Nimmt das Arbeiten des Holzes ab?

yoghurt

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Hallo,
der hygroskopische Charakter unseres Lieblingswerkstoffes ist ja gut bekannt. Holzfeuchte und Schwundmaße etc. pp. Jetzt habe ich gerade den Film aus diesem Thema gesehen: https://www.woodworker.de/forum/threads/cembalo-bau.136252/#post-1210987 und prompt ploppte eine Frage auf, die ich mir noch nicht beantworten konnte: nimmt das Schwinden des Holzes im Laufe der Zeit ab?

Konkret: wenn ich ein Stück Holz habe, dass immer wieder einer Holzfeuchteschwankung von 10% - 15% unterliegt und dabei immer wieder um 1mm breiter bzw. schmaler wird, wird dieser Millimeter (also Delta Breite) im Laufe von Jahrzehnten weniger? Anders gefragt, ist altes abgelagertes Holz ruhiger? (Nur zur Sicherheit: mir ist bewusst, dass die Definition des Millimeters sich nicht ändern wird!)
 

Lorenzo

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Ich glaube nicht dass sich das Schwundverhalten großartig ändert.
Ich denke was der Cembalobauer meinte, mit dem ruhiger werden des Holzes, ist, dass sich die Holzfeuchteunterschiede innerhalb der einzelnen Bohle verringern. Das führt dann zu weniger internen Spannungen und so wird das Holz ruhiger. Man kann es hochkant auftrennen, oder schmale Streifen absägen und die werden tendenziell gerader bleiben als bei schneller oder kürzer getrocknetem Holz.
 

depitter

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ich habe da mal eine Abhandlung drüber gelesen, in der hies es, dass das auch nach Jahrzehnten gleich bleibt.
 

Johannes

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Hallo zusammen,
ich kann es nicht beweisen, aber ich habe das Gefühl, dass die Bewegung des Holzes mit den Jahrzehnten langsamer wird.

Es grüßt Johannes
 

isso

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Nein, definitiv nicht messbar.

Was es gibt und immer wieder den Eindruck macht nicht so richtig bekannt zu sein ist die plastische Verformung.

Das könnte denkbar dieses Bild des "weniger Arbeitendem Holzes" sicherlich beeinflusst haben.

Auch der Umstand, dass natürlich getrocknetes Holz ruhiger sei, scheint für mich den Bereich der Fabeln ebenso zu füllen. Wenn das ordentlich akklimatisiert ist, sehe ich da keine Unterschiede. Klar, schlecht getrocknet gibt es auch, das ist dann unruhig.

Man müsste ja die Hygroskopizität beeinflussen können, das halte ich für nicht möglich.
 

Andreas W.

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Hallo yoghurt,

sehe das so, wie meine Vorschreiber.
Insbesondere die Aussage von isso zum vermeintlichen Unterschied natürliche vs. künstliche Trocknung. Sofern beides richtig, also holzschonend, ausgeführt wird.
Der Aufbau des Holzes ändert sich nicht, also auch nicht seine Eigenschaften.

Habe mal was über Holzteile aus dem Grab von Tutenchamun gelesen. Die Quellen und Schwinden auch noch nach - hm, - 2500 Jahren.

Hatte letztes WE eine Unterhaltung/Diskussion mit einem Bruder über Brennholz.
Er war/ist fest der Überzeugung, daß Brennholz, wenn es zu lange gelagert wird, zu trocken wird. "Verbrennen" hat er es genannt. An dem Tag hab ich ihn da nicht mit Tatsachen überzeugen können.

Gruß, Andreas
 

Holzwerker1984

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Ob das Quellen und Schwinden im Laufe der Zeit abnimmt, weiß ich nicht. Kenne da auch keine belastbaren Aussagen dazu. Würde mich aber nicht wundern, wenn es da Untersuchungen zu gibt. Kann ja mal jmd recherchieren

Innere Spannungen können sich aber im Laufe der Zeit abbauen(Relaxation), was ja auch zu einer Verformung führen kann. Das wird aber wohl minimal sein und ist keine Verformung aufgrund Holzfeuchteschwankungen.

Bei Brennholz kommen ja noch einige andere Einflüsse dazu, als bei Möbelholz. Die Lagerung. Brennholz ist viel stärker den Witterungseinflüssen ausgesetzt. extreme Temperaturen und Feuchteschwankungen. Besonders durch hohe Temperaturen und vlt auch mal Regen können sich Holzinhaltsstoffe abbauen. Vlt beeinflusst der Abbau der Inhaltsstoffe das Quellen und Schwinden dadurch, dass das Materialgefüge sich ändert.
 

wasmachen

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Das mit dem Brennholz ist korrekt, da das ja garnicht zu extrem trocken sein soll weil sich der Brennwert verringert.
Kann der Kaminkehrer vmtl besser erklären...
 

stefan.

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Das mit dem Brennholz ist korrekt, da das ja garnicht zu extrem trocken sein soll weil sich der Brennwert verringert.
Kann der Kaminkehrer vmtl besser erklären...
Stimmt nicht, sieht z.b. hier: https://www.tfz.bayern.de/mam/cms08/festbrennstoffe/dateien/heizwerttabellen_holzarten.pdf

Wo es wohl einen Unterschied gibt: altes, zersetztes Holz hat auf das Volumen bezogen eine geringere Energieausbeute (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/cite.202100096): "Somit kann festgehalten werden, dass bei dem Heizen mit altem Holz mehr Brennstoff in den Ofen gegeben werden muss, um vergleichbare Wärmeabgaben zu erreichen. "
 

inselino

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Also ich würde auf einer rein theoretischen Ebene mal für das geringe Schwundverhalten argumentieren. Ich habe zwei mögliche Ideen und beide funktionieren aber nach einem anderen Schema. Angenommen ich habe ein Holzstück bei niedriger Feuchte mit Breite A und nach dem Quellen von Breite B. Mein Gefühl ist, dass die meisten darüber nachdenken, ob B mit der Zeit abnimmt, das Holz also weniger stark quillt. Meine Argumentation würde an anderer Stelle ansetzen, und zwar, dass A nie wieder so klein wird wie zu Beginn.
Zwei Ideen:

1. Mikrorisse und Delaminierung zwischen Faserbündeln sorgen dafür, dass nach einer Quellung die Fasern nie wieder so perfekt zusammenkommen wie vor der Quellung.
2. Wie bei Kunststoffen könnten sich Die Polymerketten gegeneinander verschieben und so dem äußeren Zwang (der Spannung) entgegen wirken.

Ich denke, aus einer theoretischen Perspektive ist das definitiv im Rahmen des möglichen, ob sich das praktisch messbar äußert, vermag ich nicht zu sagen.
 

weissbuche

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Wir haben mal Eichenbretter verbaut, die mindestens 60 Jahre trocken gelegen hatten. Die haben nach dem ersten Regen nach dieser langen Zeit unsere Konstrution genau so zuverlässig auseinander gedrückt wie neues Holz. Ich bin der Meinung, daß solange die Struktur des Holzes nicht zerstört wird, das Holz immer arbeiten wird. Eventl. etwas langsamer.
 

wasmachen

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Stimmt nicht, sieht z.b. hier: https://www.tfz.bayern.de/mam/cms08/festbrennstoffe/dateien/heizwerttabellen_holzarten.pdf

Wo es wohl einen Unterschied gibt: altes, zersetztes Holz hat auf das Volumen bezogen eine geringere Energieausbeute (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/cite.202100096): "Somit kann festgehalten werden, dass bei dem Heizen mit altem Holz mehr Brennstoff in den Ofen gegeben werden muss, um vergleichbare Wärmeabgaben zu erreichen. "

Red das bitte mit deinem Kaminkehrer aus, der erklärts dir dann korrekt.
 

Neige

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Könnte man es auch pragmatisch sehen und sagen, daß sich das Holz der Umgebung anpasst? Sagen wir mal, keine große Schwankungen von Luftfeuchtigkeit und Umgebungstemperatur? Quasi dass, wenn aklimatisiert, das Quellen und Schwinden nachlässt.

Schreib ich deshalb, weil es mal bei einem Umzug zu beobachten war. Mein Freund hatte vor Jahren neu gebaut und seine zu meist aus Massivholz bestehenden Möbel aus der alten Mietwohnung ins neue Haus mitgenommen. Bei dem Wiederaufbau war noch alles in Ordnung, nach ca 3 Wochen sprach er mich an, was ich gemacht hätte, sämtliche Fronten seien krumm.
 
Zuletzt bearbeitet:

Seanathair

ww-esche
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Ich glaube, dass sich das Schwundverhalten ändert. Der Feuchtigkeitstransport innerhalb des Holzes ist nach meiner Einschätzung vom Alter des Holzes abhängig und diese kann daher durchaus Einfluss auf das Schwindverhalten haben.
Darüber streiten sich allerdings die Gelehrten noch.
Untersuchungen zu Feuchtetransportvorgängen
 

Andreas W.

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Hallo stefan.,


Wo es wohl einen Unterschied gibt: altes, zersetztes Holz hat auf das Volumen bezogen eine geringere Energieausbeute (https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/cite.

interessanter Link, danke.

Dabei geht es aber um den Vergleich von gesundem und in verschiedenen Stadien angepilztem Holz.
Da unterscheidet sich das Brennverhalten.

Bei meinem Bruder ist es darum gehangen, ob Holz bei trockener Lagerung, auf längere Zeit Brennwert verliert.
Ich habe ihm noch nicht verständlich machen können, daß Holz - bei abgedeckter Freiluftlagerung mit Abstand zum Boden - irgendwann nicht mehr trockener wird (das sogar recht schnell).
Sogar im Jahresverlauf wieder Feuchte aufnimmt, dann aber auch wieder abgibt.
Im Jahr darauf wieder das gleiche.

Gruß, Andreas
 

Andreas W.

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Hallo Neige,

Könnte man es auch pragmatisch sehen und sagen, daß sich das Holz der Umgebung anpasst?

Genauso ist es.
Ändert sich an Umgebungsfeuchte und Umgebungstemperatur nichts, quillt und schwindet Holz nach Erreichen der jeweiligen Ausgleichsfeuchte nicht mehr.

Ändern sich die äußeren Umstände, muß die Ausgleichsfeuchte wieder erreicht werden, das geht immer mit Quellen bzw. Schwinden einher.

Egal ob das Holz ein Jahr alt ist, oder tausend Jahre.
Das ist der springende Punkt.
Kann schon sein, daß drehwüchsives Holz, tausend Jahre irgendwo einspannt, sich nach Änderung der Ausgleichsfeuchte etwas weniger dreht, als zwei Jahre altes (wahrscheinlich weil bereits viel mehr Fasern gerissen sind), es wird aber immer im gleichen Maß quellen und schwinden.

Daß unterschiedliche Holzarten unterschiedliche Quell- und Schwindmaße haben, ist unbestritten.
Übrigens auch alle Holzwerkstoffe.

Gruß, Andreas
 

ClintNorthwood

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Wir haben mal Eichenbretter verbaut, die mindestens 60 Jahre trocken gelegen hatten. Die haben nach dem ersten Regen nach dieser langen Zeit unsere Konstrution genau so zuverlässig auseinander gedrückt wie neues Holz. Ich bin der Meinung, daß solange die Struktur des Holzes nicht zerstört wird, das Holz immer arbeiten wird. Eventl. etwas langsamer.
Wir haben fast 40 Jahre alte Eiche rumliegen.
Ein ehemaliger Interessent wollte die haben wegen dem zahmeren Verhalten.
Und dem etwas weniger Quellen oder Schwinden.

Vor ca. 8 Jahren erweiterte ich verbotenerweise den Carport und baute Tore ein.
Eine Seitentür schleift bei feuchtem Wetter von Jahr zu Jahr gleich.
Und bei langem trockenen Wetter berührt die Schliesszunge des Kastenachlosses die Falle nur noch ganz leicht.
Und das exakt jedes Jahr so leicht wie im Vorjahr.
 

ako400

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Vielleicht liege ich ja falsch, aber meine 110 Jahre alten Türzargen waren beim Ausbau sehr spöde und sind sehr leicht gerissen. Altes Holz ist somit weniger elastisch und flexibel als junges, so ist zumindest mein Eindruck. Warum sollte dieses dann auf Feuchtigkeitsschwankungen genauso (schnell oder leicht) reagieren wie junges Holz? Kommt vielleicht auch auf die Holzsorte, Harzanteil oder andere Inhaltsstoffe an.
 

seschmi

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Ich denke, dass sind einfach verschiedene Effekte.

Holz schrumpft und quillt ja, weil es Wasser aufnimmt und die Fasern quellen. Das bleibt offenbar erhalten, zumindest über lange Zeit. Vielleicht bauen sich irgendwann die Zucker im Holz ab, dann nimmt es irgendwann etwas weniger Wasser auf, und eher in 100 als in 1 Jahr. Aber sicher nicht merklich.

Außerdem hat aber auch perfekt getrocknetes Holz innere Spannungen - wenn man eine Bohle teilt, verformt die sich wegen der inneren Spannungen. Die nehmen wahrscheinlich wirklich ab - Holz ist ja plastisch, wenn man es lange krumm einspannt, bleibt es irgendwann krumm, auch ohne Spannung.

Praktische Bedeutung hat das keine - der Effekt ist einfach viel zu winzig, um Auswirkungen zu haben.

Wer mit Holz arbeitet muss die Verformung einfach berücksichtigen, egal ob 1 oder 100 Jahre alt.

Müsste man das nicht, könnte man Holz wie Plastik verarbeiten und bräuchte keine Schreiner…
 

yoghurt

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Hallo,
mir ging es tatsächlich auch um Zeiträume von durchaus hundert Jahren. Im Moment erscheinen mir beide Argumentationen schlüssig, von "es ändert sich nichts" bis "Spannungen gleichen sich aus, Fasern reißen ab, Zucker baut sich ab und das Holz unterliegt einer Veränderung".

@isso : Was meinst Du dazu? Du arbeitest ja teilweise mit sehr altem Holz. Arbeitet das weniger als frisches Holz?

@seschmi : Ich bin ja inzwischen bekennender "Kunststoff-Mann". Unsere technischen Kunststoffe verhalten sich teilweise "holzähnlicher" als man denken sollte. Polyamid ist hygroskopisch und wellt sich wenn es feucht wird. Gegossene und extrudierte Platten verziehen sich wenn man sie einseitig hobelt oder fräst. Durch das ungleichmäßige Erkalten in der Produktion (von außen nach innen) entstehen Spannungen im Material.
 
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