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September 2022
Wunsch nach ergebnisoffener Berufsberatung
TSD und weitere Verbände starten Branchendialog zur Fachkräftesicherung
Bild: TSD
Tischler Schreiner Deutschland zusammen und drei weiteren Berufsverbänden sowie die IG Metall haben einen Branchendialog mit Staatssekretären und -sekretärinnen aus drei Ministerien begonnen. Dabei geht es darum sicherzustellen, dass in allen im Gebäude vertretenen Gewerken gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Wie Tischler Schreiner Deutschland berichtet, schlug TSD-Präsident Thomas Radermacher als erste Maßnahmen ein ressortübergreifendes Umdenken in der Schulpolitik und eine bundesweite Studien- und Berufsorientierung vor, die gleichberechtigt und ergebnisoffen über berufliche und akademische Bildungspfade informiert – auch an Gymnasien.
Zudem unterstrich Radermacher die Notwendigkeit flexibler Förderverfahren: »Wenn sich im Laufe der teils langwierigen Antragsverfahren für ein förderfähiges Bauvorhaben – wie zum Beispiel der Erweiterung oder Modernisierung einer Bildungseinrichtung – die Baukosten aufgrund externer Faktoren, die der Antragsteller nicht zu verantworten hat, massiv erhöhen, gibt es aktuell keine Möglichkeit nachzusteuern.« Auch das, so Radermacher im Nachgang des Treffens, behindere letztendlich die Vermittlung »profunder Fachkenntnisse«.
Ein weiteres Thema, dem sich die Runde intensiv widmete, betraf die Frage, wie Förderung und Tarifbindung miteinander zu verbinden seien. Hier vertritt die Fachkräfteinitiative der Ausbauhandwerke die Auffassung, dass gute und tariflich abgesicherte Arbeits- und Ausbildungsbedingungen ein Schlüssel in der Fachkräftesicherung sind. Gleichzeitig warben die Sozialpartner für den Gedanken, dass vor allem Ausbildungsbetriebe, die aufgrund ihrer Tarifbindung bereits eine gewisse Vorbildfunktion einnähmen, Vorteile durch Entlastungen oder bei Förderungen genießen sollten.
»Insgesamt habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich die Ressorts durchaus offen für unsere Vorschläge gezeigt haben«, konstatiert TSD-Hauptgeschäftsführer Martin Paukner. Er ist zuversichtlich ist, dass der Branchendialog auch bei der Bündelung der unterschiedlichen politischen Initiativen unterstützen wird, um das Thema zielgerichtet weiter voranzubringen.
Zum Hintergrund der Fachkräfteinitiative erklärt der Tischlerverband mit, dass bereits heute in den Ausbauhandwerken bis zu 190.000 Fachkräfte fehlten. Diese würden aber dringend benötigt, um den bestehenden Sanierungsstau bei den 19,2 Millionen Wohngebäuden zu bewältigen. Durch mangelnde Sanierungen – zum Beispiel im Fensterbereich – und veralteter Energietechnik seien die Wohngebäude für bis zu 30 Prozent der Treibhausgase in Deutschland verantwortlich. Die Bundesregierung habe im Gebäudesektor die Klimaziele 2020 und 2021 deutlich verfehlt. Gleichzeitig droht die Verteilung der Transformationskosten die angespannte Situation sozial zu verschärfen.
Im Vorfeld der Fachgespräche mit den politischen Spitzen, die nun begonnen haben, hatten die Verbände fünf Forderungen erhoben, die nun weiter konkretisiert wurden.
Der Wortlaut des Forderungskatalogs:
»1. Ausbildung und Qualifizierung: Berufsschulen, Kompetenzzentren und Bildungseinrichtungen des Handwerks arbeiten bereits heute personell und technisch an der Belastungsgrenze und brauchen bessere Ausstattungen. Die Politik muss für eine Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung sorgen. Alle beruflichen Bildungswege verdienen ein Klima der Wertschätzung. Dafür brauchen wir eine bundesweite Studien- und Berufsorientierung, die gleichermaßen und ergebnisoffen über berufliche und akademische Bildungspfade informiert – und das flächendeckend an allen allgemeinbildenden Schulen, auch an Gymnasien. Zudem ist ein Ausbau des Aufstiegs-BAföGs und die Freistellung von Kosten für Fort- und Weiterbildungen – wie zum Beispiel die Meisterausbildung – notwendig und es muss in die technische Ausstattung investiert werden.
2. Sofortprogramm: Die Bundesregierung ist aufgerufen, Energieeffizienz, die Dekarbonisierung der Wärmenetze und ein neues Gebäudeenergiegesetz mit konkreten Zielen und Zahlen zu hinterlegen. Dazu zählen klare Umsetzungsschritte und verlässliche Sanierungsförderungen. Zudem muss die Politik – im Zuge ihres Monitorings zur Umsetzung der Klimaziele – auch die Fachkräftesituation kontinuierlich und transparent bewerten. Dazu sind verlässliche Modelle zu erstellen, mit welchen innovativen und neuen Technologien die Energiewende umgesetzt werden soll und welcher Fachkräfte- und Qualifikationsbedarf sich daraus ableitet. Nach Erfassung der erforderlichen Schlüsselkompetenzen sind zunächst bedarfsgerechte Aus- und Weiterbildungsangebote zu schaffen.
3. Digitalisierung: Dringend erforderlich für die gebäudetechnischen und Ausbauhandwerke sind optimale, digitale Ökosysteme zur Vernetzung von Handwerkern und weiteren Akteuren wie Energieberatern, Genehmigungsbehörden und Fördermittelgebern, um effizient und fachübergreifend zusammenarbeiten zu können. Arbeiten 4.0 bedeutet dabei auch, auf den Demografie- und Strukturwandel angemessene Antworten zu finden. Dazu gehören zum Beispiel angemessene tarifpolitische Reaktionen auf Aspekte der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Hierbei müssen insbesondere der Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie das Thema altersgerechtes Arbeiten im Fokus sein.
4. Tarifbindung: Die Fachkräftesicherung im Handwerk gelingt insbesondere mit guten und tariflich abgesicherten Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Für einen fairen Wettbewerb müssen deshalb staatlich geförderte Sanierungsmaßnahmen an die Tarifbindung der Unternehmen gekoppelt werden.
5. Branchendialog: Tischler Schreiner Deutschland setzt auf den Branchendialog mit der Politik, um belastbare Vereinbarungen im Sinne der Fachkräftesicherung und der Klimaziele zu treffen.«
vz
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