Frage zur Stilbestimmung

koi-sh

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moin moin;

Ich wende mich mal an dieses Forum mit einer Bitte:

ich steh hier vor meinem Sekretär und komm nicht weiter...das Stück soll nun einer Restaurierung unterzogen werden - dafür muss ich die entsprechenden Teile ordern... Beschläge, Aufsatz, Schlösser und Lackierung etc.

Kann mir jemand sagen ob das nun Biedermeier ist oder doch Gründerzeit?


Die Kapitäle [siehe Anhang] bringen mich nicht so richtig vorran in meiner Zeitbestimmung, die Kastenschlösser und Schloßschilde sind nicht mehr Orginal - das Innenleben hat arg gelitten bei einer "Restaurierung" [Schnellkleber und Leimholz ] auch der Aufsatz hat recht hohe Einbußen an Substanz.

Für die ganz präzise Bestimmung noch : das ist Wurzel-Nussbaumfunier [mit einer Petersburger Politur - die ich aber auch nicht für Orginal halte - Schellack ist wohl eher richtig]

Hat jemand den Blick für`s Detail um mir bei der Bestimmung behilflich zu sein?

Ich bin auch für hilfreiche Links zu Gleichgesinnten und Links zu Katalogen von antiken Kleinteil- Händlern dankbar!

Vielen Dank schon mal - und auf ein fruchtbare Zusammenarbeit :emoji_slight_smile:

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derdad

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Hi koi-sh!
Obwohl ja der Biedermeier sehr genau eingegrenzt wird (1815-1848) und auch die Möbel selten Mischformen haben, dürfte dein Schränkchen doch irgendwo zwischen Biedermeier und Gründerzeit liegen. Speziell der geschnitzte Aufsatz deutet mehr auf Gründerzeit als auf Biedermeier. Die relativ glatte Front und das restliche Erscheinungsbild könnte noch Biedermeier sein. Ich würde deshalb sagen dass es sich bei deinem Stück wirklich um einen "Zwitter" handelt. So irgendwann um 1850. Im Antiquitätenhandel würde es derzeit sicher unter Biedermeier verkauft, da Gründerzeit momentan kaum zu verkaufen, Biedermeier aber in mode ist.
Beschläge und Ähnliches hab ich meist bei Frehe ( www.frehe.de) bezogen.

Viel Glück noch bei deiner Bestimmung
gerhard
 

Rühl

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Ich habe eher den Eindruck das dieses Möbel aus dem französischen Raum stammt und daher auch nicht als Biedermeier eingeordnet werden kann.

Das Alter würde ich auf 1860 schätzen.


Mal sehen was Edelress dazu sagt.


Gruß Ulf
 

derdad

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Ja, auf Ottmars Meinung bin ich auch gespannt.
Französisch würde ich es nicht einschätzen. Ich glaub, dass es schon aus dem deutschen Raum stammt.
gerhard
 

derdad

Moderator
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Norddeutscher Raum könnte stimmen.
Dort war Nuss auch im Biedermeier sehr gebräuchlich. Das es aus Südafrika mitgenommen wurde schließe ich aus.
gerhard
 

koi-sh

ww-pappel
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nachgehakt: käme Wiener Barock nicht sehr genau hin ? Die geschnitzte Bekrönung könnte doch dafür sprechen ...
 

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derdad

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Hi!
Die Zeit nach dem Biedermeier bis ca um die Jhdtwende wird im großen Überbegriff als "Historismus" bezeichnet. Verschiedene ander Bezeichnungen dafür sind Gründerzeit, Altdeutsch, Neu-gotik-renaissance-barock-rokoko, zweites Rokoko, Wiener Barock. Falls nicht ganz eindeutige Stilmittel eingesetzt sind (Spitzbogen, Rocaille, etc) ist es meist schwierig diese Möbel ganz genau zuzuordnen.
Früher haben die Tischler genauso nachgebaut wie heute. Noch dazu gab es damals die Wanderschaft der Handwerksgesellen. So war zb. ein Tischlergeselle aus Norddeutschland auf Wanderschaft in Süddeutschland oder sonstwo. Hier kam er mit Stilformen in kontakt die es vielleicht in seiner Heimat nicht gab. Nach der Rückkehr in seine Heimat hat er vielleicht seinen Meister motiviert diese Elemente an althergebrachte Möbel und Stile zu verwenden. So kann es passieren dass noch viele jahrzehnte später Möbel entstehen die einem schon "ausgestorbenen" Stil zugeordnet werden. Die Tischler waren damals sicher schon so Konservativ wie heute.
Stile entstehen nicht von heute auf morgen, sondern sind meist eine Entwicklung vieler Jahre (siehe P43 pseudo Landhausstil zum erle/buche Schlichtheitsstil) in denen es Verschmelzungen und Vermischungen gibt.
Ich würde dein Mobelstück einfach irgendwo Mitte 1800 in den Historismus einordnen. Welche Stilart genau, da muss wahrscheinlich ein studierter Kunsthistoriker oder Restaurator her.
 

koi-sh

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derdad schrieb:
...Welche Stilart genau, da muss wahrscheinlich ein studierter Kunsthistoriker oder Restaurator her.

dennoch vielen dank für deine Mühe. :emoji_slight_smile:

den hab ich in den Weiten des www gefunden ... kommt meinem im Aufbau verdammt nahe ...

321_detail_1.jpg
 

derdad

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Nicht nur der Aufbau.
Abgesehen von der Holzart (diesmal Kirsch) ist auch das restliche Erscheinungsbild sehr Ähnlich. Es dürften auch die passenden Schlüsselschilder sein. Beim Nussschrank sieht man dass ehemals andere Schilder drauf waren.
Von wann ist der Kirschsekretär?

gerhard
 

koi-sh

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den haben sie auf [um] 1860 datiert Kirschbaum furniert Innenleben Walnuß schönes Stück ... iss meiner noch weit wech von :emoji_grin:
 

edelres

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Prosit neu Jahr Forumsfreunde,

Entschuldigung , habe letztlich nicht so weit nach unten geschaut im Forum.

Moebel dieser Art wurden zwischen 1850 und 1910 (Beginn erster Weltkrieg) produziert. Diese wurden sowohl in Fabriken als von oertlichen Handwerkern hergestellt. In einem Katalog fuer Schreiner von um 1890 wurden die geschnitzten Teile in verschiedenen Ausfuehrungen und Preisklassen angeboten.

Ein Verkaufsschlagwort des Handels zwischen 1960/80 war „Wiener Barock“ Hier in den USA laufen Moebel dieses Stils unter „Victorian“ nach der englischen Koenigin Viktoria. Die Einordnung in die Gruenderzeit ist wohl die genaueste Zuordnung.

Nach dem Bild einschliesslich Details, handelt es sich um ein Handelsprodukt, typisch fuer diese Moebel,
in der Fuellung der Klappe ist das Furnier gebrochen(mein Eindruck nach dem Bild) , da in der Regel nur einseitig Furniert, ohne Blindfurnier. Oft sind diese Klappen auch verzogen/geworfen. Ein Handwerker wuerde einen solchen Fehler nicht machen. Eine genaue Unterscheidung wird die Rueckseite zeigen. Sind die Bretter handgehobelt, ist es ein handwerklich hergestelltes Stueck, waehrend die industriell erzeugten Moebel schon maschinengehobelte Bretter verwendeten. Die Schwalbenschwanzverbindungen der Schubfaecher wurden damals, auch industriell erzeugte, noch von Hand hergestellt. Die Schnitzerei, in der Mitte oben, war original doppelt so hoch, es fehlen einige Ornamente.

Meine Schwaegerin, hat eine Zimmereinrichtung, masiv Birnbaum, Sekretaer, 2 tueriger Schrank, Kommode, Ausziehtisch mit 6 Stuehlen geerbt. Anfangs 1920 von einem oertlichen Schreiner im Raum Ulm fuer Ihre Grosseltern auf Bestellung hergestellt. Hier sind die Verzierungen handgeschnitzt, jedoch im gleichen Stil wie vor 1900.

Die Firma LBB http://www.lbb-antik.de/ liefert Beschlaege und Holzornament zur Restaurierung.

Wuensche viel Geduld und Erfolg bei der Restaurierung

Mfg

Ottmar

PS: Ich habe einge dieser Sekretaere sowohl in D als auch hier restauriert, nicht einfach. Meist sind die Klappenbeschlaege abgenutz/zerstoert. Lassen sich leicht neu anfertigen, dabei gleiche ich Passungenauigkeiten der Klappe aus.
 

koi-sh

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vielen Dank;

spricht alles für Fabrikware... und dein Argusauge hat den Bruch der Füllung richtig erkannt. Habe auch schon das Furnier aufgenommen um dieses zu korrigieren.

na mal schaun, was ich draus machen kann...[ immer mal wieder ein Grund in die Werkstatt zu ent[ver]schwinden. Ich danke auf jeden Fall für die Auskünfte, Links und die Hilfe.
 
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