Habe mich in einen Schrank verliebt ....

Highlight

ww-pappel
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Hallo zusammen :emoji_slight_smile:

Möbel habe ich bisher nur wenige restauriert. Da ich mich gestern in einen alten Schrank verliebt habe, muss ich nun die "Konsequenzen" tragen und ihn auffrischen. Das Schätzchen ist über 200 Jahre alt und passt perfekt in unser 300 Jahre altes Knusperhäuschen.

Vielleicht lese ich ja hier von Euch ein paar Tipps? Würde mich freuen, wenn ich aus Euren Erfahrungen lernen könnte, denn ich möchte keine Fehler machen, die nicht rückgängig zu machen wären....
Ich möchte den Schrank (Kiefernholz mit Original-Bemalung von 1807) ) nur so weit restaurieren, wie nötig, da er weitestgehend unverfälscht und original bleiben soll. Ich möchte ihn z.B. auf keinen Fall komplett übermalen!

Bisher kenne ich den Schrank nur anhand von Fotos, doch er wird in ein paar Wochen auf dem Weg hierher sein. Das ist er:





Unterhalb der Schublade unten fehlt offensichtlich ein Stück Holz. Wie schaffe ich Ersatz dafür, sodass die Reparatur unauffällig ist?

Die Bemalung wirkt auf mich recht gut erhalten.




Nur auf der linken Seite ist sie im unteren Bereich ausgeblichen:


* Kann mir jemand sagen, wie ich die Bemalung wieder hervorhole?
* Ich habe gehört, dass dies mit Leinöl gehen könne, da die Farben hierdurch wieder aufgefrischt werden? Ist das richtig??
* Doch wenn dies nicht klappt, kann ich eine Bemalung in diesem Bereich ja nicht mehr vornehmen...?
* Und wenn ich bemalen muss, welche Farben nehme ich da? Ursprünglich wurden damals so appetitliche Dinge wie Ochsenblut verwendet :eek: ? Gibt es Alternativen? Wenn ja, welche?
*Die Bemalung selbst traue ich mir zu, ich habe ein Händchen für solche Dinge. Ist höchstens noch die Frage, was es zu beachten gibt, z.B., dass es nicht auffällt, dass "neu" übermalt wurde in diesem Bereich.


Auweija, so viele Fragen.... wer erbarmt sich?
 

Shriner

ww-eiche
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An diesem Schrank würde ich gar nichts machen.

Lass original, was original ist, alt, was alt ist, und lass fehlen, was fehlt.
Alles andere wäre nachäffen.

Ein schöner Schrank.
Angesichts des Alters seien ihm manche (geringe) Mängel nachgesehen.

Glückwunsch zum Kauf.
 

Highlight

ww-pappel
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Oh, eine Antwort *freu*. Danke, Shriner. Freut mich, dass er Dir auch gut gefällt :emoji_slight_smile:. Normalerweise bin ich kein Fan von bemalten Bauernschränken, doch dieser hier hat Charme.
Am besten alles so lassen, sagst Du. Meine antiken Teddybären bleiben meist auch so, wie sie sind. Solange die Schublade sich ohne Probleme öffnen und schließen lässt, kann ich mit dem fehlenden Stück Holz gut leben (Der Schrank soll benutzbar sein, denn ich habe eine geringe Menge Klamotten unterzubringen *räusper* ).
Die fehlende Bemalung also auch so lassen.... vielleicht hast Du Recht. Jetzt bin ich hin und her gerissen. Wie sehen die anderen das? Würdet Ihr es auch so lassen, wie es ist? Bin gespannt.....
 

Tilia

ww-buche
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Hi

...auf jeden Fall kein Leinöl drauf oder sonstwas für Bemalung!

Das is ein `special case`.

Wenn Du selbst Hand anlegst machst Du wahrscheinlich mehr kaputtrepariert als alles Andere...
Pflegetips mögen auf den ersten Blick ganz gut aussehen aber in ein par Jahren....

Ein guter Restaurator in Deiner Nähe beantwortet Dir Deine Fragen direkt und macht die Arbeit in etwa zum gleichen Stundensatz wie auch ein Schreiner. Laß Dir in der Werkstatt und beim `Voranschlagsgespräch` ähnliche Referenzen zeigen!

Für weitere Tips bedarf es wohl eines Studiums
das ich einigermaßen hab
mag jetzt kein Buch hier schreiben...

Glaub auch das ist keine Kiefer...

Soweit erstmal,

Gruß, Tilia
 

welaloba

ww-robinie
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Hallo Highlight,
deinem Schrank fehlt m.E. der obere Steckkranz, ich bild mir ein, da einen schwachen Lichtrand zu sehen. Das zu ergänzen ist Geschmackssache. Für den Laien kaum machbar. Wenn du den Schrank auch so magst, solls gut sein. Das fehlende Stück Holz "unter" der Schublade zu ergänzen wäre für den Schreiner um die Ecke kein großes Hexenwerk, die Bemalung kann man zB. mit Plakafarben ergänzen. Diese lassen sich mit etwas Bitbuerger Pils zur Lasur verdünnen, ich würde (Trotz HÄndchen) Vorversuche anstellen, was die Farbtöne und die Deckkraft angeht.
Wenn trocken, einen Hauch von Schellack auftragen, um den passenden Glanzgrad zu erreichen. (Schellack macht den Anstrich etwas kräftiger, also auch hier Vorversuche auf unschuldigem Brett. Für den Laien vielleicht nicht so ganz einfach.
Ansonsten finde ich auch: Auf keinen Fall Leinöl auftragen.
Das Holz ist in dem Foto mit offener Tür als Nadelholz zu identifizieren. Wohl eher Fichte / Tanne als Kiefer.
Gruß Werner
 

FRoth5505

ww-nussbaum
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Hallo,

ich plädiere auch auf nichts machen. Im übrigen ist es wirklich möglich, dass ein Steckkranz fehlt, den ich aber nicht ergänzen würde.

Wenn du beschädigte Stellen der Bemalung ergänzen willst, würde ich empfehlen Fachbücher zu dem Thema in der Bibliothek einzusehen. Da gibt es so manchen Tip.

Grüße Frank
 

Highlight

ww-pappel
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Danke Euch für die fundierten Antworten! :emoji_slight_smile: . Ich bin deutlich schlauer als vorher und hätte ohne Euch womöglich den schönen Schrank verpfuscht. Nach einer Nacht drüber schlafen und Euren Hinweisen, Tipps und Bedenken, werde ich höchstwahrscheinlich tatsächlich alles so lassen, wie es ist. In 200 Jahren werde ich deutlich verblasster aussehen als der Schrank, also hat er sich sowiso super gehalten.
Fichte also, aha. Und ob er evt. einen Kranz hatte, schaue ich mal, wenn er angekommen ist. Dass er fehlt, stört mich nicht.
Auch wenn ich es nun doch nicht umsetzen werde: Plakafarbe mit Bitburger hört sich interessant an.... vermutlich färbt sich dann alles blau :emoji_wink:.

Viiiiiiiiielen herzlich Dank Euch allen, Ihr habt mir sehr geholfen, die richtige Entscheidung zu treffen :emoji_slight_smile::emoji_slight_smile::emoji_slight_smile:
 

bello

ww-robinie
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Gute Entscheidung, ich habe auch einige Möbel mit Bauernmalerei aus dem Fränkischen. Ich lasse sie im jetzigen Zustand.

Gruß
 

Tilia

ww-buche
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...ich nochmal und ich finde es auch eine gute Entscheidung!

Noch ein par Gedanken im Nachhinein...
Auch zu Arbeiten am Stück die man m.M. nach machen kann aber nicht muss.

Auf den Bildern sieht das gute Stück noch schön in Schuss aus... ohne es näher `unter die Lupe` nehmen zu können. Im Gesamten gibt er für mich ein gutes Gesamtbild...

Ist auch so, daß eine eventuelle voreilige unsachgemäße `Fehlrestaurierung`, wenn auch in bester Absicht, ggf. den `Marktwert` eines solchen Stückes erheblich mindern kann.

Es ist, wenn auch nicht mehr ganz komlett(Kranz), ein sehr altes Stück und durch seine schöne ländliche Bemalung m.M. nach auch als wirkliches Kulturgut anzusehen.
Glückwunsch also...ich denke Du hast Dir da ein sehr schönes und geschmackvolles Stück ausgesucht!

Sollte sich beim `live betrachten` doch herausstellen daß im Gesamten etwas Pflege oder Schutz(-firnis) angebracht wäre MUSS hier zuerst eindeutig geklärt werden welcher Art die Bemalung genau ist. Also ob z.B. mit Öl- der Temperafarben gearbeitet wurde. Erst dann ist es möglich restaurierend mit Materialien zu arbeiten die sich in den Löseeigenschaften(chemisch gesehen) vom Original unterscheiden, so daß diese sich ggf. immer wieder vom Stück abnehmen lassen ohne dabei Schaden am historischen Original anzurichten. Wer weiß schon was in 50 oder 100 Jahren mit den Ergänzungsmaterialien oder so passiert...

Die Schublade sieht mir jedoch so aus als wenn sie Arg `klemmen` bzw. `verkanten`würd und ich denke wenn Du sie nutzen willst sollte hier allerdings was gemacht werden. Eine klemmender Schub nervt gewaltig! Zudem ist dies ein `konstruktiver Schaden` der oft weitere konstruktive Schäden nach sich ziehen kann... Z.B. Ausrisse oder Ausbrüche an den Holzkanten, `Ausscheuern` an der Kante unter dem Schub bzw. Lauf-/Streichleisten,....
Ein guter Restaurator oder ein diesbezüglich erfahrener Schreiner kann da mit recht einfachen Maßnahmen Abhilfe schaffen. Allerdings haben Spaxschrauben, Weißleim & Co. absolut nichts an eine Stück solchen alters verloren! Da gibt es für diese Fälle bessere Restaurierungsmaterialien als gebräuchliche Alternativen (z.B. historische Knochenleime etc.)
Auch das fehlende fehlende Holzstück unter dem Schub würde ich ergänzen und farbig anpassen (beizen/patinieren) um das Gesamtbild vollends zu schließen. Die Ergänzung sollte wenn möglich eingepasst werden ohne am Schrank rumzusägen oder so...

Als oberer Kranzabschluß ließen sich Profilleisten ähnlich den unteren fertigen und farbig angleichen. Diese können auch maschinell gefertigt oder vielleicht auch fertig als Katalogware bestellt werden werden. (teile die Meinung zu den vorherigen Beiträgen daß diese Ergänzung nicht unbedingt nötig ist.)

Das alles sind aufgrund des guten Zustandes, relativ einfache Maßnahmen die wegen des antiken Wertes des Schrankes jedoch unbedingt mit Fachwissen und -können und nicht von einem Laien ausgeführt werden sollten.
Auch Teilkostenvoranschläge für einzelne `Posten` sind möglich. (also z.B. nur die Schublade wieder schön laufend zu machen) Alles in Allem denke ich, daß die Kosten einer eventuellen Restaurierung indiesem Falle in etwa mit der ggf. einhergehenden `Wertsteigerung` gleichkommen würden.

Ganz einfache Dinge aber auch zu beachten:
Achte darauf den Schrank in Deiner Wohnung/Haus nicht direkt an ein Fenster in die Sonne zu stellen. Die UV Strahlen im Sonnenlicht bleichen die Farben und das Holz aus. Vor allem wenn das einseitig geschieht sieht das dann bald nicht mehr schön aus.
Auch möglichst nicht an einen Heizkörper stellen. Direktes Heizungsklima ist der Killer für antike Möbel. Im Winter Luftfeuchtigkeit gleich null - im sommer das krasse Gegenteil. Das Holz `Arbeitet...dehnt sich aus(sommer), zieht sich zusammen(winter) und es können bald Risse entstehen oder Verleimungen sich lösen...
Sollte der schrank zu einer Hausaußenwand hin stehen laß etwa4-8cm Platz zur Wand da Außenwände immer etwas mehr Feuchtigkeit `reinholen` als andere. Mit dem Abstand vermeidest Du also Schimmelbildung oder Stockflecken an der Rückseite des Schrankes.
Reinigen solltest Du den Schrank wenn nötig möglichst einfach nur trocken mit einem Staubwedel oder Tuch.
Allenfalls mit einem leicht(!!!) handfeuchten Tuch mit reinem Wasser also ohne Spülmittel- oder Seifenzusätze. Hochstens ein Hauch Neutralseife, dann aber mit reinem wasser nachwischen. Bei Feuchtreinigung immer abschließend trocken nachgehen.

Nun isses doch ´ne längere Mail geworden aber ich hoff und glaub daß ich (zumindest sachlich) nicht übertrieben hab.

Soweit,
liebe Grüße,
Tilia

PS.: Solltest Du Bedarf an Restauratoren-Adressen in Deiner Umgebung haben kannst Du glaub ich gerne hier noch mal nachfragen.

EDITIERUNG 22.20h:
Fällt mir grad erst auf daß der Schrank von außen auch um die bunten Felder herum flächig bemalt ist. Eine "Holzmaserierung" (bemalungsimitation, hier etwa Nussbaum) würde auch schon in die Zeit passen. Echtholzfurnier scheint es ja nicht zu sein, oder?
Dann um so vorsichtiger bei der Reinigung da es wohl eine Bierlasur sein wird. Ein reversibeler(wiederabnehmbarar) Schutzfirnis wäre dann auch nicht unangebracht und würde auch den Glanzgrad der Gesamtfläche incl. kleine Kratzer vereinheitlichen. Den Glanzgrad des Firnisses würde ich pers. dann eher auf Matt/Seidenmatt `einstellen`.
An den vorhandenen Ausgeblichenen/Vergrauten Partien(>Eingangsfrage) könnte man den Firnis ggf. einen Hauch einfärben und so auch diese wieder dem `Rest` gut angleichen...
 

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ww-pappel
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Hallo Tilia und @ll,

wow!!! Wie ausführlich, fachkompetent und detailliert Du geschrieben hast! Es freut und berührt mich, dass Du Dich (bzw. Ihr Euch) so viel Zeit nehmt für mich und den Schrank. Ich weiß Eure Beiträge jedenfalls sehr zu schätzen!

Ich sehe es ebenso: Antiquitäten sollten mit viel Bedacht behandelt werden. Sie haben Generationen überlebt, eine eigene Geschichte und ich frage mich manchmal, was sie alles "erlebt" haben. Stellt Euch vor, sie könnten sprechen.......

Meine Spannung steigert sich immer mehr, wie der Schrank live und in Farbe aussehen wird ....ja, auch in Bezug auf die Schublade bin ich gespannt, Tilia. Mal sehen, ob etwas zu tun ist oder so bleiben kann. Und nun weiß ich ja, was zu beachten ist....danke dafür!
Gut auch zu wissen, dass ich bei Bedarf hier auch Restauratoren-Adressen erhalten kann..... werde selbst brav die Finger davon lassen.

Zum Standort: Er wird in dieses 300 Jahre alte, aus Lehm gebaute Häuschen einziehen ...




.... und im oberen Flur neben einem kleinen West-Fenster stehen, also nur wenig Tageslicht erhaschen .... (die Pflanze, die dort steht, blieb an diesem Platz immer mickrig). Das Schöne: Wenn man die Treppe hinauf kommt, wird er sofort ins Auge fallen. Ein kleiner Heizkörper wird zwar neben dem Schrank sein, doch direkte Wärme wird er nicht abbekommen. Hier ist der Platz zu sehen, dort wo jetzt noch Sofa und Pflanze stehen....






Hm, jetzt habe ich Euch vielleicht Dinge beschrieben, die Euch gar nicht interessieren. Mal was anderes:
Kann man dem Schrank eigentlich eine Herkunft (Gegend) zuordnen?
Für mich haben Gegenstände wie diese vorallem ideellen Wert bzw. Liebhaber-Wert. Trotzdem würde mich interessieren, wie der "Marktwert" -sofern aus der Ferne möglich- etwa von Euch eingeschätzt wird -inklusive Beachtung des fehlenden Kranzes. Er ist 1,10 m breit und 1,75 m hoch. Vielleicht habe ich ja zudem noch ein Schnäppchen gemacht? (Wenn nicht, freu´ ich mich kein bißchen weniger).

Schönen Abend wünscht Euch

Susanne

P.S. Der Schrank trägt übrigens zufällig die richtigen Initialen ...wenn DAS mal keine Fügung ist!
 
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