Repair Cafes Ideen, Erfahrungen und Hinweise

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Hallo,

ich denke dass das ganze hier ruhig besprochen werden kann. Vielleicht ergibt sich ja etwas und/oder jemand bekommt den "drive" sich da selber einzubringen oder sogar eine Initiative zu starten!
 

Jan.H.

ww-ulme
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Dann mache ich mal den Anfang.

Repair Cafe in 28832 Achim
https://www.achim.de/soziales/engagement/repair-cafe/

Wie an anderer Stelle erwähnt habe ich mein örtliches Repair Cafe als ne tolle Sache kennen gelernt.

Mein Schleifer wurde schnell und sehr freundlich repariert.
Es gab noch dazu einen interessanten Erfahrungsaustausch.

Sollte ich wieder ein Problem haben das zu meinem örtlichen Repair Cafe passt werde ich da gerne wieder vorbeischauen.
 

werists

ww-robinie
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So wie versprochen hier ein paar Worte zum Repair-Cafe bei dem ich mitarbeite:

Warum machen wir das:
Das Motto ist "Reparieren statt wegwerfen". Viele Produkte sind noch zu reparieren, aber es gibt nur noch wenige Reparaturbetriebe und die Kosten für eine Reparatur sind höher als der Zeitwert der defekten Geräte. Oft wissen die Besitzer auch gar nicht ob ihr Gerät noch mit angemessenem Aufwand zu reparieren ist.

Was machen wir​

Zuerst wird eine Analyse vorgenommen. Dabei wird der Zustand, das Alter, Fehlerbild, usw. betrachtet. Dann wird entweder mit der Fehlersuche begonnen oder dem Besitzer eine Empfehlung ausgesprochen. Zum Beispiel werden Geräte mit nicht behebbaren Sicherheitsmängel nicht repariert. Ebenso müssen wir Reparaturen die erkennbar einen hohen zeitlichen Aufwand mit sich bringen ablehnen, da sonst nicht alle Besucher dran kommen. Diese verwiesen wir dann an eine Werkstatt, manchmal nimmt ein zu gutmütiger Reparateur so ein Stück mit nach Hause.

Jedes Repair-Cafe hat andere Resourcen und Möglichkeiten, deshalb ist diese Schwelle bei jeder Organisation unterschiedlich hoch.

Kleinigkeiten werden dann sofort instandgesetzt. Werden nicht Ersatzteile benötigt empfehlen wir dem Besitzer zum nächsten Termin wieder zu kommen und wir besorgen das Teil bis dahin.

Was machen wir nicht​

Wie bereits erwähnt wird nur das repariert, was anschließend auch sicher betrieben werden kann. Abgelehnt haben wir schon Geräte mit dem Steckertyp "Bauerntod", alte Geräte die in keine Schutzklasse passen und Billigimporte denen die nicht hier zulässig sind. Aufwändige Dinge, wie komplette Restaurierungen oder Reparaturen zu denen ein besondere Mess- und Testgeräte notwendige sind. Und natürlich fassen wir keine Produkte an bei denen besondere, nicht vorhandene Kenntnisse notwendig sind.

Ich will demnächst mal die Repair-Cafes in der Nähe besuchen um zu sehen welche Möglichkeiten dort vorhanden sind. Dann können wir den Besitzern der Geräte unter Umständen empfehlen dort hin zu gehen.

Häufige erfolgreiche Reparaturen​

Nach meinen Erfahrungen sind ältere Geräte oft leichter zu reparieren als neue Produkte. Das fängt schon beim Öffnen an, Neuere sind oft verklebt, vergossen oder die Gehäuseteile sind auf mysteriöse miteinander verclipst.

Zu den Produktgruppen mit erfolgreich durchgeführten Reparaturen gehören:
  • Haushaltsgeräte, wie Bügeleisen, Staubsauger, Kaffeemaschinen, Mixer, etc.
  • Lampen und Leuchten
  • Elektrische Handwerkzeuge, z.Bsp. Bohrmaschinen, Heckenscheren und Winkelschleifer
    Bei diesen drei Gruppen sind oft kaputte Kabel und Schalter die Fehlerursache. Seltener defekte Entstörkondensatoren und mechanische Probleme. Kabelbrüche können meistens sofort beseitigt werden, sonst wird oft ein zweiter Besuch notwendig weil eine Ersatzteil besorgt werden muss.

  • Radios und Stereoanlagen, besonders Radiowecker, CD-Player und Küchenradios. Hier ist oft Verschleiß bzw. Verschmutzung an Lautstärkereglern, Tastern und Schaltern der Grund für die Fehlfunktion, die sich Vorort und schnell beheben lassen.
Natürlich kommen die Leute auch mit allen möglichen anderen Geräte zu uns. Beim letzten Termin hatten wir ein Laufband, das war das bisher größte Teil.

Rechtliches​

Die Mitgliedschaft in einer Dachorganisation ist zu empfehlen. Diese beraten und stellen Material zur rechtlichen sicheren Durchführung bereit und helfen auch bei der versicherungstechnischen Problematik. Es darf natürlich keine Bezahlung verlangt werden und die Ausführenden müssen ehrenamtlich tätig sein. Gewisse Fachkenntnis und Verantwortungsbewusstsein sind zwingend erforderlich.

Resourcen​

Werkzeuge und Verbrauchsmaterial bringen bei uns die Reparateure größtenteils selbst mit. Leider haben wir keinen Raum um vom Verein beschafftes Werkzeug, Ersatzteile, etc. zu lagern, somit muss alles zu jedem Termin an- und wieder abtransportiert werden. Bei Anderen mag das auch Besser sein.

Eine Packung Adernendhülsen, etwas Schrumpfschlauch habe ich mir auf Kosten des Vereins mal besorgt. Ansonsten habe ich aber auch auf eigene Kosten Werkzeug beschafft, das ich fast nur im Repair-Cafe nutze.

Zum Schluss eine kleine Geschichte:​

Bei meinem ersten Einsatz habe ich ein Küchenradio repariert. Das hatte eine Frau gebracht deren Mutter das Radio gehörte. Die Mutter war schon weit über 90 Jahre alt und stark dement, sie nutze das Radio regelmäßig zu festen Zeiten. Die Frau hatte ihre Mutter schon ein neues Radio gekauft, doch die Mutter kam damit gar nicht zurecht. Die Dame war deshalb überglücklich, dass das alte Radio wieder in einen funktionsfähigen Zustand versetzt wurde und ihre Mutter wieder selbstständig ihre geliebte Nachmittagssendung hören konnte.
 

odul

ww-robinie
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Das repair cafe wird bei uns vom Seniorenbeirat betrieben und das Altersdurchschnitt ist entsprechend. Als mein Sohn mit 16 da hin ist und gefragt hat, ob er mitmachen könnte, haben die sowas von den roten Teppich ausgerollt. Wir hatten uns königlich amüsiert. Termin ist einmal im Monat an einem Samstag und findet jedes mal in einem anderen Ort der VG statt.

Im Angebot ist normalerweise:
Elektro
Computer
Fahrrad
Kleidungsreparatur

Oft ist auch grobe Unwissenheit ein Problem. So berichtet mein Sohn, dass sie eigentlich jedes mal einen Staubsauger haben, bei dem entweder der Beutel voll ist oder der Schlauch verstopft ist.


Edit: mit Kaffee und Kuchen war da auch noch was...
 
Zuletzt bearbeitet:

Jan.H.

ww-ulme
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Schöner Bericht!
In unserem Rep. Cafe ist ein fester Raum vorhanden aber die Werkzeuge zum reparieren scheinen sie trotzdem immer mitzubringen.
Ein paar Damen machen Kaffee und Kuchen für alle!
Da kann man dann während man beim reparieren zuschaut bzw als zusätzliche Hand mit hilft noch was süßes verdrücken.
Hat ne super Atmosphäre.
 

happyc

ww-robinie
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Einen a.d. Waffel
Ich war auch mal in einem Repaircafe vor Ort aktiv, dann kamen Kinder & Häuslebau, seitdem sind die Samstage anderweitig verplant…
Es gab Räumlichkeiten, in denen Werkzeug und Teile gelagert werden konnten. Durch Spenden konnte Werkzeug und Verbrauchsmaterial angeschafft werden, dennoch hatten viele Helfer, die sich auf einen Themenbereich „spezialisiert“ hatten, ihr eigenes teilweise spezielles Werkzeug dabei.
die Kunden sollten bei der Reparatur anwesend sein, damit sie mitbekommen, was und wie vorgegangen wird, und vielleicht auch selbst was lernen.

dort wurde ausgeführt:

- elektronische Geräte: das war ein Großteil der Reparaturen, mindestens 50% der Kunden kamen mit elektronischen Geräten; neue Stecker / Kabel angebracht, Kontaktprobleme behoben, aber auch komplexeres, sofern es sich in einem Tag beheben ließe. Notwendige speziellere Ersatzteile wurden benannt und vom Kunden für den nächsten Termin besorgt.
Jedes Gerät, welches entsprechend bearbeitet wurde, wurde einem E-Check unterworfen, die entsprechenden Daten und Werte wurden in einer internen Liste dokumentiert, und durch einen Aufkleber am Gerät zugeordnet. So war das Haftungsrisiko minimiert. Das E-Check-Gerät wurde von einem Helfer mitgebracht - wenn das Gerät oder der Helfer nicht da war, wurde kein Kabel getauscht, auch wenn für den Reparateur die Vorgehensweise noch so vertraut war.

- Fahrradwerkstatt: war sozusagen ein separater Bereich mit Helfern, die sich darauf spezialisiert hatten. Schwerpunkt Verschleißreparaturen und Einstellarbeiten.

- Näh- & Stoffwerkstatt: es gab verschiedene Maschinen und Materialien, um Klamotten zu flicken oder aus alten Stoffen neue zu Nähen. Da war ich auch mal als Kunde, und habe Hilfe für Autositzbezüge gesucht & gefunden.

- Mechanisches: alles mögliche, von verharztem Fett in Plattenspielern über klemmenden Bohnentransport einer Siebträger-Kaffeemaschine bis zu Uhren wurde da alles repariert.
mein Favorit: eine ältere Frau mit einer älteren mechanischen Wanduhr. „Die geht nicht mehr“ war die Aussage, Genaueres konnte ich nicht erfahren. Also den Rückdeckel geöffnet, reingeschaut, erstmal aufgezogen. „Was machen Sie da?“ - „Die Mechanik aufziehen.“ - „Ah….“ Das war Defekt, sie wusste nicht, dass man das mechanische Uhrwerk aufziehen musste..

- leider kein separater Holzwerkerbereich. Vielleicht auch, weil kaum ein Kunde mit entsprechenden Reparaturwünschen kam? Den defekten Schrank bugsiert man mal nicht so schnell dahin, und in die alten, aus dem Leim gegangenen Stühlen wird schnell ne Spax reingedreht..

das war der Stand vor ca 7 Jahren. Ich sollte mal wieder hin, mich juckt es ein wenig in den Fingern…
 
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