Thonet Nr. 214 Stuhl restaurieren

anjana

ww-pappel
Registriert
3. November 2024
Beiträge
8
Ort
Mandelbachtal
Guten Tag,

mein Name ist Anja und ich arbeite in einer Steuerkanzlei. Erfahrung mit der Behandlung von Holzoberflächen bringe ich nicht mit.

Ich habe zwei Thonet Stühle Nr. 214 erstanden, die mit etwas Liebe wieder richtig hübsch aussehen könnten.
Dachte ich. Wahrscheinlich wird es etwas mehr bedürfen.

Nachdem ich nun 2 Tage lang recherchiert habe, unter anderem auch einige Beiträge hier im Forum dazu gelesen habe, manche mehrfach, muss ich mir eingestehen, dass ich nun restlos verwirrt bin.

Könnte ihr euch meiner Sache bitte annehmen?

Wenn ich den Ist-Zustand beschreiben sollte, sind aus meiner Sicht zwar Beschädigungen vorhanden, aber nicht tief ins Holz hinein gehend. Geflecht ist bei beiden Stühlen ebenfalls intakt.
Wie könnte ich es eurer Meinung nach am besten bewerkstelligen, die Gebrauchsspuren zu kaschieren und dem ganzen Lack etwas Pflege zukommen lassen?

Vermutlich wurde zwischenzeitlich bereits eine andere Lackierung über der ursprünglichen aufgetragen, da am unteren Gestell solche „Nasen“ erkennbar sind.

Hoffe es klappt mit den Bildern.

Vielen lieben Dank im Voraus für eure Hilfe.

Herzliche Grüße
Anja
 

Anhänge

  • IMG_1031.jpeg
    IMG_1031.jpeg
    236,3 KB · Aufrufe: 113
  • IMG_1032.jpeg
    IMG_1032.jpeg
    149,5 KB · Aufrufe: 111
  • IMG_1033.jpeg
    IMG_1033.jpeg
    152,9 KB · Aufrufe: 112

Seanathair

ww-esche
Registriert
16. März 2023
Beiträge
421
Ort
Kiel
Ich würde an den auffälligen Stellen Schellack mit einem Ballen auftragen und weiter nichts. Das Geflecht wäre relativ einfach zu erneuern, da es anscheinend nicht am Stuhl geflochten ist, sondern eingeleimte Meterware.
 

anjana

ww-pappel
Registriert
3. November 2024
Beiträge
8
Ort
Mandelbachtal
Dankeschön für die schnelle Antwort.
Also auch gar nicht vorher mit Schleifvlies Unebenheiten ausgleichen?
Müsste ich denn Beize benutzen, bevor ich es mit schwarzem Schellack versuche?
 

Seanathair

ww-esche
Registriert
16. März 2023
Beiträge
421
Ort
Kiel
Kommt darauf an, was Du erreichen willst. Schellack würde ich nicht einfärben. Wenn nötig vorher beizen. Abschleifer richtet nur mehr Schaden an. Max. Reinigen mit Spiritus würde ich empfehlen.
 

anjana

ww-pappel
Registriert
3. November 2024
Beiträge
8
Ort
Mandelbachtal
Ich werde es einfach mal auf deine Weise versuchen, schätze ich. Wär ich nur nicht so unerfahren und unsicher. Aber falls ich es überhaupt nicht schön hinbekomme, hätte ein Profi vermutlich so am wenigsten Arbeit meine Missetaten gerade zu rücken.
 

flüsterholz

ww-robinie
Registriert
18. Juli 2022
Beiträge
1.633
Ort
Wald-Michelbach
Das sieht, meiner Meinung nach, nicht nach einer alten Schellackpolitur aus. Könnte das Nitrolack sein? @welaloba , @Mathis @derdad . Da kennt ihr euch doch besser aus. Ob sich das dann mit Schellack verträgt, weiß ich nicht. Und ich würde zumindest die Ränder der abgeplatzten Stellen mit feinem Schleifvlies oder feiner Stahlwolle beischleifen. Es wirkt, zumindest auf den Fotos, als ob der Lack an den Übergängen weiter abplatzt.
Gruß Michael
 

anjana

ww-pappel
Registriert
3. November 2024
Beiträge
8
Ort
Mandelbachtal
Vielen Dank, Michael, dass dich meinem Anliegen annimmst. Ich habe jetzt noch nicht mit Lösemitteln versucht zu erkennen, um was für eine Art Lack es sich handelt. Doch ich vermute auch, dass hier kein Schellack zum Einsatz kam, da bei der Namensprägung die Ziffern 91 dabei sind und die Stühle wohl nicht wirklich antik sind.
 

anjana

ww-pappel
Registriert
3. November 2024
Beiträge
8
Ort
Mandelbachtal
@welaloba
Vielen Dank. Ich freu mich, dass mir helfen möchtest.
Mit dem Geflecht bin ich auch sehr zufrieden. Es wurden 5 Stühle zum Verkauf angeboten und da ich nur 2 wollte, konnt‘ ich mir die aussuchen, bei denen das Geflecht in Ordnung und die Farbe identisch war.
 

derdad

Moderator
Registriert
3. Juli 2005
Beiträge
5.441
Ort
Wien/österreich
Guten Morgen!
Sind es original 214er von Thonet oder von einer anderen Firma ( ein Bild von der Innenseite des Sitzrahmens gibt Auskunft). Das wäre interessant um auf die Oberfläche schließen zu können. Soweit ich es auf den Bildern erkennen kann sind die Sessel schwarz gebeizt und mit Klarlack überlackiert. Oder auf einen farbigen Unterlack wurde noch ein Klarlack gespritzt. Der Klarlack dürfte Nitrolack sein. Sieht man auch an den leichten Abplatzungen/Abschabungen. Nitrolack ist spröde. 2 K Lacke sind zäher.
Aufgrund des Klarlack Überzugs nehme ich an, es ist noch die Originaloberfläche und nicht überlackiert. Auch einem Profilackierer passiert es manchmal, daß Lack abläuft.
Nun zu deiner eigentlichen Frage. Wie weit soll die Ausbesserung gehen?
Ich versuche eine für einen "Normalhaushalt" praktikable Lösung zu finden.
Um die abgeschabten Stellen zu kaschieren reicht es meist Etwas Klarlack auf ein Tuch zu geben und einmal über die betreffenden Stellen zu wischen. Schellack (farblos) ist zwar sicher nicht der Originallack, aber am wenigsten aggressiv und einfach zu handhaben (wir sprechen hier nicht von einer Hochglanz Politur). 15 min trocknen lassen und nochmals gleiche Prozedur. Dies kann man auch öfter machen.
Falls die schwarze Fläche nicht mehr vollständig ist verwende ich gern Lackmarker aus der Kunstszene. Ich verwende diesen Squeezer 10 BPI https://amzn.eu/d/dBeci8d
Färbt super, trocknet schnell. Man kann auch von der Spitze mit einem dünnen Pinsel Farbe abnehmen und kleinste Stellen kaschieren.
Zu guter Letzt kannst du mit der Klarlack Wischmethode (ähnlich wie bei einer Ballenmattierung) noch den ganzen Sessel überwischen. Dabei aber großflächig arbeiten. D.h. jeweils von einem Ende eines Holms zum anderen Ende. Empfehlenswert dabei ist den Sessel zu zerlegen. Es sind 4 Schrauben im Stützring und 2 Gestellschrauben als Verbindung zwischen Sitzrahmen und Hinterbeinen. Ebenso empfehlenswert ist das Geflecht abzukleben damit man großflächig arbeiten kann. Mit einem glatten Abdeckband stückweise abkleben, an der Aussenkante des Keders (umlaufende Peddigverschlussleiste) entlangschneiden und abziehen.
Ich hoffe ich konnte eine einfache Methode halbwegs verständlich erklären.
LG Gerhard
 

derdad

Moderator
Registriert
3. Juli 2005
Beiträge
5.441
Ort
Wien/österreich
Noch eine kleine Ergänzung.
Bevor das ganze Prozedere beginnt den ganzen Sessel mit warmen Wasser und etwas Spüli reinigen. Und anschließend gut trockenreiben. Das entfernt den ganzen Handschweiß, etc., der im Lauf der Jahrzente angehaftet ist.
LG Gerhard
 

anjana

ww-pappel
Registriert
3. November 2024
Beiträge
8
Ort
Mandelbachtal
@derdad
Lieber Gerhard,
bitte entschuldige, dass ich erst jetzt antworte. Ich war auf der Arbeit.
Ein ganz großes Dankeschön für deine ausführliche Antwort. Zwischenzeitlich hab‘ ich mich wirklich ein wenig überfordert gefühlt, aber mit deiner wunderbar verständlichen Erklärung traue ich mir tatsächlich zu, an die Sache heranzugehen.
Tendiere dazu, Schellack zu benutzen, einfach weil ich mich in den letzten Tagen mit dem Thema beschäftigt habe und diesen Stoff super interessant finde.
Und sollt‘ ich mit meinem Werk nicht zufrieden sein, könnte ein Profi alles wohl am einfachsten beseitigen.
Die Stühle wurden als Original verkauft, anbei Fotos von der Innenseite des Sitzrahmens.
Bin gespannt, was du dazu sagst.
Lieben Gruß
Anja
 

Anhänge

  • IMG_1034.jpeg
    IMG_1034.jpeg
    320 KB · Aufrufe: 46
  • IMG_1035.jpeg
    IMG_1035.jpeg
    190,6 KB · Aufrufe: 46
  • IMG_1037.jpeg
    IMG_1037.jpeg
    226,6 KB · Aufrufe: 46
Zuletzt bearbeitet:

derdad

Moderator
Registriert
3. Juli 2005
Beiträge
5.441
Ort
Wien/österreich
Es sind Thonet aus dem Werk Frankenberg. Jetzt also das "Original". Produziert wurden die Sessel 1991. Also ist da höchstwahrscheinlich schon ein 2K Lack drauf (Lack mit Härter). Vermutlich ein PU-Lack (Polyurethan-Lack). Also hochwertig. Ich würde trotzdem nach meiner Methode vorgehen weil Schellack am problemlosesten ist. Die etwas unschönen Stellen beim Lehnenansatz kommen wahrscheinlich von Hosenträgerschnallen oder ähnlichem.
Ein Tipp: übertreib die "Restaurierung" nicht. Der Sessel ist mittlerweile auch schon 30 Jahre und hat sich schon mit vielen "Är..hen" abgekämpft. Das darf er ruhig zeigen
LG Gerhard
 

anjana

ww-pappel
Registriert
3. November 2024
Beiträge
8
Ort
Mandelbachtal
Wie schön. So konnte ich noch etwas über die „Geschichte“ der Stühle und zu ihrer Herstellung erfahren.
Und recht hast. :emoji_slight_smile:
Deinen Tip will ich beherzigen.
Besten Gruß
Anja
 
Oben Unten