Gartensessel in Teak - Da lacht das Schwabenherz

Leibhaftiger

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Nachdem bei der Gartenneugestaltung ein sehr schöner Platz unter Pergolas entstanden ist, stellte sich bei der Hausherrin der Wunsch nach neuen Gartenmöbeln dafür ein. Objekt der Begierde waren folgende Sessel: House Doctor Woody 4 Stück sollten es werden.
Der Preis mit damals 650 Euro pro Sessel und 400 für den passenden Tisch hat uns abgeschreckt, da die Konstruktion aber nicht allzu kompliziert ist, war Selbermachen angesagt. Wie bei ca 80% meiner Projekte lief es also auch hier: Die Holde wünscht, der Knecht erschafft :emoji_grin: Irgendwie müssen die Investitionen in die Werkstatt ja auch gerechtfertigt werden.

Um eine Zeichnung anzufertigen, haben wir anhand Bildern und Beschreibungen die Maße erraten/abgeschätzt/abgenommen und so die Stühle "nachkonstruiert". Anschließend eine Schablone für die Seiten aus MDF angefertigt, um mal zu sehen, ob das ganze passen könnte und gut aussieht. Tat es, die Schablone konnte ich später zum Fräsen der Seitenteile verwenden.

Die Originale sind aus Teak, ich möchte aber aus bekannten Gründen kein Tropenholz beim Holzhändler kaufen. Die erste Überlegung war, die Möbel aus Lärche oder Robinie zu bauen, alternativ aus Eiche. Beim stöbern auf Ebay Kleinanzeigen bin ich auf ein Angebot einer einzelnen Teakbohle gestoßen, ohne Preisangabe. Auf mein ganz freches Angebot ist der Verkäufer überraschender Weise eingegangen und so konnte ich das Holz in Nürnberg (180km einfache Wegstrecke!) abholen. Der Verkäufer war ein ehemaliger Bootsbauer, der seine Werkstatt auflösen musste. Die Bohle war über 5 Meter lang, 40-50 cm breit und 5,5cm dick. Schnurgerade und ohne einen einzelnen Ast, gekauft in den 70ern, echtes Burmateak. Ich wage zu behaupten, dass es diese Qualität heute nicht mehr zu kaufen gibt (aus gutem Grund gibt es ja nur noch Plantagenteak) Dazu gab es kostenlos noch eine halbe Bohle, die noch übrig war. Machte in Summe einen Kubikmeterpreis von knapp 1500 Euro. (und 4 Stunden Autofahrt) Superschönes Holz, leider nicht genug für 4 Sessel und Tisch.
Im Nachbarort gibt es ein paar Spezis, die selber Holz aufsägen und trocknen, mehr als Hobby denn aus Gewinnerzielungsabsicht. Ich hab ihnen schon die eine oder andere Bohle abgekauft und auch schon Stämme zum aufsägen geschenkt und kannte daher ihre Scheune: ein Holzlager, dass mir Tränen in die Augen treibt :emoji_sunglasses: Die Jungs haben vor einigen Jahren das Lager einer alten Stuhlfabrik aus der Region aufgekauft, daher lagern dort auch diverse Exoten (Mahagoni, Wenge, etc), unter anderem auch ein großer Stapel Teak. Auch ca 40 Jahre alt, sehr gute Qualität, die Bohlen allerdings nur 150-160 lange, dafür sehr Breit und dick (6-7cm). Perfekt, um den restlichen Bedarf zu decken. Preislich bekam ich den Freunde und Familienrabatt :emoji_slight_smile:
Material war also da, sogar das Wunschholz ohne weiteren Abbau und Transport um die Welt zu fördern.

Das erste Problem war die Dicke der Bohlen. Ich brauchte nur Materialstärken von ca 20mm, die Bohlen waren doppelt bis dreimal so dick. Alles Weghobeln wäre ja ökologischer wie ökonomischer Wahnsinn, daher kam nur Auftrennen in Frage. Wird aber schwierig ohne Bandsäge. Nach einer Anfrage im Forum (siehe hier) hat sich @PrimaNoctis bereit erklärt, mir dabei zu helfen. An dieser Stelle nochmal vielen Dank für die wirklich ausgiebige Hilfe! Details könnt Ihr im verlinkten Thread lesen, wenn es interessiert.

Vorher stand der Zuschnitt an, meine TS55 hat für die dicken Bohlen leider nicht gereicht, also mit Stich- und Handsäge nachgearbeitet. Anschließend der Zuschnitt auf der Tk1688.
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Dann mit einem Kofferraum voller Teile nach Heidelberg und mit fast dreimal so vielen Teilen wieder heim.

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Leibhaftiger

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Anschließend ging es ans Aushobeln der Einzelteile. Bei der Anzahl an Werkstücken ein von mir grob unterschätzter Zeitaufwand.

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Das Verleimen der Seitenteile hat gut funktioniert. Als Leim habe ich Titebond Ultimate 3 verwendet, er soll ja für Gartenmöbel funktionieren. Leimflächen wurden direkt vor dem Leimen immer mit Verdünnung gereinigt, das Holz ist ölig "wie sau".

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Nach dem Verleimen habe ich die Form grob ausgesägt, anschließend via Schablone und Oberfräse ausgefräst. Bilder davon habe ich leider keine gemacht. Danach wurden die Seitenteile geschliffen, bevor die Leisten angeleimt wurden, an denen die Rückseiten Bretter verschraubt werden.

Gartensessel - 2 (4).jpeg
Wenn das Wetter schön war, habe ich auch mal draußen gearbeitet:
Gartensessel - 4.jpeg

Parallel dazu wurden die einzelnen Bretter auf Endmaß gesägt, Kanten habe ich mit der Hand angefast (auch hier wieder: Zeitaufwand grob unterschätzt, die Menge macht es doch...)
Gartensessel - 2 (1).jpeg

Dann noch die Löcher für die Verschraubungen vorgebohrt und abgesenkt
Gartensessel - 1 (8).jpeg Gartensessel - 2 (5).jpeg

Anschließend waren die Sessel bereit zum Zusammenbau

Gartensessel - 3 (1).jpeg
 

Leibhaftiger

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Der Zusammenbau war dann ziemlich unspektakulär. Einfach die Bretter auf die Seitenteile verschrauben.
Gartensessel - 1 (5).jpeg

So sieht das Ganze dann zusammengeschraubt aus

Gartensessel - 2 (3).jpeg

Beim Original ist der Übergang oben zu vorne mittels einer Gehrung dargestellt, ich finde aber Gehrungen an Outdoormöbeln schwierig dauerhaft dicht und schön zu haben. Meine Lösung war: Oberes Brett länger lassen, dann per Handhobel an die Lehnenneigung angepasst. Sieht gut aus und ist bequem. Anschließend per Hand die Rundung ganz vorne noch anhobeln, damit es nicht in der Kniekehle zwickt.

Gartensessel - 4 (1).jpeg

Und so sieht der Sessel dann fertig aus

Gartensessel - 1 (2).jpeg Gartensessel - 3 (2).jpeg Gartensessel - 2 (2).jpeg

(Disclaimer: auf dem Bild sind die aufgeschraubten Gradleisten noch nicht montiert)

Bisher habe ich 3 Sessel "geschafft", der letzte und der Tisch warten noch auf Ihre Fertigstellung. Im Moment sieht das Arrangement so aus
Gartensessel - 5.jpeg

Der Rechte Sessel war der erste der fertig war und hat ca 2 Monate mehr Freilufthaltung vorzuweisen als die andern beiden, sieht man sehr schön an der deutlich helleren Farbe.

Alles in allem hab ich wieder viel gelernt, die Frau ist zufrieden und ich hab statt 3000 Taler nur 800 fürs Material ausgegeben: Da lacht das Schwabenherz!
 

PrimaNoctis

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Wunderbar, schön dass du es hier noch ausführlich gezeigt hast. Echt eine Fleißarbeit, das waren richtig viele Teile. Und dabei haben wir einiges schon bei mir gehobelt.

Wie viele Messersätze hast du verbraucht?
 
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Mal ganz fernab der Möbel, schöner Garten mit einer tollen luftigen, hellen Werkstatt. Würden noch 2 oder 3 Hühner durchs Bild laufen könnte man einen Petterson und Findus Film bei dir drehen. :emoji_grin: Sieht auf jeden Fall sehr gemütlich aus.

Die Möbelkonstruktion hätte ich aber etwas anders ausgeführt, muss aber ehrlicher Weise dazusagen das ich noch nie ein bewittertes Gartenmöbel gebaut habe. Bei den Seitenteilen ist auf voller Länge das Hirnholz oben offen, die Feuchtigkeit steht und kann einziehen. Trotz Verwendung von Teak verkürzt das die Lebenszeit. Ich würde die Querleisten nochmal abschrauben, das Hirnholz versiegeln und die Leisten dann mit 3mm dicken Unterlegscheiben aus Kunststoff wieder aufschrauben. Auch die Unterseite steht mit Hirnholz in der Nässe. Die würde ich ebenfalls schützen damit du länger Freude an deinen Gartensesseln hast.
 

Leibhaftiger

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Mal ganz fernab der Möbel, schöner Garten mit einer tollen luftigen, hellen Werkstatt. Würden noch 2 oder 3 Hühner durchs Bild laufen könnte man einen Petterson und Findus Film bei dir drehen. :emoji_grin: Sieht auf jeden Fall sehr gemütlich aus.
...

Danke für die Blumen :emoji_slight_smile:

Zur Konstruktion: Ich hab mich hier am Vorbild orientiert. Das Hirnholz der Seitenteile liegt nur in den Zwischenräumen zwischen den Brettern frei, auf der Unterseite habe ich 5mm starke PTFE Gleiter angebracht, das Holz steht also nicht direkt auf dem Boden. Die Idee mit den Unterlegscheiben ist gut, das probiere ich beim letzten Stuhl mal aus und rüste dann ggfs die anderen nach.
Die Stühle stehen ja überdacht, also nicht voll bewittert und werden im Winter in der Garage eingelagert, das sollte die konstruktiven Mängel hoffentlich etwas kompensieren :emoji_grin:
 
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Zur Konstruktion: Ich hab mich hier am Vorbild orientiert. Das Hirnholz der Seitenteile liegt nur in den Zwischenräumen zwischen den Brettern frei, auf der Unterseite habe ich 5mm starke PTFE Gleiter angebracht, das Holz steht also nicht direkt auf dem Boden. Die Idee mit den Unterlegscheiben ist gut, das probiere ich beim letzten Stuhl mal aus und rüste dann ggfs die anderen nach.
Die Stühle stehen ja überdacht, also nicht voll bewittert und werden im Winter in der Garage eingelagert, das sollte die konstruktiven Mängel hoffentlich etwas kompensieren :emoji_grin:

Alles klar, wenn überdacht wird das Problem ja nicht auftreten. Und wenn du unten 5mm PTFE angebracht hast gammelt da hoffentlich auch nichts weg. Das Argument "am Vorbild orientiert" möchte ich allerdings nicht gelten lassen. Oft schlägt Design konstruktive Notwendigkeiten. Und welchem Produzenten kann man es denn verdenken das er sein Gartenmöbel so baut, das es lang genug hält damit der Kunde zufrieden ist, aber der zufriedene Kunde 5 Jahre eher ein neues Möbel kaufen muss.
 

Lorenzo

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Ich schließ mich gerne an: Schöne Lounge im Grünen! Richtig grün!!! Das wünsch ich mir bei uns auch, vielleicht kommt das Kopfsteinpflaster weg damit mehr Fläche grün werden kann, allerdings stehen wir dann immer noch in der Mitte von Ort, du hast ja schöne kleine Bäumchen als Nachbarn :emoji_slight_smile:
Überdacht stehend halten die Stühle sicher ewig! Da würd ich mir keine Gedanken machen.
Ich frag mich nur: sind die auch wirklich gemütlich? Oder werden sie das erst mit Sitzpolstern?
 

Leibhaftiger

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Danke Dir, die Lage des Hauses ist wirklich schön. Wir sind das letzte einer Reihe und in der Siedlung. Nachbarn nur auf einer Seite, sonst nur Wald, Feld und eine Obstplantage. Auf den Bilder sieht man die Birnbäume, hinter der Werkstatt gibt es auch noch ein paar hundert Apfelbäume :emoji_slight_smile:

...
Ich frag mich nur: sind die auch wirklich gemütlich? Oder werden sie das erst mit Sitzpolstern?

Sie sind bequem, für meinen Geschmack könnte die Rückenlehne aber länger sein. Meine Frau hat Kissen genäht, für den Rücken, das macht sie dann noch komfortabler. Aber: Die Adirondacks sind deutlich bequemer zum Lümmeln :emoji_wink:
 

willyy

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Das wird eine schöne Arbeit und eine schöne Projektvorstellung.
Nur, den Original Sessel finde ich designmäßig zum abkot ..... Wirklich grausam. Vielleicht bin ich deshalb auch kein IKEA Kunde ?

Frage zum konstruktiven Holzschutz. Wäre es besser, die Seitenteile mit liegender Maserung zu machen, dann wären nicht oben und unten die Poren offen, sondern vorne und hinten.
Abgesehen davon schmerzt es dann zwar etwas im Auge, aber vielleicht gewöhnt man sich daran :emoji_stuck_out_tongue_winking_eye:
 

Leibhaftiger

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...
Frage zum konstruktiven Holzschutz. Wäre es besser, die Seitenteile mit liegender Maserung zu machen, dann wären nicht oben und unten die Poren offen, sondern vorne und hinten.
Abgesehen davon schmerzt es dann zwar etwas im Auge, aber vielleicht gewöhnt man sich daran :emoji_stuck_out_tongue_winking_eye:

Wahrscheinlich wäre das besser, aber halt auch nicht wirklich schön. Ich lebe mit den "konstruktiven Fehlern", manchmal zählt das Augen halt mehr :emoji_grin:
 

stuttederwitz

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Hallo! Ich sehe gerade Deine wunderschönen Gartenmöbel. Hut ab, das gefällt mir echt gut. Ich würde mir davon gerne erstmal einen nachbauen, wenn das gestattet ist. Hast Du davon eine grobe Maßzeichnung, die Du mir zur Verfügung stellen würdest? Das wäre toll, ich habe die Erfahrung gemacht, daß man sich beim "Augenmaß" sehr leicht verschätzt mit den Dimensionen. Schön, wenn das klappen würde. Als Holz würde ich dann eher Robinie nehmen, auch wenn die Teakmöbel wirklich außergewöhnlich gut ausschauen.

Christian
 

Sven1988

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Richtig tolle Stücke. Hoffe dass es bei mir in den nöchsten Monaten zeitlich wieder besser wird damit auch mal meine erste Gartenmöbel bauen kann. Würde das gerne auch weitestgehend mit Handwerkzeugen machen und evtl. Schweifhobel beim Stuhlbau einsetzen.
 

Leibhaftiger

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Hallo! Ich sehe gerade Deine wunderschönen Gartenmöbel. Hut ab, das gefällt mir echt gut. Ich würde mir davon gerne erstmal einen nachbauen, wenn das gestattet ist. Hast Du davon eine grobe Maßzeichnung, die Du mir zur Verfügung stellen würdest? Das wäre toll, ich habe die Erfahrung gemacht, daß man sich beim "Augenmaß" sehr leicht verschätzt mit den Dimensionen. Schön, wenn das klappen würde. Als Holz würde ich dann eher Robinie nehmen, auch wenn die Teakmöbel wirklich außergewöhnlich gut ausschauen.

Christian
Ich hab die Sessel ja selber nur nachgebaut (man könnte auch sagen, das Design geklaut), daher hab ich da natürlich nix dagegen. Schreib mir eine PN mit Deiner Adresse, dann sende ich Dir die originale Papp-Schablone der Seitenteile zu, da sind dann eigentlich alle Maße drauf.
 
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