Rautenförmige Kratzer in altem Weichholzschrank - Was ist das?

pedder

ww-robinie
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Vorab, ich halte das auch nicht für Hobelspuren. und ich habe schon gehobelt Da müsste der Hobel schon einen vorstehenden Nagel haben.
Die Erklärung, dass das Holz zur Vergrößerung der Oberfläche für Bierlasur oder Leim (Furnier) bewusst eingeschnitten wurde, erscheint mir schlüssig.

Was mich nervt ist der immer schwelende Streit zwischen angeblichen Profis, der bei jeder Gelegenheit in einem Wortgefecht endet. "eindeutig" "keine Ahnung". Solche Krauftausdrücke helfen nicht.
 
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ClintNorthwood

ww-robinie
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Und ich brauche gerade mal Pause von nerviger Büroarbeit zu der ich als Handwerker gegen meinen Willen gezwungen werde.
Viele Leute machen gerne mal zur Abwechselung entspannende und geistig anspruchlose Dinge wie Bild lesen oder Trash-TV gucken.
Ich hingegen finde solche Diskussionen spannender und unterhaltsamer.

Ich selber habe bis gerade vor 10 min die Begriffe "Zahnhobel" noch nie gehört oder "Abzwerchen" eher mit Schneewittchen in irgendeinen Zusammenhang gebracht.
Nur das "Hauen und Stechen" hier ist mir inzwischen wohlbekannt. Und wieder mal bewahrheitet sich der Spruch:"Getroffene Hunde bellen!"

Doch langsam werde ich immer neugieriger und ungeduldiger was den Ausgang dieser Diskussion betrifft.
Ich werfe dazu mal einen 1. Link als Hut in den Ring so quasi als Gedankenstütze, die einen Zahnhobel kurz und knapp beschreibt.
Mit ein bisschen Vorstellungskraft kann der eine oder andere sich schon vorstellen ob die Spuren auf dem Holz daher kommen oder könnten.

Jetzt kommt der 2. Hut.
Bitte beachtet hier hauptsächlich die Beschreibung und den Einsatzzweck eines Zahnhobels! (wobei der Beitrag 25 von @flüsterholz absolut in die Betrachtung einzubeziehen ist!")

Eigentlich dürfte nun meiner ungeschätzten Meinung nach selbst dem letzten Nichtprofi klar sein, dass ein Anwender einen Zahnhobel für vielerlei Dinge nutzen kann ohne jemals an einer Hobelbank gearbeitet zu haben.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass jemand lediglich damit eine Holzfläche gereinigt hat Oder wie schon gesagt aufgerauht hat für späteren Leimauftrag für wasauchimmer (wobei ich mich hier wieder an den professionellen Schlagabtausch erinnere, ob man vor dem Leimen aufrauht oder besser auf spiegelglatten Flächen leimt).

Oder einfach der Nachwelt ein Rätsel aufgeben wollte...

Und nun macht bitte weiter!!!!!
 
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Wolfgang EG

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Amateur fragt ... Amateur antwortet. Bitte seht es mir nach.

Ich habe hier mal das Eisen aus meinem Zahnhobel. Wenn ich die enge Zahnung mit den Ausgangsfotos des TE vergleiche, dann – aber seht selbst.

20190207_133550.jpg

Wolfgang
 

welaloba

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da ist man mal einen halben Tag mit Freunden im Museum und beim Italiener...
Enthalte mich aller Kommentare und bringe ein paar weitere Bilder.Gruß Werner
 

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weissbuche

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Habe ja mal vor 45 Jahren in einem Museum gearbeitet. Da haben wir mit Warmleim furniert. Dazu wurden die Flächen gezahnt, also aufgeraut damit der Leim sich besser verankert. Die Flächen waren natürlich vorher abgerichtet worden. Die gezahnten Flächen sahen dann wie auf den Fotos aus. Der Zahnhobel diente nicht dem Abrichten, dazu ist er auch viel zu kurz. Auf diese Flächen wurde dann der Leim aufgetragen. Dann wurde Furnier aufgelegt und darauf die warmen Zinkzulagen. Das Ganze wurde dann unter der Presse zusammen gedrückt. Die Spuren auf den Fotos stammen definitiv nicht von einem Zahnhobel. Alle anderen Erklärungsversuche werden, wie so oft, Spekulatius bleiben. Über die Form des Umgangs miteinander wurde und wird in diesem Forum immer wieder gestritten. Leider wird uns das wohl immer wieder begleiten. Es gibt aber immer wieder Teilnehmer die über den Dingen stehen und auf den Kern der Sache zurück kommen. Das ist gut und deshalb werde ich hier auch weiter lesen und mich beteiligen.
 

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agnoeo

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Meines Wissens wurden/werden Zahnhobel schon auch zum Abrichten bei unruhigem Faserverlauf oder gemasertem Holz verwendet, aber danach sieht mir das nicht aus.

Ein weiterer Gedanke wäre, dass es Sägespuren sein könnten; wenn man von Hand, von beiden Seiten im Wechsel aufsägt, könnte das schon solch ein Muster ergeben. Problem nur: dann hätte man kaum Spuren die über beide "Lamellen" verlaufen.

Oberfläche vorbereiten für einen irgendwie gearteten Auftrag scheint mir halbwegs schlüssig zu sein.

Hat jemand Kontakt zu Lothar Jansen-Greef? Der hätte sicherlich noch die eine oder andere Idee.

Gruß, David
 

holzbus

ww-ahorn
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Und wieder mal bin ich positiv überrascht von den vielen Antworten und der Regen Diskussion!
Vielen lieben Dank, da habe ich ja richtig Stoff zum Lesen und Googlen!
Ich dachte mir, ich hänge nochmal ein Bild von dem Schrank als ganzes an, so habe ich ihn bekommen: Extrem abgeranzt, kaputt und mit zerbrochenen und unglaublich schwerer Marmorplatte oben drauf. Mehr als das weiß ich leider auch nicht über ihn.
Ich mache ihn nur nach und nach wieder schön.
Die Tür ist das erste Teil, dass ich reparieren, daher ist sie aktuell auch nicht mehr drin.
Bild Nr 3 zeigt den Schrank wie ich ihn erhalten habe. Das Bild täuscht ein wenig, denn das Schränkchen ist wirklich in ziemlich chaotischen Zustand ... perfekt für mich, da ich gerne repariere :emoji_slight_smile: Und hier kann man so richtig einen Effekt sehen (von kaputt und dreckig bis zu heile und schön).

Und jetzt muss ich erstmal die ganzen Berichte lesen

Nachtrag: Ich habe keinerlei Spüren von Furnieren gesehen, aber eine irgendwie total komisch angebrachte, durchsichtigen dünnen, stellenweise nicht vorhandenen 'Lack', und bin davon ausgegangen, dass es sich um Schellack handelt, der einfach mit der Zeit abgetragen wurde.
Und die Schubladenboden ist extrem rauh, man kann richtig sehen, wo da gesägt wurde. Das letzte Bild zeigt die Schublade von unten und den lapidar aufgebrachten Schellack (oder was dies ist).
 

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flüsterholz

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Habe mir gerade nochmal die Tür aus deinem letzten Beitrag angeschaut. An den Stellen, an denen du die Zierleiste abgenommen hast, sieht es für mich so aus ( das Foto ist leider etwas unscharf), als ob da noch Reste einer Bierlasur vorhanden wären. Von daher würde ich vermuten, dass hier entweder vor dem Auftrag das Holz aufgeraut wurde, um einen besseren Halt der Bierlasur zu gewährleisten, oder dass die Kratzer beim entfernen der Bierlasur entstanden sind.
Gruß Michael
 

Lorenzo

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Auch schön: der Boden der Schublade! Da sind noch die Sägespuren zu sehen, und die Abplattung damit der Boden in die Nut passt. Gab halt noch kein Dickenhobel durch den man das Holz schnell mal durchschieben konnte.
 

Mathis

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Im Dorf in 'ner Stadt
Gab halt noch kein Dickenhobel durch den man das Holz schnell mal durchschieben konnte.
Hallo Lorenzo, den Dickenhobel gab es um 1900 schon längst, in England schon um 1820 gebaut, Samuel Bentham hat solche Maschinen erfunden.
Es gab Ende des 19. Jhdts. biillge Möbel, bei denen solche Flächen nicht gehobelt wurden, da es entweder keine Hobelmaschine gab, oder kein Wert auf eine solche Unterseite eines Schubladenbodens gelegt wurde.
Solche Sparmaßnahmen sind übrigens schon aus der Werkstatt des berühmtesten Kunsttischlers David Roentgens bekannt, auch dort wurden solche Böden nicht immer bis zur Entfernung sämtlicher Sägespuren gehobelt. Wozu auch?

Zur Literatur über die Spuren solcher ungeklärten Holzberarbeitungen gibt es übrigens diese Dissertation eines sehr geschätzten Kollegen:
Ralf Buchholz: Eingedrückte Streifen auf Holzoberflächen: Eine Schmuckform der gotischen Schreiner.
Auch wenn sicher der Bogen von gotischen Möbeln und deren Schmuck zu einem Gründerzeitmöbel mit solch banalen diagonalen Spuren weit gespannt ist, wird doch klar, dass nicht alles unerklärliche seinen Grund in einem hier nie verwendetem Zahnhobel hat, wie hier mehrfach behauptet wurde. Die Diss beantwortet diese Frage auch nicht abschließend, aber dass diese Spuren geheime Botschaft an die Nachwelt darstellen ist einfach unqualifizieter Unsinn.

 
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weissbuche

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Natürlich gibt es Hobelmaschinen schon seit dem frühen 19ten Jahrhundert. Aber wie sollte der Tischler den diese Maschinen antreiben? Diese Fragen kommen auch am Museumsgatter immer wieder. Es gab schlicht und ergreifend in weiten Teilen des Landes keine Möglichkeit, Maschinen anzutreiben. Dampfmaschine kamen nur für große Firmen in Frage und ein Benzolmotor war teuer in Anschaffung und Gebrauch. Eine Bandsäge konnte noch per Hand und Schwungrad oder Pedalantrieb bewegt werden, bei einer Hobelmaschine ging das nicht. In den Städten und Flecken die ein Gaswerk betrieben war ein Gasmotor möglich. Bei uns im LK war das an 2 Orten möglich, sonst nicht.Die Elektrifizierung war in den größeren Orten kurz vor dem 1. Weltkrieg abgeschlossen, während des Kriegen wurden dann auch die kleineren Orte angeschlossen. Erst danach begann die Maschinisierung der Holzwerkstätten. Bei uns gab es eine Fabrik für Dreschmaschinen. Da diese Maschinen zu 80% aus Holz bestanden, hatten die eine große Stellmacherei, die, da eine Dampfmaschine vorhanden war, schon komplett mit Maschinen ausgestattet war. Dahin sind kleinere Holzverarbeiter wie Böttcher usw. mit ihrem Holz gegangen um zu Hobeln usw. Auf den Dörfern war das nicht möglich, da war Handarbeit bis vor rund 100 Jahren die einzige Möglichkeit Holz zu bearbeiten.
 
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