Hallo,
habt ihr auch den Eindruck, das heutige Möbel immer primitiver und kurzlebiger gebaut werden. Hauptsache die Optik ist perfekt und passt zum momentanen Trend und Fertigstechnologie. Die Qualität ist schon lange auf der Strecke gebliegen. Eine gedübelte Spanplattenecke wird schon als Qualitätsmerkmal verkauft. Dabei haben unsere Vorfahren uns doch gezeigt wie langlebige Möbe konstruiert und gebaut werden.Da braucht es keinen Desinger der die Trends vorgibt, die Form und Gestaltung ergibt sich aus der Konstruktion und der Liebe zum Material und der Freunde an der Arbeit.
Dadurch könnte sich der Schreiner abheben von der Masse, nicht Quantität sondern Qualität ist gerade heute im Zeitalter der Resourcenverknappung angesagt. Statt desser entwickelt sich der Schreiner zum Abhängigen seiner Fertigungstechnologie bzw der kleine Betrieb zum Vertriebs und Montagtebetrieb mit zunehmender Abhängigkeit.
Wie ist eure Meinung?
Gruß Georg
Zunächst einmal, was ist Qualität?
Wenn der Kunde zufrieden ist. Punkt.
Qualität definiert sich also nach dem Bedürfnis des Auftraggebers.
Dann die Frage welche Möbel werden primitiver? Wohl eher die Massenware von der Stange. Toll waren die aber noch nie, eher eine Art Rache der Möbelindustrie. Schön findet die bei freier Auswahl wohl kaum jemand, eher haben sie die Daseinsberechtigung in mangelnder Kaufkraft begründet.
Solche Möbel werden nie besser werden, das würde aufgrund von Rationalisierung (wobei auch das Design aus Entwicklungskostengründen vernachlässigt würde ) gegen das Wirtschaftprinzip verstossen.
Jetzt gibt es zwei Sorten: Die einen rennen ins SB-Haus, die anderen können aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation entweder ins bessere Möbelhaus oder wagen den Gang zum Tischler. Das setzt allerdings ein gewisses Maß an Interesse an der Sache vorraus. Ich glaube die Mehrzahl juckt es nicht ob ein Schubkasten gezinkt ist oder nicht. Dazu ist ein elitäres Denken notwendig.
Die meisten brauchen einfach nur Möbel. Jetzt grenzt man sich aber ab. Jemand mit Spucke auf dem Konto (persönlicher Berufsstand) und einem vielleicht damit verbundenem Anspruch an Ästhetik für seine unmittelbare Umgebung ist von Grund auf mehr bereit zu zahlen. Also geht er dorthin wo der Preis verlangt wird.
Ob das Erworbene besser oder schlechter ist entzieht sich mangels Fachkompetenz seiner Kenntnis. Vielleicht sieht es auch nur schöner. Also ist es für ihn in diesem Fall besser.
Klassisches Preis-Targeting wie im Supermarkt.
Qualität hat nichts mit Massivholz oder Zinken zu tun.
Man kann super Schübe ohne Zinken herstellen die trotzdem halten. Natürlich sind Zinken schöner.
Man kann Spanplatte furnieren (in diesem Fall Starkschnitt), sodass eine spätere Restauration des Möbels noch rentabel ist.
Aber das ist eine Aufgabe für den selbstständigen Tischler, denn der muss es seinen Kunden plausibel verkaufen können.
In manchen Fällen wird das gegenüber Modell 08/15 preislich in der Herstellung den Kohl nicht fett machen. Andere Änderungen widerum lassen den Endpreis explodieren.
Man kann von Glück sprechen dass es noch niedriges Niveau gibt. Dann werden auch bessere Arbeiten noch besser entlohnt. Wenn die Messlatte stetig steigt fallen auch die Preise.
Sind wir als Tischler froh dass die Industrie (vor allem ein spezieller Branchenprimus aus Skandinavien) nicht ihr komplettes Potential ausschöpft und das Maximum fährt.
Welche Tischlereien haben eine Lackierstrasse oder können fehlerfrei lackieren?
Wer produziert solche Massen, sodass selbst gravierende Qualitätssteigerungen (mal ordentliche Schubkastenböden, vernünftige Rückwände, bessere Verbindungsbeschläge, besseres Trägermaterial, bei Materialauswahl immer den Trend vorgeben) nicht sonderlich ins Gewicht fallen würden?
In welcher Unternehmensform ist es fast Rille ob er bei Massivholzschränken in Plattenbauweise Dübel und Verbinder auf der CNC einbohrt oder eine Gratnut fräst?
Dagegen hilft nur die Individualität, die eigene Handschrift des Tischlers.
Das funktioniert aber bei Normalkunden (also diejenigen ohne Geschmack) auch nur solange bis andere nachziehen.
Sind wir also froh dass die Möbel (von der Stange) immer schlechter werden.
Zum Schluss noch ein Gedankenspiel:
Gehen wir mal davon aus ein Grossteil des Kundenstammes der Tischlereien wollte auf einmal nur noch Massivholzmöbel, am besten rund, Formverleimte Türen mit Hochglanzlackierung.
Wie würde das wohl enden wenn das Level ein gutes Stück für alle nach oben gehen würde?