Furnier aufarbeiten, die Tausendste :)

sparkling_germ

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Hallo!

Nach nun mehreren Wochen googeln und lesen, habe ich mich entschieden euch doch mal mit meinen Fragen zu behelligen :emoji_slight_smile:

Ich habe drei Stücke erstanden, die aufgearbeitet werden müssen.

Es handelt sich um zwei Tischchen (eins evtl ursprünglich ein Hocker) im "Chippendale"-Stil sowie eine ebensolche Kommode. Auf die Tischchen werde ich in einem anderen Beitrag evtl zurück kommen.

Und nun zu meinem eigentlichen, akuten Sorgenkind. Es handelt sich hier um eine Kommode in keine-Ahnung-was-für-Holz (das weiß ich leider bei keinem der Stücke), furniert. Angeblich (mit diversen Fragezeichen) um 1950. Das Furnier ist wirklich SEHR dünn, soweit ich das beurteilen kann. Wie es behandelt ist, kann ich leider so gar nicht sagen. Die Seiten fühlen sich recht rauh an, ich tendiere also dazu Klarlack auszuschließen.
Die Oberfläche oben muss dringend aufgearbeitet werden, eigentlich würde ich mich auch gerne zunächst auf diese beschränken. Hier sind einige (Wasser-)flecken und außerdem ist die Oberfläche sehr aufgerauht mit Macken, die aussehen, als könnte das Material, das auf das Furnier aufgebracht wurde, einfach gelitten haben. Wenn die Kommode tatsächlich so alt ist, wie behauptet und da nicht das Furnier, sondern die darauf aufgetragene Schicht beschädigt wirkt, vermute ich Schelllack.

Um nun nach langen Ausführungen mal konkreter zu werden:

Ich würde gerne zunächst das Furnier obenauf auf der Kommode aufarbeiten. Wäre es sinnvoll hier mit Spiritus zu prüfen, ob es sich um Schelllack handelt und diesen dann mit Spiritus abzulösen? Ich habe hier etwas Bedenken, dass ich die Oberfläche ruiniere, sollte es sich nicht um Schelllack handeln (an einem der Tischchen verfärbte sich der Lack grau durch Spiritus) Da die Oberfläche nicht mehr glatt ist, wird wohl eine Behandlung mit Renuwell erstmal nicht taugen, oder?

Mein Gedanke ist also: Den Korpus (außer oben) mit Renuwell behandeln, oben den Schelllack (so es denn welcher ist) ablösen und dann neu behandeln. Eine Schelllackpolitur würde ich mir gerne ersparen, da ich mir das nicht zutraue. Aber jede andere Behandlung würde vermutlich Unterschiede zum restlichen Holz zur Folge haben?

Und dann zum Schluss noch eine andere Sache: Die Schubladen weisen innen mit dunkelrotem Stoff, Fusselzeugs, irgendwas auf. Ich habe den Eindruck, dass hier nichts verklebt wurde. Wenn ich mit etwas Kraftaufwand und einem nassen Lappen an dieser Schicht reibe, lösen sich Flusen. Das Ganze macht den Eindruck, als sei es aufgesprüht. Ich weiß wirklich nciht, wie ich das anders beschreiben soll.

Weiß jemand, was das ist und wie ich das aus den Schubladen entfernen kann?

Ich freue mich auf eure Antworten und hoffe, ich habe die nötigen Details dafür liefern können :emoji_slight_smile:

Viele Grüße!

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yoghurt

Moderator
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Hallo Sparkling_germ,
vorweg: Ich halte diese Kommode nicht für eine wertvolle Antiquität - sonst würde ich mich auch nicht dazu äußern, sondern den Restaurierungsprofis das Feld überlassen.

Fünfziger Jahre muss nicht Schellack bedeuten, das kann (und ich vermute es) genauso gut ein Nitro lack sein. Egal wie, Du kannst bei diesem Zustand am Lack eigentlich nichts mehr verderben. Ich vermute, dass sich der Lack gut mit einer Ziehklinge abschaben lässt. Hast Du keine Ziehklinge, kannst Du es ja mal mit einer (ausgebauten) Cutterklinge probieren.
Ich würde den ganzen Restlack vorsichtig abschaben. Dann schleifen. Da Du vermutlich keine Erfahrung hast, schleif mit einem Schleifklotz und feinem Schleifpapier (P150) längs zur Faser. Gut gucken, dass Du nicht durchschleifst. Wenn eine Stelle beginnt seltsam auszusehen, dann hör mit dem schleifen dort auf. Versuche nicht die "komische Stelle" rauszuschleifen, dort ist vermutlich schon die Trägerplatte zu erahnen.
Wenn die ganze Oberfläche sauber geschliffen ist, kannst Du mit einem feuchten Finger herausfinden, wie es aussehen würde wenn Du es jetzt lackierst. Bist Du mit dem Ton zufrieden, dann lackieren. Ist der Ton zu hell, dann muss gebeizt werden bevor Du lackierst.

Zum beizen und lackieren äußere ich mich jetzt nicht. Da sind andere berufener und es gibt auch einiges dazu im Forum.

gruß

yoghurt (so viel hab ich lange nicht mehr geschrieben!)
 

Frank S

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Hallo Germ,
mit Spiritus das vermeindliche Schellack zu lösen halte ich für gefährlich.
Der "Dreck" der Oberfläche könnte in das Furnier eindringen.
Schleif den "Dreck" runter und bau die Beschichtung neu auf.
Auf Grund des Fabrikaufklebers würde ich das Möbel auf 1970 datieren.

Gruß, Frank
 

Mitglied 42582

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Wenn du sowieso schleifst kannst du vorher auch erst mal gucken was sich mit Renuwell machen lässt. Es ist manchmal erstaunlich was das Zeug noch rausholt.

Ansonsten wie bereits zuvor gesagt: Ziehklinge, schleifen, vorsichtig
 

Keilzink

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... tja , da kann ich fast nichts hinzufügen - ausser: das "rote Fusselzeugs" könnte eine "Beflockung" sein. Was das ist, kannst du bei Wikipedia nachlesen.
Die Datierung mit 1970er Jahre halte ich auch für wahrscheinlich - und genau zu der Zeit kam diese Technik auf und wurde in den ersten Jahren fast überall eingesetzt - es gab sogar "beflockte" Autos.

Entfernen: Normalerweise den Kleber anlösen und dann abschaben. Im Falle von Holz: nur schaben - hier ist ebenfalls die Ziehklinge das geeignete Werkzeug.

Andreas
 

sparkling_germ

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Danke schonmal!

Mich hätte auch überrascht, wenn das Kommödchen wertvoll gewesen wäre. Ist ja aber noch kein Grund es zu versauen :emoji_slight_smile: Ich mag's, also soll es wenigstens auch so gut wie möglich aussehen.

Mit der Ziehklinge bin ich bestimmt sofort durch das Furnier durch. Damit hab ich noch nie gearbeitet und das ist wirklich sehr dünn. 1-2mm würde ich sagen. Kann ich auch schleifen ohne vorher die Ziehklinge benutzt zu haben?

Mit irgeneinem Mittelchen den Lack anlösen geht wahrscheinlich auch nicht? Abgesehen von Spiritus, meine ich...

An die Beflockung (denn das dürfte es wirklich sein) werd ich mal vorsichtig mit Spiritus und irgendwas zum Kratzen rangehen.... Das Zeug muss weg. :emoji_slight_smile: Das Holz in den Schubladen scheint sonst unbehandelt zu sein, jedenfalls nicht lackiert wie der Rest. Oder schade ich mit Spiritus dem unbehandelten Holz?

Viele Grüße und einen schönen Abend!
 

elgarlopin

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Hallo Sparkling,
keine Angst vor der Ziehklinge! Die trägt weniger ab als z.B. 120er Schleifpapier. Und wenn dein Furnier 1 - 2 mm stark ist - das ist wirklich überhaupt nicht "sehr dünn" - gehst du kein Risiko ein. Besorg dir eine, schau im Forum oder bei Dieter oder bei Feine Werkzeuge nach, wie man einen vernünftigen Grat anzieht. Und versuche es an einem Probestück!
:emoji_slight_smile: Franz
 

sparkling_germ

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Das ist sehr grob geschätzt :emoji_wink: Sieht auf jeden Fall von hinten hauchdünn aus.

Gut, dann werd ich das wirklich mal probieren. Ich hab ständig gelesen, dass man sich da als Laie nicht dran versuchen sollte....

Danke!
 

Mitglied 42582

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Mit der Ziehklinge nimmst du den Lack hauchfein ab, ist wirklich wesentlich sicherer als mit Schleifpapier. Probier es doch einfach erst einmal auf der Rückwand, die siehst du später eh nicht mehr.
 

sparkling_germ

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Die Rückwand ist nichtmal furniert, das ist feinstes Pressholz :emoji_wink: Aber ich werd das mal an nem alten Nachttischchen ausprobieren, das ich eh weiß lackieren will.

Dann kann ich morgen aus dem Baumarkt gleich feines Schleifpapier mitbringen, wenn ich da nach einer Ziehklinge frage. Renuwell gab es dort nicht, habe ich jetzt aber bestellt. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass das obenauf nicht viel ausrichten wird, der Lack ist echt zT aufgeplatzt und an einzelnen, kleinen Stellen sogar weg.

Es wäre schon toll, wenn das Ganze insgesamt etwas ansehnlicher würde... Man wird sehen :emoji_slight_smile:

Der widerlichen Beflockung kann man zumindest schonmal mit Spiritus zuleibe rücken, die erste Schublade ist größtenteils frei!
 

Keilzink

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... die Ziehklinge ist eindeutig das richtige Werkzeug für das, was der Thread-Ersteller vorhat. Ich frage mich allerdings, ob man ihm das wirklich so empfehlen kann - er müsste doch erstmal lernen, wie man eine Klinge vorbereitet und einen Grat aufzieht. Dazu braucht er dann noch eine geeignete Feile mit Halterung, einen Schleifstein und einen Gratzieher ... und nicht zuletzt eine Menge Übung.

Mein Tip wäre: Es gibt in manchen Baumärkten sogenannte Lackziehklingen, die sind für einen, der das Grataufziehen nicht beherrscht, ein halbwegs brauchbarer Ersatz. Die sind aus so hartem Stahl, dass man gar keinen Grat aufziehen kann, der vorbreitete Grat hält auch eine ganze Weile. Aber mit der Ziehklinge, wie sie die Schreiner verwenden, hat das wenig zu tun.
Und noch was: Mit dem "feinen Schleifpapier" wirst du dich schwer tun: das dürfte sich sehr schnell zusetzen.

Andreas
 

sparkling_germ

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Danke Andreas!

Ich werde nachher im Baumarkt mal fragen. Google spuckt mir da nur eine ca 50-Euro teure "Festool Lackziehklinge" aus.

Denke, ein Ersatz sollte reichen. Wenn die Vorbereitung der Ziehklinge so aufwändig ist, ist das evtl etwas unverhältnismäßig für meine Bedürfnisse. Und an einigen Stellen kann ich den Lack sogar schon mit dem Fingernagel abkratzen.

Ich werde berichten, falls Interesse besteht :emoji_slight_smile:
 

200k

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Ich glaube die Festool Ziehklinge ist für Autolacke um Einschlüsse etc. punktuell zu entfernen.:emoji_slight_smile:
 

Keilzink

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Öha! Das was bei Festool da angeboten wird, hat nix mit dem zu tun, was ich meine.
Die Lackziehklinge, von der ich spreche, sieht aus wie eine normale, ist etwas dicker (1 mm), aus gehärtetem Werkzeugstahl mit maschinell ausgewalztem Grat und kostet 2 bis maximal 4 Euro!
Im Endeffekt wird das statt einer Parkett-Ziehklinge genommen, wenns an Ende an die Feinarbeit beim Abziehen geht.
Also keinen Lackhobel kaufen - das ist was anderes und die sind richtig teuer. Ich seh das hier auch zum ersten mal, dass das Lackziehklinge und nicht Lackhobel genannt wird ...

Andreas
 

sparkling_germ

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Oh, gut zu wissen, danke!

Denn so ganz mag ich mich auf die Herrschaften im Baumarkt auch nicht immer verlassen, die haben schon so einige Male daneben gegriffen.....
 

sparkling_germ

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oh oh oh..... ich Held :emoji_frowning2:

Habe die Front der Schublade extra abgebunden, aber es ist spiritus ins Plastik gelaufen. Jetzt scheint der Lack sich zu lösen und klebt. Spricht das immer noch für Nitrolack? Zu verfärben scheint sich auf den ersten Blick nichts.....

Oder doch Schelllack?
 

elgarlopin

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@ Keilzink und sparkling:

"...Die Lackziehklinge, von der ich spreche, sieht aus wie eine normale, ist etwas dicker (1 mm),..."

Die, die ich kenne, sind eher sehr viel dünner als 1 mm. Haben aber den Vorteil, dass der Grat nicht erst angezogen werden muß. Was eine kleine Wissenschaft für sich ist.

Das festool-Ding ist für deine Zwecke zu teuer und eher ungeeignet.

:emoji_slight_smile: Franz
 

sparkling_germ

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Vielen Dank für den Tipp, Andreas!

Im Baumarkt habe ich eine Lackziehklinge mit Griff erstanden. Leider nicht die klassische Form, sondern dreieckig (alle Seiten geschärft). Und leider nur mäßig gut verarbeitet. Eine Seite scheint schon nach kurzer Zeit recht stumpf, die zweite hinterlässt nur Kratzer und schabt nicht plan.

Die Hälfte der Platte ist schon vom Schmodder (was auch immer es nun ist) befreit. Trotzdem habe ich den Eindruck, dass immer noch ein Film zurück bleibt, den die Lackziehklinge nicht erwischt.....
 

Keilzink

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oh nein, diese Pfeifen - das ist ein Farbkratzer, zum abgeflämmte Farbe abziehen, was fürs ganz Grobe. Damit würde ich nicht an ein Möbel gehen - ehrlich gesagt.
Schau dir doch mal den Link an, den ich reingestellt habe - so sieht das richtige Teil aus.

Andreas
 

Hamburger Jung

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Lackziehklingen ( nicht zu verwechseln mit Lackhobeln ) haben keinen Grad sondern einen Hohlschliff.
Weiterhin sind Lackziehklingen nicht dafür da alten Lack zu entfernen, sondern um Spritznebel von der gelackten Fläche oder kleinste Lackeinschlüsse zu entfernen.
Man kan damit auch ganz gut grundierte Holzflächen "zwischenschleifen" . Das geht ganz gut bei recht frisch lackierten Flächen wenn es mal eilig hat und nicht die nötige Zeit für die Trocknung hat. Schleifpapier setzt sich bei sehr frischen Lacken zu schnell zu.
Für Deine Arbeit am besten eine normale Ziehklinge oder Glasscherben nehmen.

Viele Grüße aus dem sonnigen HH
 

sparkling_germ

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Ja großartig :emoji_frowning2: Kein Wunder, dass das so schleppend voran geht. Auf einer Holzplatte mit gebräuchlichen, neueren Lack, auf dem ich es ausprobiert hatte, ging das auch fast gar nicht. Bei meinem alten Lack funktioniert es, aber schlecht an den Stellen, wo er noch gut ist.

Ich hab im Baumarkt extra gesagt, wie das gute Stück aussehen soll. Berater Nr 1 meinte zu Berater Nr. zwei, wenn der ihm sagen könne, was eine Lackziehklinge sei, könne er auch sagen, ob sie sowas da hätten. Die Dame, die mir das Teil dann gab, wirkte eigentlich kompetent.

Eine normale Ziehklinge kann ich nicht nehmen, ich kann die niemals graten :emoji_frowning2: Dann werd ich mich morgen wohl mal im Baumarkt beschweren gehen, damit ich wenigstens mein Geld zurück kriege. Gegen die Kratzer kann ich nichts mehr machen, aber ich denke/hoffe, sie sind nicht allzu tief.
 

Keilzink

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Oke - das ist ein bisschen weniger brutal, als ich es mir vorgestellt hatte. Viel Erfolg und pass auf dein Furnier auf beim Kratzen.

Ich selber restauriere gerade einen Schreibtischaufsatz für einen Freund: 0,6 mm Nussfurnier auf Vollholz(Tanne) und mindestens 3 Lackschichten draufgeschmiert. Da ist man froh an der subtilen 0,6 mm Ziehklinge von Kirschen (und daran, dass man mal gelernt hat, wie man sie konditioniert. War ein längerer Prozess ... )

Viel Erfolg:
Andreas
 
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