Warum rollen die Pfetten nicht vom Dach?

Flottonas

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Hallo Leute,

während ich mal wieder Zeit zum Denken hatte - ergo Kinder ins Schlaf summte - grübelte ich ein wenig vor mich hin. Ich bin ja nun nicht vom Fach und lerne immer nur Bruchteile aus den verschiedenen Gewerken der Eigensanierung.

Nicht das erste Mal hab ich mich gefragt, warum Pfetten bei mir einfach nur in nem Mörtelbett liegen - nicht groß befestigt gegen Abrutschen oder Drehen. Genau - in meinem Kopf ist ja klar, dass Pfetten eigentlich einen stetigen Drang nach unten haben wollen - jedes Kind weiß, was auf nem abschüssigen Hang passiert, wenn man auf kleinen Stämmen rumtanzt, die quer zum Hang sind...

Also ernsthaft - ich finde das Feld der Statik ist eines, das sich zumindest mir nur seeeehr zaghaft erschließt, nicht zuletzt eine Zeichnung im Rohbau des Bades vom Statiker letztes Jahr brachte mich nun einen Schritt weiter - oder nicht, ich hoffe ihr könnt einordnen, ob ich ein paar Zusammenhänge besser verstanden habe ^^

Ich hab immer angenommen, das Gewicht des Daches wirkt gänzlich wie eine Hangabtriebskraft. Nun hab ich vom Statiker gelernt (oder falsch verstanden), dass es auf die Art der Lagerung ankommt (Es ging um nicht in Wasser eingemauerter Stürze). Ist es eine Punktlagerung, wirkt eine Kraft in Richtung der Schräglage, ist es eine flächige Lagerung ist es schlicht schnurz/die Kraft wirkt nicht.

Diese kleinen Mosaikstücken fügten sich heute zu der Erkenntnis, dass die Kerve für eine flächige Auflage sorgt und somit die Kraft gen Boden wirkt (A im Bild). Bei nur aufgelegten Sparren hingegen wirkt die Kraft in Richtung des Sparrenendes (B im Bild) - und könnte, falls da verbunden, zu einem Drehmoment führen.

Unbenannt.png

Ich gebs zu: Ich hab mir schon im Studium in den Po gekniffen, mich in der Schule durch Physik gemogelt zu haben (jaja, die verkopften Studierten mag einer rufen) - daher sei mir bitte Verziehen wenn ich alles wild durcheinander werfe und nicht stimmt - genau deswegen schreib ich euch - entweder es passt mal was mehr zusammen im Köpfchen oder ich lerne, was daran falsch ist.

Hab ich richtig verstanden, wie die Kräfte wirken hier? Stimmt das vielleicht gar nicht oder sollte nicht so sein, das Pfetten einfach liegend lagern?

Grüße an alle, die bis hier im Text durchgehalten haben

Flottonas
 

HolzandMore

ww-robinie
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8. Längengrad
Denke mal deine Pfetten werden mit dem Ständerwerk verbunden sein. Wäre das nicht so dann würde dein Dach in sich zusammenfallen.
Gruß Andi

Btw: die Kraftwirkung bei einem ruhenden Fachwerk ist falsch, die geht immer in beide Richtungen, also Doppelpfeile.
 

Andreas W.

ww-esche
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Hallo Flottonas,

grundsätzlich:
es gibt zwei verschiedene Arten von "normalen" Dachtragwerken.
Zum einen 'Pfettendächer'.
Zum anderen 'Sparrendächer'. Ab einer gewissen Länge der Sparren (also bei größeren Dachern, je nach Holzdimension ab 4-5 m Sparrenlänge) benötigen Sparrendächer sog. Kehlbalken zur Aussteifung und werden dann zu 'Kehlbalkendächern'.

Der Unterschied der beiden ist die Art der Lastabtragung.

Bei Pfettendächern erfolgt diese senkrecht nach unten, also nicht (oder im Prinzip nicht) in Richtung der Achse der geneigten Sparren.
Sondern eben über die Pfetten senkrecht nach unten.
keks19082 könnte das sicher genauer erläutern.

Jedenfalls, damit das funktioniert, brauchst Du eine Pfette am First und eine (pro Dachälfte) an der Traufe, je nach Dachlänge und Holzdimension noch eine oder mehrere Mittelpfetten.

Bei Sparrendächern erfolgt die Lastabtragung in Richtung der Achse der geneigten Sparren.
Damit das funktioniert, braucht es zwei gegenüberliegende Sparren, die am First und an der Traufe dauerhaft fest miteinander verbunden sind.
Es muß also ein dauerhaftrs Dreick entstehen.
Das kann durch einen Deckenbalken sein, in bzw. mit dem die beiden Sparren fest verbunden sind.
Oder auch durch ein Widerlager einer Stahlbetondecke.
Wird dieses Dreieck zerstört, gleiten die beiden Sparren bei Belastung auseinander.

Etwas verwirrend ist, daß es bei Pfettendächern auch Sparren gibt.
Und bei Sparrendächern, so diese Kehlbalken haben, auch Pfetten. Die heißen da manchmal auch 'Rähme', haben aber dort im Prinzip nichts mit der Lastabtragung nach unten zu tun, sondern dienen dort dem Verband der Sparren in der Dachbreite.

Sparren sind beim Pfettendach eigentlich ein Teil der Dachdeckung, so wie Dachlatten.
Deutlicher wird das Ganze, wenn man an flach geneigte Häuser im Gebirge oder in Südeuropa denkt.

Warum gibt es diese verschiedenen Systeme?
Beim Sparrendach kann man sich die u.U. massiven und damit teuren Pfetten sparen.
Leider haben auch Sparrendächer verschiedene Nachteile, so daß heute (im Verhältnis zu früher ist Holz preiswerter) überwiegend Pfettendächer gebaut werden.

Ich bin mir recht sicher, daß Deine Pfetten schon mit bzw an Deinem Gebäude befestigt sind (aufgedübelt oder mittels einbetonierter Anker).
Das dient aber weniger oder nicht dem Verhindern des von Dir eingangs erwähntem "Wegrollen".
Man verhindert damit ein Verschieben oder Abheben Deines Daches.

Gruß, Andreas
 

DasMoritz

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Moin,

also zumindest bei unserem Bau und bei einem aktuellen Bau in der Nachbarschaft werden die Pfetten mit mehreren senkrecht eingelassenen Gewindestangen gegen tragende Außenwand gezogen.

Ansonsten wäre das ja so, als wenn man zwei Bierdeckel aneinander lehnen würde, und dann von oben Druck drauf gibt.
 

magmog

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Guuden,

Pfetten müssen am unterliegenden Mauerwerk bzw der Wand zwingend befestigt werden.
Spätestens seit bei dem Orkan Wiebke Dächer in einem Stück von Gebäuden abgehoben wurden.
 

brubu

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Hallo
Als Versuch einfach ein kurzes Kantholz mit und ohne Kerve zurichten und versuchen wie die Kräfte wirken.
Bei Treppen ist es ähnlich die sollten unten und oben aufliegen und nicht oben nur angelehnt sein.
Gruss brubu
 

Mr.Ditschy

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Nicht das erste Mal hab ich mich gefragt, warum Pfetten bei mir einfach nur in nem Mörtelbett liegen - nicht groß befestigt gegen Abrutschen oder Drehen. Genau - in meinem Kopf ist ja klar, dass Pfetten eigentlich einen stetigen Drang nach unten haben wollen - jedes Kind weiß, was auf nem abschüssigen Hang passiert, wenn man auf kleinen Stämmen rumtanzt, die quer zum Hang sind...
... und was erst beim Ski fahren passiert, wenn die Bretter längs oder quer zum Hang gestellt werden.
 

tomkaes

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Nicht das erste Mal hab ich mich gefragt, warum Pfetten bei mir einfach nur in nem Mörtelbett liegen - nicht groß befestigt gegen Abrutschen oder Drehen. Genau - in meinem Kopf ist ja klar, dass Pfetten eigentlich einen stetigen Drang nach unten haben wollen - jedes Kind weiß, was auf nem abschüssigen Hang passiert, wenn man auf kleinen Stämmen rumtanzt, die quer zum Hang sind...
Schau die statischen Systeme eines Sparrendaches und eines Pfettendaches in Ruhe an, dann wird der Unterschied klar:
H= horizontales Auflager (Pfeilrichtung abhängig von der äußeren Last (Winddruck/Windsog))
V= vertikales Auflager
https://de.wikipedia.org/wiki/Sparrendach
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/3/3b/SparrenStatik.jpg/330px-SparrenStatik.jpg
https://de.wikipedia.org/wiki/Pfettendach
https://ib-rauch.de/holz/da121.png
 

Andreas W.

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Hallo DasMoritz,

Ansonsten wäre das ja so, als wenn man zwei Bierdeckel aneinander lehnen würde, und dann von oben Druck drauf gibt.

Dein Bierdeckel-Vergleich ist sehr gut und beschreibt das statische System des Sparrendaches. Bierdeckel = die Sparren im Sparrendach.

Bierdeckel aneinanderstellen - oben draufdrücken: was passiert?

1) die Bierdeckel sind auf dem - meinetwegen - Tisch, auf dem sie stehen, nicht miteinander verbunden, auch nicht an der Stelle, an der sie am "Bierdeckelfirst" aneinanderstehen:
bereits bei sehr geringer Belastung gleiten sie auseinander und liegen im Anschluß flach da; u.U. passiert das bereits beim Aufstellen;

2) die Bierdeckel sind auf dem Tisch miteinander verbunden - meinetwegen auf einen dritten Bierdeckel geklebt, ebenso am Bierdeckelfirst (es entsteht ein Dreieck): bei Belastung gleiten sie nicht auseinander.
Zumindest solange nicht, solange die Kraft der Verbindungen untereinander größer ist, als die Belastung von außen.


Umgesetzt auf das statische System des Pfettendaches - die Bierdeckel sollen auch hier die Sparren sein:

1) man könnte den Tisch, auf dem die Bierdeckel stehen, als Fußpfette ansehen;

2) es fehlt jedoch die Firstpfette am Bierdeckelfirst; ohne die gleiten bei Belastung die Bierdeckel unwiderruflich auseinander;

Was nicht zählt, ist, wenn man beim Pfetten-Bierdeckeldach den First miteinander verbindet, und dafür die Firstpfette weglassen möchte. Denn dadurch entstünde ein Kraftfluß in Richtung der Bierdeckel (Sparren). Solche Kräfte heißen Normalkräfte.
Und nicht mehr nur senkrecht nach unten (Vertikalkräfte).
Dann wären wir wieder beim Sparrendach und da müssen nun mal auch die Fußpunkte dauerhaft fest miteinandder verbunden werden. Sonst fällt alles in sich zusammen.
Eine Verbindung, wie Du sie vermutlich bei Dir und Deinen Nachbarn beschreibst, mit Kerven am Sparren, die dann mit Nagel oder Schraube oder Pfettenankern auf einer Fußpfette sitzen - auch wenn diese am Haus befestigt ist - reicht da nicht aus.
Bei weitem nicht.

Wie bereits erwähnt - es führt oft zu Verwirrung, daß man sowohl beim Sparrendach als auch Pfettendach von Sparren spricht. Und das fachlich korrekt!

Die von Dir erwähnten Gewindestangen oder auch Betondübel in Ringankern verhindern bei Pfettendächern "nur" das Verschieben oder Abheben des Daches.

Gruß, Andreas
 

fopster

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Ferner liefen
Hallo DasMoritz,



Dein Bierdeckel-Vergleich ist sehr gut und beschreibt das statische System des Sparrendaches. Bierdeckel = die Sparren im Sparrendach.

Bierdeckel aneinanderstellen - oben draufdrücken: was passiert?

1) die Bierdeckel sind auf dem - meinetwegen - Tisch, auf dem sie stehen, nicht miteinander verbunden, auch nicht an der Stelle, an der sie am "Bierdeckelfirst" aneinanderstehen:
bereits bei sehr geringer Belastung gleiten sie auseinander und liegen im Anschluß flach da; u.U. passiert das bereits beim Aufstellen;

2) die Bierdeckel sind auf dem Tisch miteinander verbunden - meinetwegen auf einen dritten Bierdeckel geklebt, ebenso am Bierdeckelfirst (es entsteht ein Dreieck): bei Belastung gleiten sie nicht auseinander.
Zumindest solange nicht, solange die Kraft der Verbindungen untereinander größer ist, als die Belastung von außen.


Umgesetzt auf das statische System des Pfettendaches - die Bierdeckel sollen auch hier die Sparren sein:

1) man könnte den Tisch, auf dem die Bierdeckel stehen, als Fußpfette ansehen;

2) es fehlt jedoch die Firstpfette am Bierdeckelfirst; ohne die gleiten bei Belastung die Bierdeckel unwiderruflich auseinander;

Was nicht zählt, ist, wenn man beim Pfetten-Bierdeckeldach den First miteinander verbindet, und dafür die Firstpfette weglassen möchte. Denn dadurch entstünde ein Kraftfluß in Richtung der Bierdeckel (Sparren). Solche Kräfte heißen Normalkräfte.
Und nicht mehr nur senkrecht nach unten (Vertikalkräfte).
Dann wären wir wieder beim Sparrendach und da müssen nun mal auch die Fußpunkte dauerhaft fest miteinandder verbunden werden. Sonst fällt alles in sich zusammen.
Eine Verbindung, wie Du sie vermutlich bei Dir und Deinen Nachbarn beschreibst, mit Kerven am Sparren, die dann mit Nagel oder Schraube oder Pfettenankern auf einer Fußpfette sitzen - auch wenn diese am Haus befestigt ist - reicht da nicht aus.
Bei weitem nicht.

Wie bereits erwähnt - es führt oft zu Verwirrung, daß man sowohl beim Sparrendach als auch Pfettendach von Sparren spricht. Und das fachlich korrekt!

Die von Dir erwähnten Gewindestangen oder auch Betondübel in Ringankern verhindern bei Pfettendächern "nur" das Verschieben oder Abheben des Daches.

Gruß, Andreas
Diesem Beitrag ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen!
Außer der Anmerkung, dass unserem Handwerk eben eine Menge Knowhow, grundlegende Kenntnisse von Physik und Mathematik, jahrelange berufliche Erfahrung und eine Portion handwerklichem Können zu Grunde liegen!
Dazu kommt noch Haftung und Verantwortung!
Garniert wird das Ganze dann noch mit einem überschaubaren Lohn!
 

civil engineer

ww-robinie
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Wer hindert denn den Wind deinen Giebel bauchförmig einzudrücken?
Na der Dachstuhl, was sonst :emoji_stuck_out_tongue: . Ein Hoch auf die Zeiten als man so phöse Wörter wie "Wärmebrücke" oder Bindemittel (lehmreicher Sand mit einer Prise Kalk taugt auch als Mauermörtel) nicht kannte und seinen Giebel mit schön gestalteten geschmiedeten Giebelankern mit dem Dachstuhl verband.
 

Flottonas

ww-ahorn
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Hey Leute,

danke für die ganzen Antworten, Analogien und Hilfestellungen - schon wieder zahlreiche Dinge gelernt :emoji_slight_smile:
Ich las das ein oder andere Mal Zwischentöne heraus, ich könnte vermeidlich nicht genug schätzen, was die Gänze dieses wie auch anderer Handwerke angeht - eher das Gegenteil ist der Fall. Aber vor lauter Demut nichts mehr selbst auszuprobieren wäre mir auch nichts.
Da ich eine der Pfetten bei abdecktem Dach anschauen konnte - die liegen faktisch nur im Mörtelbett ...
24-04-21 09-40-52 2573.jpg

Dank der Bierdeckelanalogie verstehe ich nun, dass die Kraftwirkung vom Sparren immer lotrecht ist, wenn die Sparren am First nicht verbunden sind - die Verbindung wirkt wie ein Scharnier bzw ändert das System. Kann man sagen, dass der Bierdeckel A durch stirnseitige Firstverbindung den Bierdeckel B daran hintert flach auf den Tisch zu fallen und dadurch die Horizontalkraftwirkung entsteht?

Irgendwie hab ich meinen eigentlichen Punkt aber nicht anbringen können, ich frag vl. mal anders herum: Wozu dient die Kerve?
Ich würde denken, ohne Kerve (und bei ausreichend steilem Dach) würde dennoch der Sparren rutschen - wie als ob unter dem Bierdenkel noch was liegt, das es ablenkt?!?

In der ganzen Diskussion kam mir dann noch eine neue Frage zu meinem Dach (Haus aus den 60ern) - auf dem Foto sieht man eine Verbindung zwischen den Schulterpfetten und ne Stützung des Firsts - Firstlänge sind 9m, das versteift Pfetten und First, das ist klar. Aber wozu dient der Kehlbalken weiter hinten zwischen zwei Sparren (den gibt es nur einmal an der Stelle)? Nach der Bierdeckelanalogie scheint mir das bei ruhendem Dach Wurst, mich wundert die Funktion aber dennoch - vl. ists eher für das Spannen von Wäscheleinen :emoji_grin: ?
24-04-21 09-39-48 2572.jpg

Vielen Dank für eure lehrreiche Unterstützung

Flottonas
 

Andreas W.

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Hallo Flottonas,

zur Kerve - ja, durch die Kerve bleibt der Sparren da sitzen, wo er hingehört.
Zur fertigen Kerve gehört auch noch das Loch für den Sparrennagel. Sind alle Kerven gefräst, wird in den Zwickel der Kerve ein ~ 6 mm Loch gebohrt, das dann möglichst im rechten Winkel zur Sparrenoberseite dort herauskommt.
Durch das vorgebohrte Loch haut man weniger Nägel krumm. Heutzutage dreht man wohl meistens eine Holzbauschraube ein, hier schont das Loch den Akkuschrauber.

Daß die Lage der Kerven beim Abbund hinterher zur Gegebenheit auf der Baustelle paßt (Position in Lage, Abstand und Höhe der Pfetten), ist die Kunst der Zimmerleute.
Damit das klappt, zeichnen ("reißen") die Zimmerleute entweder das Dachprofil auf dem Reißboden auf (heute wohl kaum mehr üblich) oder haben ein schlaues Programm, daß alle Maße angibt. Ich bin kein Zimmerleut, habe aber gehört, daß zur Kerve immer das "Obholz" gehört.

https://de.wikipedia.org/wiki/Obholz

Zu Pfetten und Sparren am Pfettendach -
ja, Deine Mittelpfette hat man einfach eingemauert. Vielleicht ja mit Giebelankern verankert, wie es civil engineer schreibt.
Heute sollte die zur Lastverteilung auf Betonstürzen liegen (natürlich je nach Last und Material der Mauer), oder gleich am vorgesehenen Platz am Giebelanker, wo sie dann befestigt werden kann. Dann klappt es so, wie tomkaes es beschreibt.

Kann man sagen, dass der Bierdeckel A durch stirnseitige Firstverbindung den Bierdeckel B daran hintert flach auf den Tisch zu fallen und dadurch die Horizontalkraftwirkung entsteht?

Beim Bierdeckel-Sparrendach gehört Bierdeckel A zu Bierdeckel B, zusätzlich braucht es noch Bierdeckel C und eine Verbindung untereinander, damit das stabile Dreieck entsteht.
Diese drei Bierdeckel und deren stabile Verbindung untereinander sorgen dafür, daß alles stehen bleibt.

Beim Bierdeckel-Pfettendach brauchtst Du im First eine Firstpfette, wenn man davon ausgeht, daß der Tisch die Fußpfette sein soll.
Ist die Firstpfette vorhanden, halten Bierdeckel A und Bierdeckel B. Sie stützen sich aber in keinster Weise gegeneinander ab, sie müssen nicht mal gegenüber sitzen. Die Pfetten tragen (bei Dir über das Mörtelbett... :emoji_wink:) die ganze Last nach unten ab.
Das ist in der Realität ja einer der großen Vorteile von Pfettendächern - die Lage der Sparren ist nicht so wichtig. Natürlich muß der Sparrenanstand schon passen (abhängig von Dachdeckung, Latten und Lasten usw.) , man ist aber flexibel (Gauben, Schornstein, Dachfenster).
Hier braucht kein Sparren ein direktes Gegenüber, z.B. bei irgendwelchen Beisparren an Gauben o.ä.

Gruß, Andreas
 

tomkaes

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Irgendwie hab ich meinen eigentlichen Punkt aber nicht anbringen können, ich frag vl. mal anders herum: Wozu dient die Kerve?
Ich würde denken, ohne Kerve (und bei ausreichend steilem Dach) würde dennoch der Sparren rutschen - wie als ob unter dem Bierdenkel noch was liegt, das es ablenkt?!?
Die Kerve hat auch die Funktion die vertikalen (Senkelschnitt) und horizontalen (Waageschnitt) Lasten aus dem Sparren
auf die unterstützenden Pfetten zu transportieren. Hättest du den Sparren einfach auf die Kante der Pfette aufgelegt,
würde die Kante an der Pfette und quer dazu am Sparren die Holzdruckfestigkeit bei weitem überschreiten.
Durch die Kerve im Sparren ergeben sich sowohl horizontal wie auch vertikal rechteckige Druckflächen am Sparren, die seine Lasten seitlich und oben in die Pfette einleiten können.
Außerdem wird dadurch die Ausmittigkeit der Krafteinleitung verringert, d. h. die Pfette wird weniger verdreht.
 
Zuletzt bearbeitet:

IngoS

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Hallo,

hier noch mal zur Veranschaulichung.
Ein Träger auf zwei Stützen. Die Gesamtkraft F verteilt sich auf die beiden Stützpunkte. Die Auflager für den Träger sind rechtwinklig zu den Kräften ausgerichtet. So kann sich nichts verschieben.
Beim Pfettendach ist es genau so, nur dass der Träger (Sparren) hier schräg liegt, die Auflagepunkte aber, wie vorher, rechtwinklig zur Kraftrichtung.

IMG_20240422_090119.jpg

Beim Sparrendach ist die Situation anders. Oben ist die Kraftübertragungsfläche nicht mehr waagerecht, sondern senkrecht. Die Kraft kann aber nur rechtwinklig zur Fläche, also waagerecht, übertragen werden. Die zweite Teilkraft wirkt in Sparrenrichtung. Die beiden Teilkräfte müssen nun die senkrechte Kraft F ersetzen. Wie groß die Teilkräfte sind und in welche Richtung sie wirken zeigt das Krafteck.

IMG_20240422_090027.jpg

Man erkennt, dass auf den Fußpunkt erhebliche Schubkräfte wirken, Wes beim Pfettendach nicht der Fall ist.

Hoffe, das hilft dem Verständnis.

Gruß Ingo
 

Flottonas

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Leute,

danke, nun klickt es - und Ingo danke fürs Schlagen mit dem Kräftedreieck - ich muss mir mit den Pfeilen beim Denken einfach helfen, es hilft - es wirkt bloß komisch, aber da ist mein Bauchgefühl einfach falsch bzw. unerfahren.

Toll, das ist wieder ein gewonnen Stück Wissen und Verständnis, danke euch allen! :emoji_heart_eyes:

Liebe Grüße

Jonas
 

Fatso Katz

ww-birnbaum
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Nun bin ich kein Profi und hatte auch in meiner Schullaufbahn nur dann Physik, als es mich nicht interessiert hat. Ich versuche mir die Welt vermutlich auf eine ähnliche Weise zu erklären wie du und deine Frage habe ich mir auch schon gestellt und so beantwortet wie du in deinem Eingangspost.

Endgültig "gefühlt" habe ich die Lösung dann, als ich mit unserem Kinderwagen auf der Rolltreppe stand. Die ersten zwei/drei Male habe ich ihn wie ein wilder festgehalten, bis ich gemerkt habe, dass man ihn trotz extremer Schieflage loslassen kann. Hier ist die Treppenstufe eben die Kerve.
 
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