Weichholzschrank restaurieren

georgeorwell

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Hallo Profis der woodworker,

ich habe mir bei Ebay einen (in meinen Augen) schönen Weichholzschrank ersteigert, der nach Aussage des Vorbesitzers, ursprünglich weis lackiert war. Dieser hatte ihn dann abgebeizt und angeblich erst geölt und anschließend gewachst.
Die Türen hatte er zum Schluss von einem Restaurator abbeizen lassen, sie sind bis jetzt noch unbehandelt, aber auch sehr gut vom alten Lack befreit.

Da seine Arbeiten an vielen Stellen jedoch mangelhaft ausgeführt worden sind und durch alte Lackreste das Holz "schmutzig" wirkt, des Weiteren unter der Oberfläche noch grobe Schleifspuren sichtbar sind, möchte ich mich nun daran machen, erst das Öl und den Wachs abzutragen, um im Finish eine neue Oberfläche aufzubauen. Dazu einige Fragen:

1. Mit welcher Substanz löse ich die Öl- und Wachsschicht? Geht beides mit einem Arbeitsgang?
2. Wie wurde "ursprünglich" die Oberfläche derartiger Möbel veredelt? Sprich, welche Oberfläche könnt ihr mir empfehlen?
3. Auf den Bildern ist unschwer zu erkennen, dass irgendjemand gegen die Maserung geschliffen hat. Mit Schleifvlies werde ich hier nicht weiter kommen, in welchen Schritten würdet ihr schleifen? Kann ich hier mit einem Schwingschleifer arbeiten?
4. Eine Zierleiste an der Schublade wurde ersetzt. Durch die fehlende Lackschicht, ist das Ersatzstück aber sofort zu erkennen. Die Leiste könnte ich im Internet bestellen, aber wie bekomme ich die alte ab, ohne dabei das restliche Holz zu beschädigen?

Freu mich auf Eure Tipps und Tricks und auf konstruktive Vorschläge.
Vielleicht weis ja jemand, welches Holz es genau ist & aus welcher Zeit das Möbelstück vermutlich stammt.

Herzlichen Dank für Eure Hilfe
Jasmin
 

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derdad

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2. Wie wurde "ursprünglich" die Oberfläche derartiger Möbel veredelt? Sprich, welche Oberfläche könnt ihr mir empfehlen?

Die Oberfläche soartiger Möbel wurde, du wirst es nicht glauben, weiss gestrichen :emoji_wink:
Ja wirklich.

Oder, da es sich eher um ländlich/bäuerliche Möbel handelt, mit Firnis oder Wachs behandelt. Kommt drauf an, welches Mittel zur Hand war.

Bei der Holzart handelt es sich um Fichte. Diese Möbel wurden so um 1900 herum hergestellt.

lg
gerhard
 

georgeorwell

ww-pappel
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Lieber Gerhard,

herzlichen Dank für die schnelle Antwort. Dann muss ich meine Anforderungen ein wenig umschreiben, ich will den Schrank nicht weis streichen, sondern die Holzstruktur soll sichtbar bleiben.
Eine Ballenmattierung oder Schellackpolitur kommt wohl nicht in Frage, was?
Also war Ölen und Wachsen doch ansich richtig?

Die Jasmin
 

elgarlopin

ww-robinie
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Hallo Jasmin,
zu Frage 1. - 3. wurde ja schon geantwortet.
Aber deine Frage 4 verstehe ich nicht. Mehrfach! Warum soll die alte Leiste runter? Wie willst du im internet passenden Ersatz bekommen? Was machst du dann mit der neuen Leiste? Worin siehst du die Schwierigkeit, die alte zu lösen?
Franz
Nachtrag: Sorry, zu 3. Erst Schwingschleifer, dann Schleifkork nur in Faserrichtung (z.B. 120, 150, 180)
 

derdad

Moderator
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Eine Ballenmattierung oder Schellackpolitur kommt wohl nicht in Frage, was?

Beides würde nicht dem Charakter des Kastens entsprechen. Schellackpolitur wurde vorzugsweise auf hochwertigen Möbeln mit Edelholzoberflächen wie Nuss, Birn, Kirsch, und anderen angewandt. Eine Ballenmattierung, soweit mir bekannt ist, bei etwas günstigeren Möbeln dieser Kategorie.

Bzgl. Zierleiste fällt mir auf den ersten Blick keine auf die unbedingt ausgewechselt gehört. Und wenn, wirst du "von der Stange" kaum eine finden die besser dazu passt.
Mir fällt aber etwas anderes auf. Es fehlen Leisten.
Und zwar: Eine Zierleiste zwischen den Schubladen, die die Schlagleiste der Tür optisch verlängert. Entweder in Form der Schlagleiste, oder als "Dach" wie die Schlagleistenkapitelle.
Ausserdem wurde normalerweise links und rechts der Tür eine Lisene angebracht, die etwas breiter war als die Schlagleiste und ebenfalls ein Kapitell hatte. Diese Lisene wurde nach unten und oben weitergeführt, und dadurch auch die Zinken am Korpus verdeckt. Oder einfach nur über den Zinken Kapitelle. Ohne eine verbindende Lisene.

Zum Schleifen: Die Füllungen im Rahmen sehen zwar sehr kompakt aus, trotzdem kann es sein, dass sie im Kasten nur durch genagelte Leisten gehalten werden. Dann wäre es am Besten, die Leisten und Füllungen herauszulösen. Das erleichtert die Schleiferei ungemein.

lg
gerhard
 

welaloba

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Hallo in die Runde, ich finde an dem Schrank am allerpeinlichsten die Kombination der brandneuen Messingschilder (Marke Brandneu) und den ebenfalls neuen Porzellanknöpfen. Völlig daneben. Ein "ursprünglicher" Zustand ist nicht wiederherzustellen, da der Schrank deckend bemalt war.
Ansonsten ist der Schrank, der wahrscheinlich in Holzmaserierung bemalt war, beim Korpus hauptsächlich schlecht abgelaugt und kaum nachgeschliffen. Es gibt Weichholzaufbereiter, die vor dem Schleifen wenigstens abwarten, bis die Füllungen so weit geschrumpft sind, dass die weißen Streifen aus den Rahmen kommen. Die besseren Weichholzaufbereiter schleifen auch so lange, bis die originalen "Quer-zur-Faser" - Schleifspuren nicht mehr zu sehen sind. (Besserwisser-Klammer auf) Wenn ich vorhabe, einen Schrank deckend anzustreichen, ist es effektiver, quer zur Faser zu schleifen, ausserdem sieht man's nachher nicht mehr. (Klammer zu) Da hilft nur 1. Wachs abnehmen mit Abwachser von Liberon z.B. - wenn das Wachs denn in richtig dicken Schichten drauf ist. Ansonsten kann man auch gleich schleifen. Beginn mit Korn 100 oder 120, rauf bis 180 sollte reichen. Man kann auf eine gut getrocknete DÜNNE Ölschicht auch Schellackmattierung auftragen. Das ist Geschmackssache Wie das farblich rauskommt, würde ich vorher an vergleichbarem Holz ausprobieren. Wichtig ist jetzt, alle Teile gleich zu bearbeiten, dh. den Korpus erstmal so bearbeiten, dass die Türen (jetzt im Rohzustand) dazu passen.
Schellackpolitur ist auf Weihnachtsbaumholz nicht angesagt. Die nicht so gut zu betrachtenden Füße könnten auch etwas ausserhalb der Norm liegen, da waren wohl eher Drechselfüße oder gesägte, über Eck.
Die Aktion mit den Lisenen links und rechts der Türen und den entsprechenden Klötzen am Sockel würde ich mir erst mal sparen, es ist wohl genug anderes zu tun.
Gruß Werner
PS: Wenn die Füllungen nicht herausnehmbar sind, kann man sich helfen , indem man die Rahmen vorsichtig aufstaucht (mit etwas Polster) und die Füllungen so hin- und herbewegt. W.
 

georgeorwell

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Herzlichen Dank für die vielen fachmännischen Ratschläge. Über den Vorsbesitzer und seine Arbeiten oder Ersatzteile möchte ich gar nicht urteilen. Erst muss ich es besser hinbekommen!!!

@Werner, hast Du eine Bezugsquelle für den Abwachser? Die Schleifschritte werde ich einhalten. Reicht denn 180 Korn bei Fichte als letzter Schliff?

Ein Bild von der Leiste, die nicht recht ins Bild passt, habe ich nun auch gemacht. Die Leisten habe ich beispielsweise bei Antike Beschläge & Restaurationsbedarf Schäfer - in Obersulm-Willsbach gefunden.

Die Frage mit den Leisten ist eine generelle, die ich gerne noch einmal von Euch beantwortet hätte:emoji_frowning2:beim Schleifen würde eine gerade Fläche das Arbeiten ungemein vereinfachen und das Schleifbild wäre auch sauberer) Nimmt der Fachmann/Restaurator die Leisten ab?

Oder im Fall der Seitenteile: @derdad, die Platte/Füllung in dem Rahmen ist in der Tat von Hinten mit einer Leiste an den Rahmen genagelt. Baut ihr die Füllung aus der Umrandung aus, um nun auch die weissen Streifen besser schleifen zu können?

Was würdet ihr mit den Rissen in der Tür machen? Ist der Riss klein genug für Holzkit, oder sollte hier ein Fichten-Keil eingesetzt werden?

Freu mich auf Eure Tipps, damit ich zu Ostern richtig viel schaffe :emoji_slight_smile:

Die Jasmin
 

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welaloba

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Hallo Jasmin,
1. der Abwachser, den ich benutze, kommt von Liberon, gibts im Fachhandel. Bezugsquelle sollte zu ergoogeln sein, (liberon abwachser onlineshop)
2. Schliff bis 180 reicht mir persönlich, zu beachten ist dabei, eine möglichst harte Scheibe auf der Maschine zu haben, da das Holz sonst wellig wird - je nach harten und weichen Jahresringen.
3. Wenn Füllungen mit genagelten Leisten eingebaut sind, würde ich diese rausnehmen und erst wieder einbauen, wenn auch die Oberfläche auf den Füllungen fix und fertig ist. In dem Fall lassen sich auch die Innenkanten der Rahmen besser bearbeiten.
4. Zierleisten: Manche sind nur genagelt, dh. sie lassen sich relativ leicht abnehmen. Flächen lassen sich dann bequemer schleifen. Sind die Leisten aber geleimt, bedeutet das in der Regel Flurschaden, wenn man sie abnehmen will - es gibt Bruch und schräge Risse, was nachher viel Zuwendung beim Wiederherstellen braucht. Geleimte also besser dranlassen.
5. Kleine Risse bei entsprechender Ausrüstung und Fertigkeit mit eingeleimten Furnierstreifen ausbessern, sonst mit farblich passendem Hartwachs - aus dem Fachhandel. Hartwachs hat den Vorteil, dass es kpl. wieder entfernt werden kann, ist insgesamt leichter zu handhaben als Kitt.
Gruß Werner - und frohe Ostern!!
 
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