Holz biegen: Sinnvolles minimales Verhältnis von Biegeradius zu Leistendicke (Eiche)

PhilippReis

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Hallo Zusammen,

für ein Indoor-Treppengeländer steht das Biegen von Holz an. In meinem Fall wird es aus Eiche sein, das passt gut zum Rest vom Zimmer. Nun bin ich gerade beim Materialeinkauf und Testbiegen - ich will ii der Dicke halbwegs passendes Sägefurnier kaufen, deswegen versuche ich vorab die maximal sinnvolle Leistendicke zu bestimmen. Da ich 4x Radien biegen will, spart das hintenraus Arbeit :emoji_slight_smile:

Deswegen interessieren mich eure Erfahrungen. Könnt ihr einen ca. Wert angeben, welches Verhältnis von Biegeradius zu Leistenstärke in der Praxis maximal sinnvoll ist? z.B. 20:1 bis 25:1 (also z.B. 5mm Leisten können maximal in einen 125mm Radius gebogen werden, ein kleinerer Radius wird sehr schwierig).

Ich versuche auf eine Dampfkammer zu verzichten und stattdessen die Methode "wässern + Heißluftföhn" zu verwenden. Wenn ihr nun aber sagt, dass die Ergebnisse mit der Dampfkammer wesentlich besser sind, überdenke ich das ggf. nochmal.

Und ja, mir ist bewusst dass die Antwort auf meine Frage auch abhängt von:
  • Der Holzart. Wie gesagt, in meinem Fall wirds Eiche.
  • Der Qualität des Holzes - grade Fasern ist ein muss!
  • Der Faserausrichtung innerhalb der Leiste
  • Falls ohne Dampfkammer gearbeitet wird, von der ausreichenden Wässerungsdauer der Holzleisten.
  • ... gerne Ergänzen ... :emoji_wink:
Danke & Grüße
Philipp
 

Holz-Christian

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Servus, da es hier um Schichtverleimung geht brauchst Du weder Dampf, Wasser und Heißluftfön.
Bezüglich Lamellendicke. Je dünner desto weniger Risiko von Bruch und Rückstellung nach dem ausspannen.
Bei 125mm Biegeradius würde ich maximal 2mm Lamellendicke anpeilen.
Hier habe ich bei Beitrag 33 auch was schichtverleimt:
https://www.woodworker.de/forum/threads/halbgewendelte-treppe-mit-krümmling.119873/
Da sind auch Infos bezüglich verwendeten Leim usw.
 

PhilippReis

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Hallo Christian,

danke für deine Antwort! Meine Frage hat eine wesentliche Info vergessen:
Mein Wunschradius sind 125mm, 150mm sind auch ok.

Ich plane, die einzelnen Schichten zuerst vorzubiegen und dann zu verleimen. Ich habe das in mehreren Videos gesehen (z.B. So BIEGST du HOLZ (Low Budget Variante)! | Schaukelstuhl #2 | Jonas Winkler - YouTube) - das Vorbiegen scheint doch einiges zu bringen, so dass die einzelnen Schichten stärker sein können.

In einer Teststellung habe ich erfolgreich 5mm, 7,5mm und 9mm Eiche um einen 150mm Radius (90° gebogen) mittels der Wässern + Heißluftföhn Methode gebogen. Man merkt richtig, wie das Holz "weich" wird, wenn man es mit dem Fohn erwärmt. Und natürlich ist das gewässerte Holz leichter biegbar als das trockene.

Morgen sehe ich, wie stark die Rückstellung ist. Bei 200mm Radius und 100° Biegewinkel sind ca. 70° der Biegung im Holz geblieben.
Durch das Vorbiegen will ich 2 Dinge erreichen:
1) eine deutlich geringere Rückstellung nach dem Verleimen
2) kleinere mögliche Radien bei meiner Wunschstärke der Schichten. 7,5mm wären für mein Projekt ideal von der Optik, aber bei 125mm sicherlich zu gewagt. Wahrscheinlich werde ich auf 5mm gehen, das ging um den 150er Radius wie Butter. Mit dieser Stärke müsste ich auch ein gutes Design schaffen.

Falls es noch weitere Erfahrungswerte gibt, gerne her damit!

Viele Grüße
Philipp
 

magmog

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Guuden,

Den Preis von Sägefurnier zu eigenen Leisten sollte Mensch kalkulieren,
zumal die Sägeoberflächen häufig kaum leimfähig sind.
Mit PU- verleimt ist die Rückstellung sehr gering.
 

guidokoeln

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Hi Phillipp,
ich kann dir zu diesem Thema ein Buch empfehlen. "Moderner Holzbootsbau" der Gougeon Brothers. Eigentlich geht es da natürlich wie der Name schon sagt um Holzbootsbau - insbesondere mit Verleimungen mit Epoxi. Wenns nicht um Dinge geht die den Elementen derart wie ein Boot ausgesetzt werden geht das natürlich genauso gut mit jedem anderen Leim.
Im Kapitel 9 (Seite 68) geht es ums Lamelieren von Holz mit ziemlich guter und genauer Beschreibung auch vom Rückstellvermögen. Im Anhang auf Seite 316 finden sich Holzwerte die man vielleicht als Anhaltspunkt für deine Lamellenstärke nehmen kann. Die Holzsteifigkeit steigt mit der dritten Potenz der Dicke - damit kann ma ja etwa abschätzen wie dick dein Holz sein sollte.
Ich hab mir das Buch mal irgendwann auf Papier gekauft - offensichtlich ist es grad vergriffen weshalb es (zumindest zur Zeit) komplett als PDF veröffentlicht wurde.
https://www.vonderlinden.de/pic/upload/mod-holzbootsbau_6te.pdf
Viel Spaß beim Lesen...
 

PhilippReis

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Hallo Guido,

danke für den Link. In der Zwischenzeit habe ich meine Biegetests mit Wässern und Heißluftföhn an den gleichen Hölzern durchgeführt, die schon auf 200mm Radius getestet wurden. Sie halten von 90° Biegung 80° nach dem Entfernen der Zwingen. Offenbar hat ihnen die zweite Runde gut getan, die Rückstellung ist deutlich geringer als beim 200mm Biegetest. Nun werden sie gerade verleimt, ich hoffe, dass die Rückstellung so minimal ist, dass man sie kaum bemerkt.

Viele Grüße
Philipp
 

Holz-Christian

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Servus Philipp, vergiss bitte mal ganz schnell Herrn Winklers zusammen schmeißen von Formverleimung und Dampfbiegen/ Bugholz.
Das sind zwei völlig unterschiedliche Verfahren.
Das in erheblicher Menge ins Holz wieder eingebrachte Wasser wird Dir bei deinen Handlaufquerschnitten massiv Ärger bereiten wenn’s langsam wieder austrocknet.
Bei dem Leistchen im Video kann’s eventuell noch gut gehen.
24 Stunden trocknen?
Vergiss es, damit das Holz zum Verleimen mit Weißleim oder auch PU wieder trocken genug ist würde ich eher mindestens zwei Wochen anpeilen.
Herr Winkler scheint außerdem noch der Meinung zu sein das man nassen Holz mit wasserfesten Leim verleimen kann.
Dazu noch sägerauh von der Bandsäge, das ist eigentlich keine verleimfähige Fläche wenn’s wirklich halten soll.

Kurzum, wenn das was werden soll bei deinen engen Biegeradien besorg Dir 1,5er Messerfurnier und PU Leim mit langer offener Zeit wie den Beko Fibcon 60 oder Kaltkauritleim.
Dann beschränkt sich der Stress aufs eigentliche Verleimen.
 

guidokoeln

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also ich wäre wie Holz Christian auch sehr vorsichtig - zu viel Wasser in die Verbindung einzubringen.
Aber es ist vermutlich immer ein wenig experimentel - weil für eine serielle Fertigung macht man das einfach zu selten.
Dazu noch zu viele Kombinationen aus unterschiedlichen Radien, Holzfeuchten, Lamellendicken und Leimen.
Wenns jetzt bei dir klappt - super.
Die Gougeon Brüder haben teilweise auch gute Erfahrungen gemacht in die letzte Leimschicht eine Lage Glas einzuarbeiten - was ja dann wie eine Art "Neutrale" Lage gilt - weil Glas ja keinerlei Rückstellung hat. Damit kommt aber wieder nur Epoxi als Leim in Frage - was ja bei vielen Forenmitgliedern auch Abneigungen auslöst.
Freu mich das es bei dir so funktioniert :emoji_slight_smile:
 

PhilippReis

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Hallo Zusammen,

danke für das Zahlreiche Feedback! Ich habe nun genug Infos, um mit den lokalen Holzhändlern zu reden. Ist ja durchaus auch eine Frage des verfügbaren Materials, mit meiner Ausrüstung kann ich nicht wirklich sinnvoll schmale Leisten von 5mm oder weniger sägen. Da will ich nicht mit der Tischkreissäge ran, da sind dann je nach Zieldicke ja bis zu 50% Verschnitt dabei. Und mit meiner kleinen Bandsäge wird das nichts. Aber ja @magmog, wenn das Sägefurnier wesentlich teurer ist wird die eigene TKS wieder ne Option :emoji_slight_smile:

Zur Lagerzeit habe ich einen "Vorteil": Ich werde in 2 Wochen an der Schulter operiert, dann kann ich mindestens 3 Monate nichts machen. Mein Plan ist, noch davor die Biegungen durchzuführen und die gebogenen Leisten dann fixiert in den Biegeformen in dem Raum zu lagern, in dem sie zum Einsatz kommen werden. So können sich die Leisten mindestens ein Vierteljahr an ihre neue Form gewöhnen.

Aber: Nachdem ich mir einige Videos vom Dampfbiegen angeschaut habe sieht das sehr sehr verlockend aus, ggf. befasse ich mich auch während meiner Zwangspause damit.

Viele Grüße
Philipp
 
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