Bestimmung älterer zweiflügliger Weichholzschrank, massiv, Rahmen-Füllung-Türen, zerlegbar

dieweltistrund

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Hallo Kollegen,

habe aus Nachlass diesen Weichholzschrank mit den Außenmaßen Breite ca. 165cm, Höhe ca. 191cm, Tiefe ca. 65cm.

Der Schrank ist wohl mal grün gewesen? Innenseite der Türen sind es noch. Ist wohl soweit unverbastelt im Orginalzustand? und ganz wertig und ordentlich gemacht. Wurde in der Familie als Sakristeischrank bezeichnet?! evtl. aus dem Süddeutschenraum?
Ich kann den zeitlich nicht richtig fassen und daher meine Bitte das ihr mal drauf schaut und eure Einschätzung abgebt.

Im Anhang Fotos mit sprechenden Dateinamen.


Viele Merci.

Gruß
Jörg
 

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flüsterholz

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Hallo Jörg
Solche Schränke sind immer etwas schwer zu schätzen, da man im ländlichen Bereich oft noch später Bauweisen findet, die in Städten schon nicht mehr aktuell sind.
Aufgrund der Füllungen müsste er vor 1820 sein, also vor dem Biedermaier. Da wäre dann aber der Klassizismus, wozu die runden Außenecken nicht so recht passen. Die wiederum findet man sowohl vor dem Klassizismus, als auch im Biedermaier. Kastenschlösser aus Blech kamen, glaube ich, ab Ende des 18. Jhd auf, bin mir aber nicht ganz sicher. Müsste ich jetzt auch erst recherchieren. Aber insgesamt wäre ich am ehesten um 1800 oder etwas später, aber ohne Gewähr.
Weichholzschrank würde, bemalt oder unbemalt, wie du schon erwähnt hast, für Süddeutschland und Alpenländer sprechen. Ansonsten wurde Weichholz im deutschsprachigen Raum eher furniert, bzw. später auch maseriert.

Gruß Michael
 

carsten

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Hallo

erinnert mich stark an den Schrank der bei meiner Oma in der Waschküche stand. Das Gesims oben nicht ganz so kunstvoll. Dafür war der Sockel nicht geschlossen. Verriegelung der linken Tür einfacher Schubriegel aus Eisen über die Jahre in Ehren angerostet.
Verbindung von Deckel zu Seite über Keilverschluss aus Holz der auch gleichzeitig die Kleiderstange gehalten hat.
Von außen weiß gestrichen, Innen Kiefer roh. Auf der Rückseite noch die Signatur eines örtlichen Schreiners mit der Jahreszahl 1931.
 

frank-n

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Ich schließe mich jörg an. Wir (Elterlicher Antikhandel) haben einige solcher Schränke gehandelt. Bäuerliche Möbel sind sehr schwer zu bestimmen. Seine Einschätzungen sind aber aus meiner Sicht plausibel.
 

dieweltistrund

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Hallo Michael, hallo Kollegen,

viele Merci für die Einschätzungen, ich versuche noch weitere Details zu fotografieren. Ich habe zwei Detailfotos von dem Keilverschluss der Hut und Aufrechte zusammen zieht. Scheint teilweise Orginal zu sein? Interssant ist die rechte Seite, da ist der Aufrechte (sorry kenne den Fachbegriff dafür nicht) aus Eiche geräuchert. Links ist der wohl mal erneuert worden, aber der Keil scheint dort auch aus Eiche geräuchert zu sein? Bin z.Z. leider nicht Vorort suche aber noch Fotos.

Im Anhang Fotos mit sprechenden Dateinamen.

Viele Merci.

Gruß
Jörg

Nachtrag: Fotos von der Keilverbindung unten eingefügt, scheint das selbe Prinzip unterhalb des Bodens sein?!
 

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Friederich

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Der Schrank ist wohl mal grün gewesen
Wird wohl so sein, wenn er innen gestrichen ist.
Andrerseits wundert mich etwas, dass recht gutes Holz verwendet wurde, und dann übermalt....
Vielleicht wurde er erst nachträglich gestrichen?

Jedenfalls ein schönes Stück mit gelungenen Proportionen. Geh bloss nicht mit Schleifpapier dran!
 

dieweltistrund

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Hallo Friedrich, hallo Kollegen,

ja es ist ein wohl proportioniertes Stück mit eigenem Charme und ich wird nur ganz behutsam restauriert. Die grüne Farbe auf den Innenseiten der Türen, ist wohl eher ein "Versuch" gewesen, der dann Gottseidank abgebrochen wurde.

Ich mache sobal Zeit ist weitere Detailfotos auch suche mal nach weiteren Schreinerzeichen usw..

Gruß
Jörg
 

welaloba

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Für mich ganz klar 1810 - 1840 mit wunderschönem Kopfprofil, innen viel Rumgekleckse, leider. Findest du aussen irgendwo noch Reste von Grün oder anderem Anstrich? Sieht fast nicht so aus... oder sehe ich da irgendwo in einer Tür Reste von weiß? Der Schrank hat schätzungsweise glatte Seiten - keine Füllungen...
Keile oben wie unten, die wurden eigentlich immer eindeutig gekennzeichnet, welcher wo hin gehört. Hat der Schrank mal Füße gehabt? Klar sieht man das erst, wenn der untere Kasten auf dem Rücken liegt.
Aussen würde ich mit passendem Lösemittel reinigen und mit Schellackmattierung fertigstellen. Innen hilft wahrscheinlich nur ein sachter Abbeizer, wenns denn sein muss.
Gruß Werner
 

flüsterholz

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Hallo Jörg
Nach dem Beitrag von Werner habe ich mich gestern, bei bestem Poolwetter, nochmal in die Fachliteratur vertieft. Es ist wohl tatsächlich so, dass auch im frühen Biedermeier die Füllungen bei Massivholzschränken teilweise noch mit der glatten Seite nach innen verbaut wurden. Da auch sonst an deinem Schrank alles zum Biedermeier passt, (Bänder, Riegel, Profilierung des Kranzes, abgerundete vordere Ecken, Verkeilung) würde ich mich Werners Einschätzung anschließen, dass es sich um einen Schrank aus dem Biedermeier handelt. Also nach 1815 und nicht nach 1800.
Gruß Michael
 

weissbuche

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Also nach 1815 und nicht nach 1800? Du meinst 1850-60. Ich wäre immer vorsichtig mit diesen genauen Zahlen. Das Biedermeier hat ja nicht 1815 angefangen weil die Tischler gesagt haben, ab jetzt bauen wir mal Biedrrmeier, sondern das hat sich so entwickelt und wenn ein Kunde und ein Tischler Biedermeiermöbel schön fanden, haben sie auch 1870 noch solche Möbel gebaut. Gerade auf dem Land. Stollentruhen wurden von der Gotik bis ins 19.Jahrhundert gebaut. ( Bin ich selber mal drauf reingefallen). Bin ja auch der Meinung, daß das in diese Zeit gehört, mich stören nur diese genauen Jahresangaben.
 

flüsterholz

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Also nach 1815 und nicht nach 1800? Du meinst 1850-60. Ich wäre immer vorsichtig mit diesen genauen Zahlen. Das Biedermeier hat ja nicht 1815 angefangen weil die Tischler gesagt haben, ab jetzt bauen wir mal Biedrrmeier, sondern das hat sich so entwickelt und wenn ein Kunde und ein Tischler Biedermeiermöbel schön fanden, haben sie auch 1870 noch solche Möbel gebaut. Gerade auf dem Land. Stollentruhen wurden von der Gotik bis ins 19.Jahrhundert gebaut. ( Bin ich selber mal drauf reingefallen). Bin ja auch der Meinung, daß das in diese Zeit gehört, mich stören nur diese genauen Jahresangaben.
Biedermeier fängt halt so ab 1815 an und geht bis ... um 1900 kam es dann auch nochmal in Mode. Also irgendwann in der ersten Hälfte des 19 Jhd nach 1815 wird es entstanden sein. Nur halt nicht davor. Nach 1800 war halt nicht korrekt, das wäre zu früh.
 

flüsterholz

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ch finde bei so einem Schrank eigentlich Wachs am passendsten.....
Sieht von den Fotos her so aus, als ob da schon Wachs drauf wäre. Denke mal, vorher abgelaugt, so interpretiere ich zumindest die Spuren auf der Innenseite. Könnte auch die dunkle Eiche erklären.
Danach geschliffen und nur gewachst. Und aus irgendeinem Grund die Füße entfernt, bzw. nicht ersetzt. Wirkt insgesamt etwas amateurhaft. Der Schrank hätte etwas Besseres verdient. Mir gefällt er jedenfalls sehr gut.
 

flüsterholz

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mich stören nur diese genauen Jahresangaben.
Oh Mist. Hab jetzt erst beim zweiten Durchlesen verstanden, worum es Dir ging. Nach ein paar Stunden Gartenarbeit war ich wohl nicht mehr so ganz aufnahmefähig. Da hast Du natürlich recht. Die Übergänge zwischen den Stilepochen sind natürlich fliessend. Obwohl man speziell beim Biedermeier nach der Niederlage Napoleons tatsächlich von einem Anfangsjahr sprechen könnte. Wobei natürlich nach 1815 auch noch Möbel anderer Stile gebaut wurden. Aber vielleicht irre ich mich auch und es gab auch vor 1815 schon Möbel im Biedermeierstil.
Wie auch immer, schreibe meine gestrige Begriffsstutzigkeit bitte meiner Müdigkeit zu.
Gruß Michael
 

weissbuche

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Auch wenn es nicht direkt zum Thema gehört, ich schaue mir heute diese Möbel mit einen Fachmann für den Möbelbau der Gotik an. Bin schon sehr gespannt.
 

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flüsterholz

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Wow. Schrank aus der Gotik hatten wir nie in der Werkstatt. Das ist schon extrem selten. Sieht auf den ersten Blick, vom Schloss und den Bändern, original aus. Für Dich privat oder fürs Museum?
 

weissbuche

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War sehr interessant. Viel gelernt. Bin wieder einen Schritt weiter und der Austausch mit so einem Fachmann war eine große Freude. Die auf den Bildern zu sehenden Möbel sind alle so um 1300 entstanden aber eigentlich haben wir aus jeder Epoche Möbel bei uns im Kloster. Habe ihm mal das Foto von Deinem Schrank gezeigt und er bestätigt, ohne genauere Untersuchung, die von vielen angenommene Bauzeit zwischen 1800/1815 und 1850/1860. Das an solchen Möbeln immer mal wieder was verändert wurde, bestätigt ein Schrank aus dem Kloster. Der wurde am Anfang des 18.Jahrhunderts gebaut und dann am Ende des 19.Jahrhunderts auf Renaissance gepimmt. Auch das hat es früher schon gegeben.
 

HolzandMore

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8. Längengrad
Wäre auch bei Anfang 19. Jahrhundert - obwohl die Rundungen am Sockel nicht so ganz passt zum Stil.
Ein Blick auf die Rückwand von außen könnte aufschlussreich sein. Sind die Bretter maschinell gesägt oder mit der Dielsäge von Hand?
Gruß Andi
 

welaloba

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Die genannten Rundungen im Sockel sind identisch mit der Abrundung der Seitenteile . Völlig übliche Ausführung. Die umlaufenden Halbstabprofile sind vielleicht etwas ausladend, aber noch im Rahmen. Würde mich interessieren was @Mathis dazu sagt.
 

Mathis

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Im Dorf in 'ner Stadt
Moin, nach den Fotos aus #1 sehe ich auch einen Schrank um 1860...keinesfalls früher. Die Rundungen sind absolut typisch für diese Zeit, kamen ab 1840-50 in Mode und hielten sich sehr lange, oft bis nach 1900.

Auch wenn es nicht direkt zum Thema gehört, ich schaue mir heute diese Möbel mit einen Fachmann für den Möbelbau der Gotik an. Bin schon sehr gespannt.

Den Schrank finde ich sehr spannend, der sieht mir sehr nach Gotik aus, da die Hoizteile mit den stark sichtbaren Spiegeln auf den Türen für gespaltenes Holz stehen anstatt gesägten Brettern. Zudem passen die langen Bänder genau zu den Breiten der Bretter, was darauf deutet, dass die Beschläge nach den vorhandenen Brettern und deren Breiten geschmiedet worden sind, was bei Historismusmöbeln keinesfalls der Fall war.
Auch das Schloss sieht - soweit auf dem winzigen Bild erkennbar- gut aus, das kann wirklich gotisch sein.
Glückwunsch zum Umgang mit solchen Stücken, sowas sieht man nur wirklich sehr selten und ich konnte immer sehr viel daran lernen!

Aufgrund der Füllungen müsste er vor 1820 sein, also vor dem Biedermaier. Da wäre dann aber der Klassizismus, wozu die runden Außenecken nicht passen
Solche Füllungen gab es bis deutlich ins 20. Jahrhundet, das hat rein gar nichts mit Biedermeier zu tun.
 

weissbuche

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Die Schränke sehen nicht nur nach Gotik aus. Dendrochronologisch ist das Fälldatum für die Eiche in die Zeit zwischen 1280-1300 datiert. Bei Eiche immer etwas schwierig, da der Splint fehlt. Für den fehlenden Splint werden pauschal etwa 20 Jahre dazu gezählt. Da an 2 Stellen etwas Splint vorhanden war, lässt sich das also einigermaßen genau sagen. Das würde auch zu einem urkundlich belegtem Neubau im Klostet in der Zeit passen.Schlösser und Beschläge sind original und andere Beschlagschatten sind nicht festzustellen.
 
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