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November 2017
Schmuckstück für Schmuckstücke
Hannah Prinz tischlert sich beim Wettbewerb »Die Gute Form – Tischler gestalten ihr Gesellenstück« in NRW auf den ersten Platz
Bilder: Bettina Engel-Albustin
Ein Schmuckstück für Schmuckstücke: Hannah Prinz hat mit ihrem Gesellenstück den Landeswettbewerbs „Die Gute Form 2017“ gewonnen. Die Preise wurden diese Woche im Rahmen der Messe Mode Heim Handwerk in Essen verliehen, wo 46 Gesellenstücke aus ganz NRW auf dem 750 Quadratmeter großen Messestand des Fachverbandes Tischler NRW noch bis zum 19. November 2017 zu sehen sind.
Die 24-jährige Tischlerin aus Bergisch Gladbach hat ein ruhiges, ein sanftes Möbel konstruiert – in der Ausstellung zwischen den anderen Gesellenstücken wirkt es fast ein bisschen unscheinbar. Umso herausstechender ist aber die Konstruktion des Möbels aus verdichtetem Lanisor-Filz und geseifter Weißtanne: »Mutig hat Hannah Prinz die eingeführten Pfade üblicher Korpusbauweise verlassen und mit überzeugendem Ergebnis Neuland betreten«, lobt die Jury. Auf einer Wandkonsole ist innen eine Tragplatte montiert, auf der die beiden seitlichen Auszüge geführt werden. Umschlossen wird die Konstruktion von einer freitragenden Hülle aus Filz, die lediglich vorne sichtbar mit drei Schrauben fixiert ist und die wie nebenbei die Schubkästen führt. Die Begriffe »Bewahren« und »Halten« spielten für Hannah Prinz bei der Konstruktion ihres Gesellenstücks eine entscheidende Rolle. Dies spiegelt sich in der textilen, aber doch sehr stabilen Schutzhülle aus Filz wider.
Orientalischer Genuss belegt Platz 2
Mit ihrer »Mokka-Bar« landete Kader Arslan aus Gelsenkirchen (Ausbildungsbetrieb: Droste Werkstätten, Gelsenkirchen) auf dem zweiten Platz. Die 25-Jährige mit türkischen Wurzeln trinkt leidenschaftlich gerne Mokka und hat sich daher mit ihrem Gesellenstück ganz der Zubereitung des orientalischen Getränks gewidmet. »Mir ging es dabei auch darum, traditionelle und moderne Elemente zu verbinden«, sagt Kader Arslan. So sind die Beschläge und das Gestell in mattem Messing gehalten. Aus dem Material werden noch heute die traditionellen Mokka-Kännchen hergestellt. Modern gestaltet sind dagegen die diamantförmigen Furnierintarsien auf den Türblättern, die mit Holzarten wie Eiche und Wenge zudem in Mokkatönen gehalten sind. Beeindruckt hat die Jury vor allem auch die Sorgfalt und Hingabe, mit der sich Kader Arslan ihrem Möbel gewidmet hat. So hat sie beispielsweise zu ihrer Mokka-Bar ein aufwändiges Booklet gestaltet. »Der einfach konstruierte Korpus mit aufschlagenden Fronten ist modern zu verstehen«, heißt es im Urteil der Jury. »Die Genauigkeit, mit der die Messingbeschläge Akzente setzen, verrät großes Können.« Vor ihrer Ausbildung hat die 25-Jährige ein Bachelorstudium in Innenarchitektur absolviert und schließt nun ein Masterstudium an. »Die Praxiserfahrung hilft dabei auf jeden Fall«, sagt Kader Arslan, die sich gerne eine eigene Werkstatt aufbauen möchte.
Platz 3 für einen Schreibtisch mit klarer Linienführung
Jakob Emundts aus Aachen sicherte sich mit einem Schreibtisch den dritten Platz. Der 23-Jährige machte in der Tischlerei Brammertz seine Ausbildung und dachte bei seinem Gesellenstück vor allem praktisch: »Ich hatte bislang einen ziemlich hässlichen Schreibtisch«, sagt er schmunzelnd. Sein Tisch aus massivem Ahorn und Linoleum kann auch als Esstisch verwendet werden. Die Jury lobte vor allem die hohe Präzision im Zusammenspiel mit hoher Designqualität sowie die klare Linienführung: »Noch schmaler in der Höhe kann eine Zarge mit integriertem Schubkasten kaum ausgeführt werden. Ein zeitlos schönes Stück.«
Drei Belobigungen
Neben den drei Siegern zeichnete die Jury drei weitere Stücke mit Belobigungen aus: Eine Belobigung erhielt Nikolas Miranda aus Arnsberg (Ausbildungsbetrieb: Fabri GmbH & Co. KG, Meschede) für seinen Schreibtisch aus eigenhändig gekohlter Kiefer. »Der sehr gelungene Öffnungsmechanismus verrät die intensive Auseinandersetzung mit den technischen Möglichkeiten, zu denen nur gelangt, wer die eingeführten Beschlaglösungen hinter sich lässt«, hebt die Jury die im Tisch integrierte Klappe hervor. Eine weitere Belobigung ging an den Kölner Immanuel Lang (Ausbildungsbetrieb: Janvier + Link Möbelwerkstätten, Bergisch Gladbach) für sein Sideboard »Forte«, das ebenfalls durch einen faszinierenden Öffnungsmechanismus hervorsticht. Vertikale Stäbe, durch Mitnehmer verbunden, öffnen sich bei diesem Gesellenstück wie eine Reihe fallender Dominosteine mit der Präzision einer Klaviermechanik. Der Atelierschrank für Näharbeiten von Annabelle Huhle aus Porta Westfalica (Ausbildungsbetrieb: Möbeltischlerei Fabry GmbH & Co. KG, Hille) erhielt ebenfalls eine Belobigung. »Das große naturbelassene Nussbaumbrett erinnert in seiner Gestalt an einen Torso, dem das untergestellte mobile Fußgestell vollends zur Anmutung einer Schneiderpuppe verhilft«, sagt die Jury über das Stück, hinter dessen wuchtiger Front sich ein praktisch eingerichtetes Nähschränckchen verbirgt.
Chancen beim Bundeswettbewerb
Experimentieren, kreatives Potenzial fördern und fordern – das ist das Ziel des Gestaltungswettbewerbes „Die Gute Form“. Seit mehr als 30 Jahren zeigt das Tischlerhandwerk in NRW mit dem Wettbewerb und einer Ausstellung der prämierten Gesellenstücke, wie gestalterisch begabt die Nachwuchskräfte sind. Die drei Sieger dürfen sich über Geldpreise in Höhe von 750, 600 und 500 Euro freuen. Die Siegerstücke auf Platz 1 und 2 werden zudem im März 2018 beim Bundeswettbewerb im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse in München an den Start gehen.
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