lunateide
ww-robinie
- Registriert
- 9. April 2010
- Beiträge
- 1.692
Liebe Woodworker,
Jahr für Jahr hört man die gleiche Weihnachtsgeschichte, sieht denselben kleinen Lord, das obligatorisch feuchte Taschtuch in der Hand, obwohl man das gute Ende schon zehnmal gesehen hat.
Ich habe deshalb meine eigene, ganz private, kleine Weihnachtsgeschichte geschrieben.
Hier ist sie
Weihnachten
Du…, gurrte die Liebste und hielt inne.
Stattdessen kam sie näher. In ihrer Hand hielt sie ein kleines bauchiges Glas, in dem ein Fouche 1968 Vintage funkelte, ihr absoluter Favorit.
Wie oft hatte ich schon an der Flasche geschnüffelt, wenn sie außer Haus war, doch niemals hatte ich gewagt, einen Schluck davon zu trinken.
Und jetzt stelle sie ein ganzes Glas davon vor mich hin.
Der Geruch dieses edlen Brandes vereinigte sich mit dem Sandelholz ihres Parfüms zu einer berauschenden Mischung, die mich blind und taub machte für die Alarmsignale, die laut und schrill von allen Seiten auf mich einstürmten.
Ich nahm sie nicht war, wie ein verblendeter Narr genoss ich den Moment einem Kaninchen gleich, das nicht die todbringenden Giftzähne der Schlange, sondern nur die schön Zeichnung der Haut sieht.
Sie war jetzt ganz dicht vor mir, ihre offenen Haare kitzelten meine fast geschlossenen Augen, ihre Stimme so weich wie der Cognac, von dem ich inzwischen mit vor Ehrfurcht zitternden Händen einen winzigen Schluck getrunken hatte.
Du, hauchte die Liebste, die Vorsitzende unseres Zickenclubs, Martina-Ottilie Ziegenbein hat nächsten Monat Geburtstag und wir wollten ihr eine selbstgebaute Schatulle für ihre Canastakarten schenken; du hast doch dieses schöne rote Holz…
Mein Gott, sie wusste es also, eine eiskalte Hand griff nach meinem Herzen.
Aber, wie konnte sie es wissen?
Wir waren mit äußerster Vorsicht vorgegangen.
Fiamingu hatte das Holz auf Korsika von einer Bande Madonnenschmugglern gekauft und Harald, der die Sägen bremst, hatte den Weitertrasport in Deutschland organisiert.
Die Liebste war in der Nacht, in der es geliefert wurde auf der Jahreshauptversammlung des Zickenclubs , konnte also nichts gesehen haben.
Dann war es also die Schwiegermutter gewesen, die vor einigen Wochen samt Katze bei uns eigezogen war und seitdem im Dachgeschoß ihr Unwesen trieb.
Wahrscheinlich hatte sie wieder die halbe Nacht auf dem Balkon verbracht und nach ihrer Katze Ausschau gehalten, die aus unbegreiflichen Gründen in letzter Zeit das Haus mied.
Wobei die Gründe für mich durchaus nachvollziehbar waren, warum der verwöhnte Stubentiger spontan zum Freigänger mutiert war, denn ich war daran nicht ganz unbeteiligt.
Ich hatte der Liebsten kurz nach unserer Hochzeit im Vorgarten ein Rosenbeet angelegt und einen Strauch sündhaft teurer „Tränen der schwarzen Madonna“ gepflanzt.
Ausgerechnet dieses Beet musste sich der verdammte Kater als Katzenklo aussuchen und war auch nach mehrfachen Verwarnungen nicht bereit, seine Fäkalien anderen Ortes zu deponieren.
Also schritt ich zur Tat. Mit einer weißen Maus von Haribo habe ich ihn in die Werkstatt gelockt, mit einem Klebeband auf der Hobelbank fixiert, dadurch zugleich auch seine Verteidigungsfähigkeit erheblich reduziert.
Dann habe ich sämtliche Schnurrhaare genau vermessen und anschließend exakt auf halbe Länge gekürzträzision ist halt oberstes Gebot in meiner Werkstatt.
Daß bei der anschließenden Befreiung vom Klebeband auch noch einige anderen Haare dran glauben mussten, war nicht beabsichtigt, aber – wo gehobelt wird, bleibt auch mitunter ein Katzenhaar kleben.
Das Tier jedenfalls hat ab diesem Moment seine Verhaltensweise grundlegend geändert.
Es bleibt dem Haus weigehend fern und kommt nur dann zur Nahrungsaufnahme zurück, wenn der nahe Wald keine ausreichend Nahrung bietet.
Auch die Schwiegermutter hat ihr Verhalten – verändert möchte ich in diesem Fall nicht sagen – eher intensiviert.
Aber ihre Morddrohungen, die sie jetzt offen ausspricht, nehme ich nicht ernst.
Ich stehe in meiner Werkstatt vor der laufende Kreissäge, in der Hand dieses wunderschöne Stück Bubinga, würdig genug, zu einer Schatulle für die Juwelen einer Zarin zu werden und das jetzt zur schnöden Kartenbox für diese Zickenziege missbraucht wird.
Vor meinen geistigen Augen sehe ich die großen Holzkünstler der Weltgeschichte sich in ihren Gräbern umdrehen, ich sehe, wie auf ihren Friedhöfen die Erde bebt.
Und plötzlich bewegt sich auch der Boden meiner Werkstatt, ich stürze nach vorne, fühle an meinem Hals die Krallenhände der Schwiegermutter, die mich mit übermenschlicher Kraft Zentimeter für Zentimeter in Richtung Sägeblatt drängt.
Ein schreckliches, schrilles Geräusch erfüllt den Raum, als das Sägeblatt durch meine Rippen fräst…
Schweißgebadet fahre ich hoch, ich bin nicht in der Werkstatt, ich liege im Bett, aber das schrille Geräusch ist noch immer vorhanden.
Neben mir räkelt sich die Liebste in den Kissen und gähnt verschlafen: MACH DEN WECKER AUS; ES IST WEIHNACHTEN.
Sollte dem einen oder anderen Woodworker diese Geschicht gefallen oder auch gar nicht gefallen, wäre ich für ein feedback dankbar.
Dann weiß ich nämlich: weitermachen oder den Unfug in Zukunft unterlassen.
Bitte keine Abmahnungen, obwohl es der geeignete Zeitpunkt wäre, wie wir wissen.
Gru
Roland
Jahr für Jahr hört man die gleiche Weihnachtsgeschichte, sieht denselben kleinen Lord, das obligatorisch feuchte Taschtuch in der Hand, obwohl man das gute Ende schon zehnmal gesehen hat.
Ich habe deshalb meine eigene, ganz private, kleine Weihnachtsgeschichte geschrieben.
Hier ist sie
Weihnachten
Du…, gurrte die Liebste und hielt inne.
Stattdessen kam sie näher. In ihrer Hand hielt sie ein kleines bauchiges Glas, in dem ein Fouche 1968 Vintage funkelte, ihr absoluter Favorit.
Wie oft hatte ich schon an der Flasche geschnüffelt, wenn sie außer Haus war, doch niemals hatte ich gewagt, einen Schluck davon zu trinken.
Und jetzt stelle sie ein ganzes Glas davon vor mich hin.
Der Geruch dieses edlen Brandes vereinigte sich mit dem Sandelholz ihres Parfüms zu einer berauschenden Mischung, die mich blind und taub machte für die Alarmsignale, die laut und schrill von allen Seiten auf mich einstürmten.
Ich nahm sie nicht war, wie ein verblendeter Narr genoss ich den Moment einem Kaninchen gleich, das nicht die todbringenden Giftzähne der Schlange, sondern nur die schön Zeichnung der Haut sieht.
Sie war jetzt ganz dicht vor mir, ihre offenen Haare kitzelten meine fast geschlossenen Augen, ihre Stimme so weich wie der Cognac, von dem ich inzwischen mit vor Ehrfurcht zitternden Händen einen winzigen Schluck getrunken hatte.
Du, hauchte die Liebste, die Vorsitzende unseres Zickenclubs, Martina-Ottilie Ziegenbein hat nächsten Monat Geburtstag und wir wollten ihr eine selbstgebaute Schatulle für ihre Canastakarten schenken; du hast doch dieses schöne rote Holz…
Mein Gott, sie wusste es also, eine eiskalte Hand griff nach meinem Herzen.
Aber, wie konnte sie es wissen?
Wir waren mit äußerster Vorsicht vorgegangen.
Fiamingu hatte das Holz auf Korsika von einer Bande Madonnenschmugglern gekauft und Harald, der die Sägen bremst, hatte den Weitertrasport in Deutschland organisiert.
Die Liebste war in der Nacht, in der es geliefert wurde auf der Jahreshauptversammlung des Zickenclubs , konnte also nichts gesehen haben.
Dann war es also die Schwiegermutter gewesen, die vor einigen Wochen samt Katze bei uns eigezogen war und seitdem im Dachgeschoß ihr Unwesen trieb.
Wahrscheinlich hatte sie wieder die halbe Nacht auf dem Balkon verbracht und nach ihrer Katze Ausschau gehalten, die aus unbegreiflichen Gründen in letzter Zeit das Haus mied.
Wobei die Gründe für mich durchaus nachvollziehbar waren, warum der verwöhnte Stubentiger spontan zum Freigänger mutiert war, denn ich war daran nicht ganz unbeteiligt.
Ich hatte der Liebsten kurz nach unserer Hochzeit im Vorgarten ein Rosenbeet angelegt und einen Strauch sündhaft teurer „Tränen der schwarzen Madonna“ gepflanzt.
Ausgerechnet dieses Beet musste sich der verdammte Kater als Katzenklo aussuchen und war auch nach mehrfachen Verwarnungen nicht bereit, seine Fäkalien anderen Ortes zu deponieren.
Also schritt ich zur Tat. Mit einer weißen Maus von Haribo habe ich ihn in die Werkstatt gelockt, mit einem Klebeband auf der Hobelbank fixiert, dadurch zugleich auch seine Verteidigungsfähigkeit erheblich reduziert.
Dann habe ich sämtliche Schnurrhaare genau vermessen und anschließend exakt auf halbe Länge gekürzträzision ist halt oberstes Gebot in meiner Werkstatt.
Daß bei der anschließenden Befreiung vom Klebeband auch noch einige anderen Haare dran glauben mussten, war nicht beabsichtigt, aber – wo gehobelt wird, bleibt auch mitunter ein Katzenhaar kleben.
Das Tier jedenfalls hat ab diesem Moment seine Verhaltensweise grundlegend geändert.
Es bleibt dem Haus weigehend fern und kommt nur dann zur Nahrungsaufnahme zurück, wenn der nahe Wald keine ausreichend Nahrung bietet.
Auch die Schwiegermutter hat ihr Verhalten – verändert möchte ich in diesem Fall nicht sagen – eher intensiviert.
Aber ihre Morddrohungen, die sie jetzt offen ausspricht, nehme ich nicht ernst.
Ich stehe in meiner Werkstatt vor der laufende Kreissäge, in der Hand dieses wunderschöne Stück Bubinga, würdig genug, zu einer Schatulle für die Juwelen einer Zarin zu werden und das jetzt zur schnöden Kartenbox für diese Zickenziege missbraucht wird.
Vor meinen geistigen Augen sehe ich die großen Holzkünstler der Weltgeschichte sich in ihren Gräbern umdrehen, ich sehe, wie auf ihren Friedhöfen die Erde bebt.
Und plötzlich bewegt sich auch der Boden meiner Werkstatt, ich stürze nach vorne, fühle an meinem Hals die Krallenhände der Schwiegermutter, die mich mit übermenschlicher Kraft Zentimeter für Zentimeter in Richtung Sägeblatt drängt.
Ein schreckliches, schrilles Geräusch erfüllt den Raum, als das Sägeblatt durch meine Rippen fräst…
Schweißgebadet fahre ich hoch, ich bin nicht in der Werkstatt, ich liege im Bett, aber das schrille Geräusch ist noch immer vorhanden.
Neben mir räkelt sich die Liebste in den Kissen und gähnt verschlafen: MACH DEN WECKER AUS; ES IST WEIHNACHTEN.
Sollte dem einen oder anderen Woodworker diese Geschicht gefallen oder auch gar nicht gefallen, wäre ich für ein feedback dankbar.
Dann weiß ich nämlich: weitermachen oder den Unfug in Zukunft unterlassen.
Bitte keine Abmahnungen, obwohl es der geeignete Zeitpunkt wäre, wie wir wissen.
Gru
Roland