Wie funktioniert eigentlich Holzleim?

haass

ww-robinie
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Hallo,
Mal eine Verständnisfrage:
Nach welchem Prinzip funktioniert eigentlich Holzleim?
Es soll ja eine dichte Fuge gebildet werden und beide Teile sollen fest zusammengedrückt werden (Zwinge o.ä.).
Dabei wird der Leim ja aus der Fuge gequetscht.
Entweder soll er hierdurch in die Poren der Hölzer gedrückt werden und so beide Holzteile verbinden
Oder
Soll er eine Schicht zwischen den Hölzern bilden, die die Teile verbindet?
Dann dürfte der Pressdruck aber nicht so hoch sein.
Vielleicht kann mir einer Profis das Leimprinzip erklären.
Jedenfalls schon mal danke dafür.
Heiner
 

Gast aus Belgien

ww-robinie
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Hier liefert Deine Frage beim Gockel eingegeben ergiebig Lesematerial, eine einfach zu verstehende Erklärung wäre zum Beispiel diese:

Auftragen, zusammenpressen, abwarten – fertig! Moderner Holzleim ist ohne große Vorbereitung einsetzbar und verbindet schnell und zuverlässig. Warum ist das so? Wie funktioniert Holzleim eigentlich?

Der Begriff Leim umfasst alle in Wasser löslichen Klebstoffe. Der eigentliche Kleber bestand früher aus organischen Materialien – etwa Tierknochen, Fischresten oder Hasenfellen – in heute üblichen Holzleimen ist ein Kunstharz in Wasser dispergiert.

Da Holzleim rein physikalisch durch die Verdunstung des enthaltenen Wassers aushärtet, gibt es keine Probleme mit frei werdenden Chemikalien oder Gerüchen – dafür erreichen Leimverbindungen aber keine hohen Zugscherfestigkeiten und sind nicht wasserbeständig. Leim ist für die Verbindung innen genutzter Holzbauteile vor allem deshalb ideal, weil er mit dem Werkstoff Holz und dessen Verarbeitung gut harmoniert. So gewinnen verleimte Schlitz- und Zapfen-Verbindungen eine zusätzliche Festigkeit, weil das im Leim enthaltene Wasser das umgebende Holz während der Aushärtung etwas quellen lässt – die Verbindung wird dadurch besonders „dicht“. Das funktioniert auch bei Verbindungen mit Rund- und Flachdübeln aus Holz – letztere bestehen aus stark verpressten Holzschnipseln, die das Wasser aus dem Leim durch Aufquellen besonders gut aufnehmen sollen.

Klebstoffe im Leim

Der eigentliche Klebstoff des Holzleims – Polyvinylacetat – weist in seiner Molekularstruktur außerdem sogenannte bipolare Stellen auf, die sich bevorzugt an den polaren Stellen der Zellulose des Holzes anlagern – auch dieses Phänomen sorgt für eine besonders innige Verbindung zwischen Holz und Holzleim. Die molekulare Verzahnung zwischen Leim und Holzfasern funktioniert aber nur dann optimal, wenn die Leimstelle bei der Trocknung zusammengepresst wird – wobei die Leimfuge durch die Wasserabgabe des Leims um etwa die Hälfte schwindet. Schon deshalb gehört die Schraubzwinge zur Grundausstattung jeder Holzwerkstatt. Der für eine optimale Leimverbindung erforderliche Pressdruck beträgt wenigstens rund fünf Kilogramm pro Quadratzentimeter, diese Belastung soll möglichst gleichmäßig auf die Leimstelle aufgebracht werden. Gepresst wird mindestens so lange, bis der Leim abgebunden hat.
 

carsten

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Hallo

um es wirklich zu verstehen muss man vermutlich Physiker oder Chemiker sein.
Es ist jedenfalls eine Frage von Adhäsion (Anhangskraft) und Kohäsion Zusammenhangskraft.
Und sihe da wenn ich bei Adhäsion im Wikipedia unter Kelbstoffen nachlese sthet da doch tatsächlich "Die Vorgänge bei der Adhäsion sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Sie gestalten sich besonders schwierig, weil die Abhängigkeiten zwischen den Klebstoffsystemen und den verschiedenen Fügeteiloberflächen sehr komplex sind."
Aber der Rest des Wikipediaartikels ist recht verständlich gehalten.
Adhäsion ist für die Haftung des Klebers AUF der Fläche verantwortlich.
Die Kohäsion für die Haftung des Klebers untereinander zuständig
 

WinfriedM

ww-robinie
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Soll er eine Schicht zwischen den Hölzern bilden, die die Teile verbindet?
Dann dürfte der Pressdruck aber nicht so hoch sein.

Auch bei hohen Pressdruck wirst du nicht den ganzen Leim herauspressen. Es reicht eine dünnste Leimfuge. Bei Holz hast du es auch nicht mit einer glatten Oberfläche zu tun. Unter dem Mikroskop sieht so eine Oberfläche stark strukturiert aus. Auch as verhindert, dass du den ganzen Leim herausdrücken könntest.
 

Krummer Nagel

ww-eiche
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Wir haben immer gelernt: Je dünner die Leimfuge, desto besser ist die Tragfähigkeit.
Daher ist der Preßdruck beim Verleimen auch wichtiger als die Preßdauer.
Außerdem werden deswegen auch die zusammenzufügenden Hölzer auf der Leimfläche gehobelt(geglättet).
 

Harold

ww-nussbaum
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Weitere (Chemiker-)Stichworte wären:

-Van der Waals Wechselwirkung

-Wasserstoffbrückenbindung

-Dipolwechselwirkung

Falls man sich das ganze auf Molekularer Ebene vorstellen möchte und Begriffe wie Adhäsion und Kohäsion noch zu abstrakt findet.
 

zündapp

Gäste
Hallo liebe Holzwerker

Eine gute Frage und gute Antworten. Wenn man versteht was man tut, werden Arbeit und Ergebnisse besser.
Mir hats geholfen, danke dafür.

Viele Grüße

Wolfgang
 

magmog

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guude,

ein Dispersionsleim besteht vereinfacht aus Partikeln, die eigentlich sehr intensiv aneinanderhängen und auch sehr gerne an Holz anhaften. Das vorzeitige Aneinanderhängen wird durch das Wasser, das zwischen die Partikel eingerührt ist, verhindert.
 

Komihaxu

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WinfriedM

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Interessant, dass extremes Verzwingen zu etwa 20% Verlust in der Belastung führt. Ich vermute aber mal, das hängt auch stark davon ab, wann man zwingt. Wenn der Leim erstmal 2 Minuten angezogen hat und man gibt dann erst die Kraft über die Zwingen drauf, wird man wohl wesentlich weniger Leim verdrängen können, als wenn man sofort anzwingt.
 
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