Ich bin auch kein Zimmerer, aber zu der einen oder anderen Frage kann ich vielleicht etwas sagen:
> Ich dachte bisher, dass Holz grundsätzlich mind. ein Jahr trocknen müsse, bevor man es verbauen könnte. Was nun?
Das kommt drauf an, was man mit dem Holz machen möchte. Holz für Tischlerarbeiten muss sehr wohl zuvor getrocknet werden. Für den Möbelbau auf etwa 6 - 10 %. Bauholz dagegen wird nur auf 20 - 25 % getrocknet, was auch Sinn macht, denn durch die feuchtere Umgebung würde das Holz andernfalls draußen wieder quellen.
> Viele der heutigen Zimmereibetriebe scheinen keine Skrupel zu haben Holz in Dachstühlen zu verbauen, welches eine Woche vorher noch im Wald gestanden hat.
Wenn die Passgenauigkeit von Verbindungen nicht kritisch ist, ist eine höhere Holzfeuchte eigentlich kein Problem. Der Schwund spielt bei Dachstühlen eher eine geringere Rolle. Nur muss man dann mit dem Innenausbau (auch mit dem Einbau der Dämmung!) solange warten, bis die Zielfeuchte von 20 - 25 % erreicht ist.
> Daß dieses Holz nach dem Einbau arbeitet und sich verzieht ist stark anzunehmen.
Nass eingeschnittenes Holz, das im Stapel lagert, würde sich ebenso werfen. Darum muss Holz gerade und sorgfältig gestapelt werden. Wenn das Holz weitgehend spannungsfrei verbaut ist, dürfte sich das Werfen in vertretbaren Grenzen halten. Nur bei drehwüchsigem Holz könnten sehr unschöne Effekte auftreten.
> Ich habe etwas zur radialen und tangentialen Schrumpfung von Holz gefunden (0,15 % pro Prozent Holzfeuchteabnahme), aber noch nichts zur Schrumpfung in Längsrichtung.
Die Schrumpfung in Längsrichtung liegt durchschnittlich bei 0,1 - 0,5 % insgesamt - also vom Fasersättigungsbereich (ca. 30 %) bis zur Darre (0 %). Vom fällfrischen Zustand bis zum Fasersättigungsbereich arbeitet das Holz ohnehin nicht.
Fazit: Du kannst die Längsrichtung total vernachlässigen.
> weil mit Nägeln kann das Holz immer besser und freispielender Arbeiten als mit Schrauben.
Wenn Holz wirklich so stark arbeitet, dass die Verbindungsmittel versagen, wird eine Schraube eher abreißen, weil sie viel spröder ist als ein Nagel. Für Blechverbinder werden daher grundsätzlich Ankernägel (Rillennägel) verwendet. Zum fixieren der Verschalung kommt es weniger auf das Verbindungsmittel an als auf die fachlich richtige Konstruktion, die das Arbeiten des Holzes schadenfrei zulässt:
- Bretter nicht zu breit wählen
- Bretter nicht miteinander vernageln sondern nur auf der Unterkonstruktion befestigen, so dass jedes für sich arbeiten kann.
- wenigstens für die Verschalung lufttrockenes Holz verwenden (15 - 20 %)
- Bretter mit der rechten Seite (Kernseite) nach außen befestigen, damit sich die Brettkanten beim Werfen nicht von der Unterkonstruktion wegziehen und offene Fugen hinterlassen
- Holz so einbauen, dass kein Wasser stehen bleibt sondern gut ablaufen kann
> Und ich bin kein Zimmermann. Daher die vielleicht für Zimmerleute grausam anmutende Bautechnik.
> da könnte ich mir schon vorstellen, dass auch Fachleute mitlesen, die bei solcherlei "Baumarktkundenpraktiken" die Augen verdrehen...
Blechverbinder sind keine "Baumarktpraktik" sondern finden im ingenieurmäßigen Holzbau reichlich Verwendung. Die Teile erfüllen ihren Zweck sehr gut, sehen nur nicht schön aus.
> Ich kann mir vorstellen, dass wenn die Sonne im Sommer schön drauf scheint und sich das Holz bewegt, große Risse entstehen werden.
Risse lassen sich in großen Querschnitten ohnehin kaum vermeiden. Kleine Querschnitte sind da weniger anfällig. Pralle Sonne lässt Holz schneller und stärker Arbeiten (es knackt dann immer so schön im Gebälk). Verhindern kann man das Arbeiten des Holzes aber so oder so nicht. Jede Luftfeuchte-Änderung zieht auch eine Holzfeuchte-Änderung und damit ein Quellen oder Schwinden nach sich.