mal die dünnste Bohle die Dicke vor. Dazu kommt noch, dass der Tisch ja "leicht" wirken soll, also eine 7 cm dicke Tischplatte - vor allem bei ungefähr 140 x 90 vielleicht spannend aber definitiv nicht filigran ist...

Also musste alles dünner werden. Ziel: 4 cm. Wie macht das der Hobbyschreiner ohne große Geräte oder eine CNC???

Vorher:
IMG20230830152437.jpg

Nachher:
IMG20230830163202.jpg
IMG20230830163208.jpg

Die Menge an Spänen.... unfassbar.... Well. Dank FFP2 nichts in der Nase und dank Raumluftfilter und Staubsauger dann mit der Zeit auch vom Staub befreit...

IMG20230830163623.jpg

So sahen dann die Bohlen aus, aus denen der Tisch werden sollte...:
IMG20230908120012.jpg

Jetzt kam der schwierigste Teil... mit der Bekannten dann 2 Stunden lang puzzeln und verschiedene Layouts probieren. UND "einige" Änderungen am Tisch.
Sie: 140x90 ist der Tisch jetzt. Ich: wenn man gemütlich sitzen will, sollte man sich da an 160 x 90 orientieren, ca. 156 x 90 kann ich aus den Bohlen rausholen.
Sie: Bitte eine Naturkante. Ich: Das Holz ist schon rustikal genug. Wenn Du das etwas zeitloser und eleganter gestalten willst, dann bleibe rechteckig. Mit einer starken 45° Phase in Richtung "Schweizer Kante" wird das luftiger und passt besser zu deinen sonstigen Sachen.

Der Kompromiss war dann, dass wir den hellen Splint von zwei Bohlen nach außen gelegt haben und so eine "natürliche Baumkante" erzeugt haben, dabei aber bei einem klaren Design bleiben. Übrigens mein Plan von Anfang an, aber pssssst! :emoji_stuck_out_tongue_winking_eye:


Hier das Layout:
IMG20230908134420.jpg

Dann kommt das übliche.... Also Lamellos dazwischen - 7 Stück pro Fügestelle bringt sicher Glück, verleimen und dann zurechtschneiden.

Anschließend dann die "Schweizer Kante" dran gemacht. Und geflucht. Tisch = 41mm dick. Tauchsäge 55mm Schnitthöhe. Schnittwinkel = 45°. Verdammt!
Mit Tauchsäge vorgeschnitten, von Hand dann die letzten 2-3 Milimeter durchgesägt und plan geschliffen...

IMG20230918213943.jpg

Um sicher zu gehen, dass bei den stehenden Jahresringen (!!) sich auch nichts verbiegt, falls es weiter trocknet (!?!) und weil ich Bock drauf hatte.... Erst drauf...
IMG20230918221429.jpg

Dann rein:
IMG20230920135332.jpg

Das Spider-Tischgestell konnte ich dann relativ schnell ausreden und durch ein X-Form Gestell aus Edelstahl ersetzen. Das will natürlich auch versenkt werden. Und ebenso wie die C-Channels mit Gewindemuffen befestigt sein. Also...

IMG20230922134654.jpg

Dann kam sehr viel Schleifen und noch viel mehr Löcher und Risse füllen... Sekundenkleber is my friend :emoji_grin:
IMG20230918221038.jpg

Weiter gehts im nächsten Beitrag...
 

Ed-o-mat

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Dann schleifen, schleifen, schleifen...
IMG20230924121525.jpg
IMG20230924121545.jpg

Bis P240.

Und dann kam die "Odyssee" der Oberflächenbehandlung. Sie: "Nicht zu dunkel, aber die Maserung nicht zu sehr raus, dann doch Leinöl".... nach etwas Rückfrage bei Euch (siehe: https://www.woodworker.de/forum/thr...öglichst-wenig-anfeuert-und-abdunkelt.128842/) dann.... "Vertrau mir einfach, das wird schon...."

Gruß an Osmo Top Oil Natural.

IMG20230924125039.jpg

Und dann:
Ausliefern und eine SEHR glückliche bekannte haben:
IMG20230930201123.jpg IMG20230930201147.jpg IMG20230930201155.jpg

Und heimlich noch das Logo versteckt :emoji_grin:
IMG20230930201204.jpg


Danke nochmals an alle, die mir beim Finish geholfen haben!
 

Lorenzo

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Schon ne Herausforderung in der kleinen Werkstatt! Und mit der kleinen Abrichte. Vor allem das fügen! Ne Bandsäge wär hier noch sehr praktisch gewesen, dann hättest du dir von den gut 7cm Bohlen 3cm wieder zurück ins Lager legen können. Mich ärgern die Säcke voller Späne schon obwohl ich immer schau das Material gut auszunutzen.
Die Beine sind nicht so meins, aber das ist halt schlicht ne Geschmacksfrage. Auf jeden Fall ein gutes Ergebnis, und super wenns der Freundin gefällt!
 

Ed-o-mat

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Danke! Gefügt tatsächlich ohne Abrichte... die Bohlen über die Shinko zu juckeln habe ich genau einmal probiert...

Abgerichtet wurde folgendermaßen: ich habe dafür gesorgt, dass meine Planfräsvorrichtung absolut parallel zum Tisch ist. Bohle drauf, mit Heißkleber gegen Verkippen gesichert, eine Seite plan, dann umdrehen, zweite seite plan = Parallel (würde mit Dickenhobel zwar auch gehen, aber mein Metabo dh330 hatte an den Bohlen keinen Spaß...

Die planen Bretter wurden dann mit Tauchsäge und Schiene "abgerichtet". Etwaige Sägespuren mit wenigen Zügen mit dem Schleifklotz begradigt.

Das sind so Momente, in denen ich mir richtiges Equipment wünsche. Und dann mach ich wieder kleine Sachen und bin total happy mit dem was ich habe...

Ich hab tatsächlich ne Bandsäge, aber einen nicht verlaufenden Schnitt bei den Bohlen habe ich mir nicht wirklich zugetraut... ich bin mit dem Vorschub immer so ungeduldig 8)
 
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Schöne Platte, mich interessiert aber vor allem deine Planfräsvorrichtung und dein System der Höhenverstellung. Ich kenne mich mit solchen Alu-Profilen leider überhaupt nicht aus. Könnte man da einfach X Profile aufeinander stapeln um Höhen von sagen wir 40-60cm zu erreichen ohne dass es zu wacklig wird, bzw. irgendwelche anderen Probleme auftreten würden? Ich möchte Baumabschnitte von unregelmäßiger Höhe planfräsen
 

Ed-o-mat

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Mein Profilsystem sieht so aus:

Werkbankgestell:
IMG20220409151551.jpg

Buche Leimholzplatte eingepasst...
IMG20220409154909.jpg

Nutzung der Werkbanknut mit Gleitaufsätzen:
IMG20220421160248.jpg

Inzwischen ist ne andere TKS und ne andere Tischfräse drinnen, aber das Prinzip ist das Gleiche.

Höhenverstellung über die Oberfräse bzw. die Nuten an den Seiten.

Man kann das aber auch sehr einfach und Lowcost machen: Man nimmt eine Siebdruckplatte und macht der Länge nach bei eingelegter Oberfräse zwei Leisten dran, damit man auf die Kurze Seite hin Anschläge hat. Das Brett setzt man dann auf zwei exakt gleich hohe Blöcke und schraubt diese fest. Wenn man nun einen Tisch hat, der plan ist, kann man damit planfräsen. Es gibt da hunderte Möglichkeiten. Von Low-Cost bis High End. Einfach mal googeln oder auf Youtube umschauen.

Edit: Vom Prinzip her sieht das dann genau so aus wie mein Aluschiebeschlitten auf dem 3ten Bild. Nur halt aus Holz. Höhe kann man über unterschiedliche Bretter durch Unterlegen oder festschrauben erreichen. Oder Du machst den Aufbau wie auf dem Bild, dann aber ohne die Führungsschiene ind er Werkbank und setzt das einfach auf. Da kippelt nichts.
 

Dietrich

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Hallo,

eine schöne Tischplatte, leider erlaubst Du uns keinen Blick unter den Tisch.

Die Zerspanung von 30mm Ulmenholz ist leider weniger vorbildlich für den Hobbyisten.

Gruß Dietrich
 

Ed-o-mat

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das ist keine Schweizer Kante, dass
ist eine Pfälzer Kante, Patentrechte liegen bei @elmgi
:emoji_relaxed:

Die Platte gefällt mir auch, vor allem die Oberfläche mit dem Top Oil.

Da hast du jetzt aber einen Stein im Brett bei deiner Bekannten.

:emoji_thumbsup:
Ich hab ja auch "Schweizer Kante" geschrieben und nicht Schweizer Kante. Ist quasi die Patentlücke bei der Pfälzer Kante... :emoji_innocent:

Ich wurde auch schon mit ganzer Familie auf ein Raclette Essen eingeladen. Und sie weigert sich, mir zu erlauben, etwas mitzubringen :emoji_grin:


Hallo,

eine schöne Tischplatte, leider erlaubst Du uns keinen Blick unter den Tisch.

Die Zerspanung von 30mm Ulmenholz ist leider weniger vorbildlich für den Hobbyisten.

Gruß Dietrich
Einen Blick auf die Unterseite bekommt man auf den Bildern 9 bis 12 im ersten Beitrag. Man muss sich jetzt bei Bild 12 nur noch die Leisten aus Bild 11 dran denken und von den Edelstahlfüßen noch eine 4mm starke Grundplatte, die in die Aussparungen passen. Leider habe ich kein Bild mit allem montiert gemacht. Kann ich aber bei der Essenseinladung, siehe oben, nachholen.

Ja, bei der Zerspanung gebe ich Dir voll und ganz recht. So richtig habe ich mich auch nicht wohl dabei gefühlt, ich hatte aber zu dem Zeitpunkt keine andere Möglichkeit... Ich habe mir allerdings geschworen, in Zukunft passgenauer zu kaufen. Hier war das eher ein: "Ich habs da, gefällt es Dir?"

Sehr schön geworden!
Was war die Umsetzungszeit in Kalenderzeit und Arbeitszeit?

Ganz ehrlich.... keine Ahnung. Ich hatte die Bohlen recht zeitnahe nach dem Kauf aufgetrennt, das waren vielleicht so 3 Stunden Arbeit, das war im April. Dann lange Pause.

Begonnen habe ich laut Bilddatum am 29. August, fertig dann am 30. September. Also etwa 4 Wochen Kalenderzeit, allerdings mit längeren Pausen... ist ja nur Hobby und meine Familie möchte mich auch gelegentlich sehen. Und mein Arbeitgeber auch...

Arbeitszeit schätze ich so... ich weiß nicht.... 60 Stunden? Vielleicht mehr. Aber das liegt vor allem an dem vielen "Zerspanen", das hat einiges an Zeit geschluckt. Mit einer großen CNC wäre das in kürzester Zeit durch. Was ebenfalls sehr aufwändig war, waren die vielen "Minikorrekturen"... Oberfläche Schleifen, sehr gut sauber machen, schauen, wo überall kleine Risse oder Löcher sind, Sekundenkleber rein, aushärten, drüberschleifen, nochmals kontrollieren.... in Summe waren das 4 oder 5 Durchgänge mit Korrekturen. Viele Sachen sind erst beim feineren Schliff wieder aufgetaucht...
 

holzer1998

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Sehr schön geworden!
Auch das Gestell gefällt mir ausgesprochen gut.
Ich hätte ja gern noch ein Bild mit dem Splint in der Mitte gesehen. Könnte ich mir auch gut vorstellen. Auch wenn ich die Intention mit der „Baumkante“ schon verstehe.

Die Zerspanung mit der Oberfräse finde ich auch schon heftig. In der Zeit hättest du das Zeug eingepackt, wärst, wie damals schon einmal angeboten zu mir gekommen und wir hätten es an Band- oder Kreissäge aufgetrennt und über/ durch den Hobel gejagt. :emoji_wink:
Und du hättest noch ausreichend dünnes Material für deine kleine Teile.
 

Ed-o-mat

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Sehr schön geworden!
Auch das Gestell gefällt mir ausgesprochen gut.
Ich hätte ja gern noch ein Bild mit dem Splint in der Mitte gesehen. Könnte ich mir auch gut vorstellen. Auch wenn ich die Intention mit der „Baumkante“ schon verstehe.

Die Zerspanung mit der Oberfräse finde ich auch schon heftig. In der Zeit hättest du das Zeug eingepackt, wärst, wie damals schon einmal angeboten zu mir gekommen und wir hätten es an Band- oder Kreissäge aufgetrennt und über/ durch den Hobel gejagt. :emoji_wink:
Und du hättest noch ausreichend dünnes Material für deine kleine Teile.
Ich hatte das Angebot nicht vergessen und werde da sicher bei Gelegenheit darauf zurückkommen. Aber für mich ist das Holzwerken vor allem Ausgleich. Und das Gefühl am Abend, nachdem man 2 x 240 Liter Biotonnen voll mit Spänen von Hand weggefräst hat, ist einfach schön, wenn man sonst nur auf Bildschirme guckt. Ich weiß, manche schütteln jetzt zurecht empört den Kopf aber.... well.... Hobby muss nicht rational sein. Das war zu der Zeit einfach nötig.

Ich hatte tatsächlich auch mehrere Layouts mit Splint in der Mitte liegen, aber das war nichts. Hatte uns beiden nicht gefallen, egal wie wir es gepuzzelt haben...
 

skae

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Sehr schönes Ergebnis!
Ich würde es aber niemals übers Herz bringen 3cm Ulme im den Spähnesack zu jagen einfach weil ich kein weiteres Material in der Stärke habe.
Mir blutet bei allem was mehr als 1 cm ist schon das Herz!
 
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