angebot und nachfrage bestimmen den preis
ich habe vollstes verständniss, wenn kunden der preis für schreinerarbeit zu teuer ist. in allen bereichen, in denen wir arbeiten gibt es billigere anbieter. türen, fenster, böden, da sind es die garagenschreiner. möbel, ganz klar der möbelhandel. so verlieren wir nach und nach den markt. da hilft auch kein dachverband. sollte er, oder nicht?<br><br>ich habe hier einen text kopiert, der unsere lage sehr gut auf den punkt bringt.<br><br>Was erwartet der Kunde vom Tischlerbetrieb?<br>Ausblicke eines Industriedesigners auf der HKH-Mitgliederversammlung <br>"Der Tischler heutiger Prägung ist ein Auslaufmodell." Diese provokante These Harald Zagattas klingt nur im ersten Moment unfreundlich. Denn wer, wie die Delegierten der Herbst-Mitgliederversammlung des Fachverbandes Holz und Kunststoff Nordrhein-Westfalen, dem Industriedesigner weiter zuhört, stellt fest, dass darin ein verheißungsvoller Kern steckt. Warum? "Weil es völlig neue Chancen gibt, die in dieser Fülle noch nie da waren."<br>Seine Analyse aktueller Entwicklungen rund um das Thema Wohnen und der Ausblick in zukünftige Chancenfelder des Tischlerhandwerks ließen beim Mitinhaber eines Designbüros in Ostwestfalen sehr viel Optimismus erkennen. Vielen Tischlern ist Harald Zagatta als kreativer Kopf der Designwerkstatt Haus Aussel in Rheda-Wiedenbrück bekannt. Gegründet als Verkaufsförderungsplattform der Möbelzulieferindustrie hat sich die renommierte Einrichtung in den letzten Jahren verstärkt dem Handwerk geöffnet – und dabei einige interessante Einsichten gewonnen.<br>Und anderem die, dass das Tischlerhandwerk für die Zulieferindustrie eine "sehr begehrenswerte Zielgruppe" ist. Zu dem jährlichen Gesamtumsatz in der Möbelwirtschaft von ungefähr 65 Milliarden DM trägt das Tischlerhandwerk mit etwa 35 bis 38 Milliarden mehr als die Hälfte bei. Dementsprechend groß sei das Interesse der Zulieferindustrie am "Dialog mit dem Handwerk".<br>Verbraucher weiß nicht, was er wollen soll<br>Dennoch: Zagattas Analyse sieht für die Tischlerbetriebe zunächst nicht rosig aus. Verbraucher identifizierten Handwerk gegenwärtig häufig mit Begriffen wie "Tradition, Werkzeug, keine Zeit, Feierabend, teuer". Und frage man, wo ein Möbelstück gekauft werde, dann fielen dem Verbraucher eher Ikea oder andere große Möbelhäuser ein. Das sei erstaunlich. Im Wettbewerb gegenüber einer Siematic- oder Bulthaupt-Küche zum Beispiel sei das Angebot des Tischlers "in der Regel billiger, mit Sicherheit qualitativ mindestens genauso gut und außerdem millimetergenau". Der Tischler biete im Grunde genommen die bessere Leistung, "es weiß aber keiner was davon!"<br>Anlass genug zum Handeln, zumal sich um uns herum ein "gewaltiger, dramatischer Strukturwandel" vollziehe. In der heutigen Informationsgesellschaft hätten sich die Menschen grundlegend verändert und damit auch das Verbraucherverhalten. Der Verbraucher sei oft überinformiert und wisse gar nicht mehr, "was er eigentlich wollen soll".<br>Zagatta berichtete von einer interessanten Erfahrung in der Designwerkstatt. Angehende Innenarchitekten und Möbelgestalter der Fachhochschule Detmold, darunter sehr viele Tischler, sollten im Rahmen eines Wettbewerbs sich Gedanken machen, wie Möbel aussehen könnten, wenn die Architektur sie zuließe, der Grundriss also nichts begrenze. Das Ergebnis war höchst erstaunlich: Die Studenten haben fast keine Möbel entworfen. Zagatta: "Was haben sie entworfen? Lebensräume!" Sie haben darüber nachgedacht: Wie ist meine Schlafsituation? Wie werde ich kochen? Wie werde ich Freunde empfangen wollen? "Das sind im Grunde genommen alles Themen, die sie früher oder später in den Markt hineinbringen werden." Aktuelle Möbelentwürfe seien demgegenüber vergleichsweise traditionell.<br>Anders agieren auf dem Markt<br>Wenig Glauben schenkt der Designexperte Vorstellungen, dass der Tischler nur noch bei Menschen Mitte 40 als Auftragnehmer zum Zuge komme, weil dann die "endgültige, letzte Wohnung" eingerichtet werde. "Das ist ein Irrtum! Der Verbraucher der Zukunft wird sich so nicht einrichten! Er ist gewohnt, wesentlich flexibler zu wohnen. Er wird sich verändern wollen. Er ist durch die Informationsgesellschaft geprägt, und er wird wesentlich mehr Flexibilität auch in seiner Wohnung haben wollen."<br>Der Verbraucher ändert sich, aber nicht nur er. Er sei ja ein Bestandteil des Marktes und der ist mittlerweile instabil, "furchtbar instabil", meint Zagatta. Alle Marktprognosen taugten nichts mehr. Darauf könne man als Unternehmen nur mit einem hohen Maß an Flexibilität reagieren. Tradition dagegen ist nach Ansicht Harald Zagattas "nicht unbedingt ein taugliches Konzept für die Zukunftssicherung". Die Veränderungen verlangten auch vom Tischler ein anderes Agieren auf dem Markt.<br>"In die Offensive gehen"<br>Harald Zagatta plädierte nachdrücklich dafür, dass das Tischlerhandwerk "in die Offensive geht". Der Verbraucher sei "Opfer der Informationsgesellschaft" und wolle immer mehr seine persönlichen Probleme und Dinge gelöst haben. Der Tischler habe die Chance, wie kaum eine andere Berufsgruppe Problemlösungen auf den Markt zu bringen. Das gehe weit über das bisherige Leistungsspektrum hinaus. Der Dienstleistungsgedanke bekomme dabei einen völlig neuen Stellenwert. Der Tischler sollte nicht nur derjenige sein, der das Brett passend schneidet, sondern auch den Nutzen um diese elementare Leistung herum integrieren.<br>Richtig sei auch der Ansatz, alles aus einer Hand anzubieten. Dazu bedürfe es der "intelligenten Vernetzung von Leistungen" – Kooperation, die sich nicht im Austausch von Maschinenleistungen erschöpfen, sondern auch gemeinsame Beschaffung oder Vermarktung einbeziehen.<br>Für den Designer besteht kein Zweifel, dass "ohne Marketing in Zukunft kein einziger Betrieb mehr überleben wird können". Der moderne Betriebsinhaber werde in jedem Fall auch Verkäufer sein müssen. Aber nicht nur das!<br>Er muß etwas vom Beschaffungsmanagement verstehen. Dabei komme ihm zugute, dass die Zulieferindustrie den Handwerker entdeckt habe. Viele Produkte, die für die Möbelindustrie zur Reduzierung der Fertigungstiefe entwickelt, gelangen jetzt zum Handwerk. Immer mehr logistische Systeme werden dem Handwerker zugänglich. Durch richtige Komponenten und Materialmöglichkeiten könne der Tischler seine Könnerschaft wesentlich differenzierter und besser darstellen und damit mehr verdienen.<br>Angesichts all dieser Anforderungen sieht Zagatta den Einzelnen aber "völlig überfordert". Angesprochen seien daher auch die Verbände, sie müssten Hilfen und Unterstützung für die Betriebe bieten. Nachdenken sollten sie auch über Konsequenzen in der Ausbildung. Diese müsse "kundengerechter" werden. Zagatta fragte, ob das Zukunftsbild des Tischlers noch länger nur aus Gesellenbrief und Meisterprüfung bestehen könne. Man lerne einen Beruf doch nicht, um der Tradition zu genügen. Man müsse der Anwendung folgen: "Was ist auf dem Markt überhaupt verkäuflich, was ist machbar?" Und das kann z.B. heißen, einen "Elektriker- oder Klempnerschein" zu machen. Das Berufsbild werde sich stärker spezifizieren. Die Ausbildung müsse sich genauso wie die Betriebe flexibel und marktgerecht immer wieder neuen Projekten anschließen.<br>Neue Wege versuchen<br>An Chancen und Möglichkeiten, die dem Tischler seine Zukunft sichern, sieht Zagatta keinen Mangel. Durch die heutige Individualisierung gebe es sehr viele Verbraucherwünsche, die nur das Handwerk lösen kann. Beispielhaft nannte er das barrierefreie Wohnen oder das seniorengerechte Einrichten, in den nächsten Jahre werden in diesem wachsenden und finanziell interessanten Segment wirklich innovative Lösungen gefragt sein. "Warum soll die Beantwortung dieser Möglichkeiten nicht eigentlich beim Handwerk stattfinden?"<br>Ein anderes Beispiel: Die Trendforschung sage voraus, dass wir eine Verstädterung in "ganz dramatischer Form" erleben werden. Damit einher gehe eine wachsende Mobilität. Zagatta folgert daraus: "Es werden andere Wohnformen und andere Bewegungsformen entstehen und andere Art und Weisen, wie wir unsere Wohnungen einrichten werden, wie wir Häuser bauen werden." Wer sonst als das Handwerk sei besser geeignet, Intelligenz und Innovation für diese Aufgabe beizusteuern.<br>Das Tischlerhandwerk habe sich einerseits von vielen Dingen zu verabschieden. Andererseits müsse es auch den Mut haben, neue Wege zu versuchen.<br><br>frohes studieren noch, bernd aßmann