Auf zum Rechtsanwalt!
Die Sache ist zwar nicht mehr ganz akkut, aber ich habe sie leider erst jetzt gesehen. Die Weigerung, mit auf Montage zu fahren, wird der Unternehmer als Arbeitsverweigerung betrachtet haben und deshalb - ohne Abmahnung - fristlos gekündigt haben. Die Erstellung des Meisterstücks sieht er vermutlich als Privatvergnügen des Gesellen, dass den Betriebsablauf nicht stören darf.
Neben diesen Rechtsaspekten gibt es aber auch noch weitere, allgemeine Aspekte zu berücksichtigen: Bei der Abwicklung eines Vertrages (hier Arbeitsvertrages) sind beide Seiten an Treu und Glauben (§ 242 BG
gebunden. Hieraus resultiert auch, das beide Parteien ihre Geschäfte gegenseitig fördern müssen, Fürsorgepflichten haben die andere nicht hintergehen oder vorsätzlich schädigen dürfen. Auf dieser Basis könnte man eventuell eine einstweilige Verfügung durchbringen, aufgrund der das Meisterstück fertig gebaut werden darf. Im Rahmen einer einstweiligen Verfügung prüft das Gericht die Rechtslage zunächst nur summarisch, also nicht erschöpfend, und führt dann eine Interessenabwägung durch. Dabei spielt es eine Rolle, ob und auf welcher Seite große Schäden entstehen, die es bis zur Entscheidung im Hauptverfahren zu vermeiden gilt. Das Nichtfertigstellenkönnen des Meisterstücks wäre m.E. ein solcher Schaden. Das Gericht könnte also einstweilen das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses anordnen oder die Verpflichtung einen Arbeitsplatz bis zur Fertigstellung des Meisterstückes zur Verfügung zu stellen. Dass der Fall im Hauptsacheverfahren dann möglicherweise anders ausgeht, steht auf einem anderen Blatt, aber dann wäre das Meisterstück ja auch längst fertig. Außerdem mußt Du ja auch kein Hauptsacheverfahren durchziehen.
Deshalb mein Vorschlag für die weitere Vorgehensweise:
1) Kontakt mit dem Prüfungsausschuss aufnehmen. Eine Fristverlängerung beantragen. Nach einem Schlichter fragen. Im Idealfall nimmt der Handwerkskammerpräsident Kontakt mit dem Betrieb auf. So etwas wirkt oft Wunder. Allerdings muß man auch sagen, dass Prüfungsausschüsse "freien" (ohne väterlichen Betrieb in Aussicht) Meisteraspiranten leider oft nicht allzu wohlwollend gegenüberstehen. Aber das ist regional unterschiedlich.
2) Nachdem sich die Wogen geglättet haben, weiteres sachliches Gespräch mit dem Chef. Womöglich kann man sich einigen, indem man für die Zeit Urlaub nimmt... Aber wahrscheinlich braucht der Chef zur Einhaltung von Terminen (Vertragsstrafen) die Arbeitskraft; keine Ahnung, was man ihm da anbieten könnte. Im schlimmsten Fall kann man aber auch anklingen lassen, dass man zur Finanzierung einer Klage und wegen des Lohnausfalls jetzt die Story an die Presse verkaufen müsse (Aufmacher: "Chef hält sich Konkurrenten in spe vom Leib" o.ä.).
3) Rechtsanwalt einschalten; ich denke, die Chancen stehen nicht so schlecht, eine einstweilige Verfügung zu erhalten. Etwas Phantasie anwaltlicherseits vorausgesetzt.
4) Weiterhin mit dem Prüfungsausschuß zusammenarbeiten/diesen auf dem Laufenden halten, damit die Frist für die Verlängerung gerecht berechnet werden kann.
5) Nerven behalten und viel Erfolg!
Da ich keinerlei rechtliche Recherchen angestellt habe, alles ohne jede Gewähr. Da wahrscheinlich der Regelstreitwert angesetzt wird, sollten sich die Kosten im Rahmen halten.
Noch eine Frage, der Du nachgehen musst, bevor Du in einen anderen Betrieb wechselst. Womöglich muss der im gleichen Handwerkskammerbezirk liegen, also auch da Prüfungsausschußvorsitzenden fragen.