Gibt es natürliche Sikkative? (Leinöl, Tungöl)

MWX

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Hey Ho!

Ich überlege mir gerade ein Rezept für eine Ölmischung ohne Leinöl, oder Eine, die zumindest nicht auf die Leinöl-Art und Weise anfeuert.

Da bin ich recht schnell über Tungöl gestolpert. Würde es u. A. mit Orangenöl verfeinern und da kam die Frage:

Zieht das Öl durch die Zugabe von Orangenöl „nur“ tiefer ein oder wirkt es als Sikkativ?
Also das es beim Ausdunsten das Öl oxidieren lässt.. oder so wie ich mir das bei Sikkativen vorstelle?

Lieben Gruß und schönen Feierabend wunsche ich! :emoji_grin:
 

inselino

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Das sind zwei unterschiedliche Dinge.
Die Aushärtung von Tungöl oder Leinöl läuft über "Polymerisation" also im Prinzip trägst du die ganzen Öl-Moleküle auf die Oberfläche auf und die packen sich alle an den Händchen und je größer die Ketten und Netzwerke werden, die so entstehen desto weiter härtet es aus, bis irgendwann mal alles vernetzt ist. Dieses an den "Händen halten" braucht grundsätzlich erstmal Luftsauerstoff damit es klappt aber selbst dann braucht es noch recht lang.
Daher werden oft Sikkative zugesetzt um die Vernetzung zu Beschleunigen, so z.B. oft in Leinöl-Firnis. Es gibt aber auch eine Art das ganze zu beschleunigen ohne Zusätze nämlich durch das kochen des Öls. Dabei bilden sich quasi erste längere Ketten und kleine Netzwerke die sich aber noch auftragen lassen, dann aber entsprechend schneller aushärten.

Wie tief das Öl ins Holz zieht hängt unter anderem von der Viskosität also der Zähflüssigkeit ab. Und die setzt man meines Wissens mit Orangenöl herunter und dadurch soll es tiefer einziehen. Ob es das braucht steht aber meines Wissens nach öfter mal zur Debatte.
Orangenöl ist dabei ein Zusatzstoff der natürlich vorkommt, es gibt aber auch synthetische Möglichkeiten z.B. Ballistol.
Diese Zusätze helfen aber meines WIssens nach nicht beim Aushärten.
 

carsten

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Hallo

als Sikkative kenne ich eher Cobalt oder Manganverbindungen
Orangenöl kenne ich als Verdünner. Ob Öl dadurch wirklich tiefer eindringt oder es eher am Holz liegt, da ist mehr Glauben und Fühlen dabei als Wissen. Auf jeden Fall ist es ein Stoff auf den viele Menschen allergisch reagieren.
 

teluke

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Ich verwende Orangenöl als Zusatz wenn ich Wachs koche.
Aber nicht um damit irgendwelche Eigenschaften zu verbessern sondern den Geruch.
 

joh.t.

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Ot Ich greife auf Hartöl aus dem Handel zurück.
Selbst machen kostet zuviel Zeit und ist dem Kunden nicht darstellbar.
Natural verwendet keine Erdölchemie.
Ich bezweifle, dass man als Privatier die Leinölqualitäten bekommt, die die Ökohersteller beziehen .

Ausserdem wenn ich dem Kunden sage geölt ist es für den sowieso öko.
Der will ordentliche Eigenschaften.
Den intetessiert nicht, das Remmers etc chemisch modifiziert sind.
Der liest nicht die Tm der Öle meines Herstellers.
Das machen nur die Superökokunden, da Auro Natural etc. Denen ist dann egal, das es nicht so strapazierfähig ist wie Lack.
Da fragt keiner nach der Prozesskette.
 
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inselino

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Ich benutze auch zu 90% Hartöl aus dem Handel. Ausnahme ist Holz wo wirklich lang und auch mal dauerhaft Essen drauf liegt ergo Schneidebretter oder Kochlöffel (wobei ich letztere einfach unbehandelt lasse). Da benutze ich gekochtes Leinöl, das habe ich irgendwo bei so einer brandenburgischen oder sächsischen Leinölproduktion gefunden und habe extra nochmal nachgefragt, dass das auch sicher ohne Zusätze ist.
Wenn von Nöten kann ich auch den Namen nochmal raussuchen.
 

MWX

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Ok vielen Dank für die guten Informationen.
Ich denke, dass ich mal Tungöl bestelle und ein paar Vergleiche mache.
Beschleunigt Wärme die „Polimersation“?
Will nach voller Sättigung ausschließen, dass es bei späterer Sonneneinstrahlung oder Hitze „nachfettet“.
 

MWX

ww-fichte
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Wenn ihr die Frage hier noch gestattet ist, falla ja:
Welche Ausback-Temperatur könnte da gehen? Glaube mal was von 50-60° gelesen zu haben.
Wobei ich dann noch nicht weiß wie lange es backen muss. Die Teile passen in einen Backofen.
 

zaunpfahl

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Bezüglich gekochtem Leinöl bzw. Leinölfirnis ohne Zusätze bin ich beim toom Baumarkt fündig geworden.
Hier.
War jedenfalls Geruchsmäßig tatsächlich angenehm, da reagiert meine Familie bei anderen Produkten empfindlich. Ich fand das Produkt vom toom auch angenehm und werde es wieder nehmen.
Sorry dass es an der ursprünglichen Fragestellung vorbei geht, nur weil hier gerade der Austausch bzgl. zusatzfreien Leinöl Produkten da war.
 

fahe

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Da benutze ich gekochtes Leinöl, das habe ich irgendwo bei so einer brandenburgischen oder sächsischen Leinölproduktion gefunden und habe extra nochmal nachgefragt, dass das auch sicher ohne Zusätze ist.
...da hier schon relativ häufig u.a. von mir geradezu elogenhaft besungen, ist Dir die Suche nach der Farbmanufaktur Werder hoffentlich nicht so schwer gefallen. :emoji_wink:

Leider hat er keinen Nachfolger gefunden... und die Farbmanufaktur ist schon jetzt so gut wie Geschichte.

Noch existieren Website und Shop (auch wenn's dort nichts mehr zu kaufen gibt... und für Neukunden schon gar nicht...), gibt es dort viel lesenswertes Wissen.
 

fahe

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Wenn ich das technische Merkblatt richtig lese, sind aber leider - trotz der Angabe "reines Leinöl" - Sikkative beigemischt... Oder verstehe ich da etwas falsch?
...ist ja auch Firnis. Genauer gesagt: normaler Leinölfirnis. Das bioblabla Marketinggewäsch da ist imho genau das.
 

seschmi

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Also wenn Du keine Anfeuerung und keine Sikkative willst, warum dann Öl? Ich würde dann einfach Lack nehmen, oder Wachs, wenn es wenig beansprucht ist.

Das Angebot an fertigen Produkten ist ja riesig, und da steckt ja auch einiges Know-how drin. Selber machen macht Spaß, aber die Chance, als Anfänger etwas zu finden, was noch keiner geschafft hat, ist realistisch nicht sehr groß.

Warum möchtest Du keine Sikkative? Das sind ja heute ziemlich ungefährliche Manganverbindungen. Die Zeiten, wo da Blei drin war, sind lange vorbei.

Es gibt Öle mit „Natureffekt“, zum Beispiel von Remmers. Die enthalten dann aber Anteile von Alkydharz oder PU, sind also wieder nahe an einem Lack, aber mit der Haptik eines Öls.
 

inselino

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Hm ist das so? Ich dachte immer Firnis ist eine generelle Bezeichnung für behandeltes Leinöl welches schnell aushärtet. Egal ob durch kochen oder Sikkative.
Aber vielleicht liege ich da auch falsch und Firnisse sind immer mit Sikkativen.
 

fahe

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...imho ist entschleimtes, entsäuertes und physikalisch gereinigtes/gebleichtes Leinöl erst einmal Lacköl.
Soll es Standöl werden, wird es unter Sauerstoff bei 200-330 Grad gekocht.
Soll es Firnis werden, werden Sikkative zugesetzt.

In Eurem Institut habt Ihr ja vielleicht einen Zugang zur DIN-Sammlung. Genau beschrieben sollte das in DIN EN 150:2007 sein.


Ich der letzte 5-Liter-Kanister sikkativfreies Lacköl ist angebrochen, die Citrusterpene geht zur Neige, der geile Tungöllack dito.
Ich traure wirklich sehr um die ehrliche und preiswerte Farbmanufaktur von Herrn Gammelin.


Edit: ich hab' ein "a" für Suerstoff gekauft.
 
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willyy

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Ich denke, dass ich mal Tungöl bestelle und ein paar Vergleiche mache.
Beschleunigt Wärme die „Polimersation“?
Will nach voller Sättigung ausschließen, dass es bei späterer Sonneneinstrahlung oder Hitze „nachfettet“.
Tungöl habe ich auch mal probiert. Ich war damit überhaupt nicht zufrieden.
Stinkt ewig, feuert genauso an wie Leinöl, und war ewig feucht, bzw. fettet nach, wie Du es genannt hast.
Sprich das Aushärten hat bei meinem Exemplar auch Wochen gedauert.
 

fahe

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Stinkt ewig, feuert genauso an wie Leinöl, und war ewig feucht, bzw. fettet nach, wie Du es genannt hast.
...das sprichst Du aber von reinem Tungöl. Habe ich noch nie einzeln verwendet und kenne Tungöl auch nur als Bestandteil von Ölmischungen und Lacken.

Gammelins Tungöllack, von dem ich oben gesprochen habe, bestand/besteht aus Tungöl, Lackleinöl und Lacklein-Standöl.

Ich hab' den Eindruck, dass man dem bei der Polymerisation fast zusehen kann.
1694764661851.png
Erinnert mich wieder: Ich muss die Reste dringend umfüllen...

Jürgen (?) Gammelin schreibt auf dem Etikett selbst, der trockne "...bedeutend schneller und härter als ein Lackleinölfirnis..." Würde ich so unterschreiben.

Gibt's leider nicht mehr.

1694764763384.png
 

inselino

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In Eurem Institut habt Ihr ja vielleicht einen Zugang zur DIN-Sammlung. Genau beschrieben sollte das in DIN EN 150:2007 sein.
Das was du schreibst ist ja in der von dir bereits erwähnten Farbmanufaktur genau so aufgeführt.
https://www.farbmanufaktur-werder.de/catalog/product_info_texte.php?text_id=67
Mir war die DIN bisher noch nicht über den Weg gelaufen habe aber gerade mal durchs Internet geschaut und Kluthe schreibt von "Leinölfirnis ist doppelt gekochtes Leinöl nach DIN 55932 was die alte Norm ist. Da steht nichts von Sikkativen zumindest die neue Norm sieht das aber dafür vor.
https://cdn.hornbach.at/data/shop/D04/001/780/493/608/29/5083003_Doc_01_DE_20131209194649.pdf

Am Ende muss das jeder selber wissen. Ich versuche im direkten Lebensmittelbereich auf Sikkative zu verzichten und nehme gekochtes Leinöl und bei allem anderen Leinölfirnis mit Sikkativen.
Beschleunigt Wärme die „Polimersation“?
Ja Wärme beschleunigt die Polymerisation allerdings dürfte das nicht relevant sein für deine Anwendung. Also wenn du die Trocknungszeit von 4 WOchen auf 2 Wochen reduzierst aber dafür das Werkstück konstant bei 30-35 Grad halten müsstest wäre das ähnlich blöd zu realisieren (ganz grob abgeschätzt nach RGT Regel, 10°C mehr sind doppelte Reaktionsgeschwindigkeit)
 
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SebastianThiel

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Reines Tungöl braucht ewig zum "trocknen" aber ich finde die Oberfläche danach extrem Wasser resistent.
Bei meinem Eichentisch, hätte ich keine Bedenken, dort ne kleine Pfütze ein paar Stunden stehen zu lassen.
Ich habe dort aber auch 3 Schichten drauf. Wird dann leicht glänzend in Richtung Lack/Lasur - muss man selber einfach mal machen und schauen, ob es einem gefällt.
Achja, pro Schicht bitte nur sehr wenig nehmen und Geduld mitbringen.
 
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MWX

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Ziel ist, die wichtigsten Mittel zu kennen und deren Verarbeitung zu lernen.

Wenn ein Fertigprodukt eingestellt wird, suche ich wieder was neues. Bei manchen steht ja überhaupt nicht mehr was drin ist.
Wie man bei Tungöl sieht, weiß irgendwann keiner mehr wie weit man aneinander vorbeiredet, weil zwischen 2-100% Tungöl in den Mittelchen sind. Das ist nicht öko, ich will nur wissen was ich habe.

Es soll alles für dauerhaften Hautkontakt geeignet sein. Da will ich genau wissen was drin ist und nicht nach Norm x ist es für Kinderspielzeug geeignet, wenn das Kind keine Zähne hat und 2 Minuten drauf kaut, löst sich kein Drechszeug oder solche Geschichten. Unbedenkliche Sachen nehmen und gut.
Die kommen in Punkten vielleicht nich an Industrielacke ran, müssen die bei mir auch nicht.

Die Informationen zur Polymersation habe ich gesucht, vielen Dank!

Den Rest werde ich testen, die Zeit nehme ich mir.
 
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