Naether Schulbank

-Michael-

ww-pappel
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Moin
Mein Name ist Michael und ich lebe in Hamburg.
Es ist normalerweise nicht meine Sache, mich wegen jeder Kleinigkeit auf einer dazu passenden Plattform anzumelden. Noch dazu, wo ich mir ziemlich sicher bin, dass ich den hier versammelten Sachverstand wohl nur für das unten beschriebene Projekt in Anspruch nehmen werde. Ich hoffe, ihr nehmt es mir nicht all zu übel, aber die Sache ist mir wichtig und das Forum wurde mir mehrfach empfohlen.
Meine Kenntnisse und Fähigkeiten in Sachen Holzbearbeitung sind wohl eher laienhaft, allerdings habe ich durchaus mit diversen Regalen, Gartentischen und einer Einbauküche über Eck das Wohlwollen meiner Frau erlangen können. Ganz unbeleckt bin ich also nicht. :emoji_wink:

So denn.
Das ist eine alte Schulbank der Firma Naether.
pult_klein.jpg

(größere Auflösung, ca 4,5M:emoji_sunglasses:

Vor gut 30 Jahren ist mir dieses Teil mal in die Hände gefallen und wartet seitdem auf seine Reinkarnation. Da mit meinem Enkel jetzt jemand da ist, den ich nur zu gerne darauf sitzen sehen würde, ist der Moment gekommen.
Der Zustand ist nicht besonders gut. Die Bank war größtenteils zerlegt, als ich sie bekam und irgendjemand hatte sich schon mal daran gemacht, den alten Lack abzuschleifen. Weit ist er nicht gekommen, war wohl zu mühsam. Es ist mir gelungen, die Bank zumindest provisorisch wieder zusammen zu setzen. Die Bank ist komplett aus Buche gefertigt. Es fehlen sämtliche Holzschrauben und ein paar Kleinteile wie das Tintenfass und der Deckel dazu, sowie ein kleines Gestell, welches auf der oberen Ablage Bücher oder Zettel aufrecht hält. Das ist aber zu verschmerzen. Ein Zacken für die Lehnenverstellung links ist ausgebrochen und die Schreibplatte ist stark gewölbt bzw.verzogen.
Die gesamte Verarbeitung lässt vermuten, dass es sich im Ursprung weniger um ein hochwertiges Möbel als um einen einfachen, soliden Gebrauchsgegenstand handelte. Relativ schmucklos und funktional, aber mit der Patina von über hundert Jahren sehr charmant.
Was kann man damit machen und was nicht, was sollte man damit machen und was nicht?
Mein Plan ist, den Anstrich komplett abzuschleifen, die Schreibplatte durch ein neues Brett zu ersetzen, alles vorzubehandeln, zusammen bauen und dann lackieren oder so. Erste Tests zeigen, dass die Bretter zum Teil verfärbt sind. Da sind Tintenflecke, graue Verfärbungen, Ölflecke im Bodenbereich usw. Das will ich nicht weg haben, im Gegenteil. Es sei denn ein neuer Anstrich würde darauf nicht halten. Das Thema bereitet mir am meisten Kopfzerbrechen. Es müsste etwas sein, was den Charakter und die Lebensspuren der Bank erhält und erkennen lässt, aber robust genug ist, die Bank weiter ihrer Bestimmung entsprechend zu nutzen. Es soll kein Ziermöbel werden.
Für alle Vorschläge und Hinweise bin ich dankbar.
Michael
 

welaloba

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Hallo Michael, ich möchte zuerst meine Anerkennung für deine Art der Projektvorstellung zum Ausdruck bringen. Ganze Sätze, wo gibts denn so was noch?
Also: Was du tun sollst, will ich nicht sagen. Ich erzähle, was ich tun würde!
Von großem Vorteil ist, dass schon alles zerlegt ist. Dann bereite ich mir eine gut belüftete Arbeitsfläche mit dichter Unterlage aus zB. Milchtütenfolie von der Rolle, evtl. in einer Garage, besorge mir Abbeizer (evtl. von Deffner & Johann - ein seröser Onlineversender) und entferne damit den restlichen Lack. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um einen ehemals klaren Öllack, der stellenweise auch zu Klumpen zusammengelaufen ist. Ich brauche neben dem Abbeizer gute Gummihandschuhe, passende Pinsel zum Auftragen und Spachtel zum Abtragen der gelösten Masse. Es braucht ausserdem Schleifflies und ein passendes Lösemittel zum Nachwaschen, das ist in der Regel Alkohol, denkbar ist aber auch Nitroverdünnung, das hängt von der Art des Abbeizers ab. Es entsteht in der Regel etwas sog. Sondermüll.
Beim Abbeizen wäre ich sicher, dass einiges der "Patina" zB. Tintenflecke und Macken erhalten bleiben. Unter Patina verstehen wir eigentlich auch die vorhandene, gealterte Lackierung. Du sagst schon, dass das in der Art nicht gewünscht ist und du ein Gebrauchsmöbel haben willst.
Die fehlenden Schrauben sind nach meiner Erfahrung Messing oder Eisen- Linsenkopfschrauben in passender Abmessung.
Ebenso wie das Abbeizen würde ich auch das Lackieren in zerlegtem Zustand erledigen. Wenn es Leimstellen gibt, spare ich diese beim Lackieren aus. Lackieren geht zB. mit Kremers Hartöl, (im Netz: kremer-pigmente usw) kann mit dem Pinsel aufgetragen werden und verläuft ganz schön. Das ist ein mehr oder weniger traditineller Öllack der ganz schön aushärtet, gibts in glanz oder seidenmatt, wenn ich micht recht erinnere. Eben sehe ich noch mal den Lattenrost für die Füße, hier hilft wahrscheinlich nur noch Schleifen, was ich da tun würde.
Ach ja, nach dem Abbeizen kann ich immer noch letzte Reste von Lack runterschleifen, die entdecke ich, wenn ich das Holz befeuchte, was für einen letzten Feinschliff mit Korn 150 oder auch 180 eh erforderlich ist.
Die Schreibplatte würde ich nicht versuchen zu erneuern. Sie ist zwar etwas verzogen, womit der "Kunde" evtl. gut leben kann. Ein Nachbau aus Buche kann evtl. genauso krumm werden. Möglicherweise kommen hier dann die guten Ratschläge bezgl. "Gratleiste'" , die ich in deinem Foto nicht sehe. Mach doch mal noch ein Bilder der hochgeklappten Platte.
Mehr fällt mir mometan nicht ein, daher ende ich an der Stelle.
Gruß Werner
 

tomcam

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Hallo, eine Gratleiste ist da in der Tat nie verbaut worden, sondern die Klappe ist im aufgeklappten Zustand als Tafel nutzbar, also Schultafelfarbe und eine kleine klappbare Kreideablage.
 

-Michael-

ww-pappel
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Wenn mit Gratleisten die Leisten gemeint sind, die unten in Längsrichtung an die Schreibplatte geschraubt sind; ja, die sind vorhanden. Leider kann ich davon momentan kein Foto machen, wird aber noch nachgereicht.
Man kann das auf dem Bild vielleicht nicht so richtig sehen, aber die Vorder- und Hinterkante der Platte sind nach meinem Dafürhalten schon recht stark nach oben gewölbt. Würde ich die Leisten wieder anschrauben, würde da reichlich Zug auf die Holzschrauben kommen und ich befürchte, dass sie ausreißen. Dazu kommt, dass die Verleimung der kleinen Armablage schon aufgegeben hat und die kleine "Halbinsel" nur noch locker am Rest der Platte hängt. Wenn es eine praktikable Möglichkeit gäbe, die Wölbung der Platte rückgängig zu machen, würde ich mir die Arbeit aber durchaus machen.
Werner, das mit dem Abbeizen habe ich mir auch überlegt, allerdings schreckt mich dabei immer diese Chemie-Sondermüll-Lösungsmittel-Geschichte ab. Abgesehen davon habe ich bei sowas in meinem Arbeitsraum immer Probleme mit der Entlüftung. Staub und Lärm dagegen sind das kleinere Übel. Der Staub wird größtenteils direkt an den Schleifmaschinen abgesaugt und hören tut mich da unten eh niemand. Gleichwohl will ich natürlich nix ausschließen, wenn es der Sache dient. :emoji_wink: Deswegen; welchen grundlegenden Vorteil hätte Abbeizen gegenüber dem Abschleifen? Dass weniger bis gar kein Holz abgetragen wird, leuchtet mir ein. Das muss ich jetzt abwägen gegen den logistischen Mehraufwand, den die Abbeizerei für mich bedeuten würde.
 

Friederich

ww-robinie
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Wenn mit Gratleisten die Leisten gemeint sind, die unten in Längsrichtung an die Schreibplatte geschraubt sind; ja, die sind vorhanden. Leider kann ich davon momentan kein Foto machen, wird aber noch nachgereicht.
Man kann das auf dem Bild vielleicht nicht so richtig sehen, aber die Vorder- und Hinterkante der Platte sind nach meinem Dafürhalten schon recht stark nach oben gewölbt. Würde ich die Leisten wieder anschrauben, würde da reichlich Zug auf die Holzschrauben kommen und ich befürchte, dass sie ausreißen.
Hallo Michael, diese Originalleisten solltest du problemlos wieder verwenden können.
Nach dem Abbeizen die Platte lange und gleichmäßig trocknen lassen. Dann sollte sie auch wieder einigermaßen gerade sein.
Falls nicht: Dann gezielt die bauchige Seite der Wärme (Sonne...) aussetzen. Oder sogar die hohle Seite leicht anfeuchten. Oder die Platte auf einen kühlen Boden legen, hohle Seite nach unten...

Abbeizen ist wirklich das Mittel der Wahl. Natürliche Alterspatina des Holzes bleibt dabei erhalten.
Gut dick auftragen, dann ruhen lassen damit eine Haut entsteht, bevor die Abbeize antrocknet, mit Spachtel abnehmen.
1-2mal wiederholen. Alte Zeitungen bereithalten.
Letzte Reste des Abbeizers und angeweichten Lacks mit Brennspiritus und (Edel)stahlwolle o.ä. abschrubben. Immer wieder mit Lappen den Schmodder abwischen.
Schleifen braucht man dann in der Regel garnicht mehr.
 
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