Es mag sein dass es an meiner Übermüdung liegt, aber ich komm nicht so ganz drauf worauf du hinaus willst. Und anscheinend bin ich auch nicht in der Lage zu vermitteln worums mir geht.
Ums mal mit ner Analogie zu versuchen: Ich kauf mein Brötchen lieber beim kleinen Bäcker der in der Backstube seinen Teig knetet als beim Backautomaten im Supermarkt. Ich schau da nicht extra hinten in die Backstube um zu kucken ob der brav sein Häubchen trägt oder zwischendurch mal den Finger in der Nase hat. Ich bevorzuge den Bäcker weil er etwas kann und das Wissen darum aufrecht erhält und vermutlich weiter gibt. Selbst wenn das Brötchen aus dem Backautomaten qualitativ genau so gut wäre und "sauberer" ist und nen immer exakt gleichbleibenden Geschmack hat, bevorzuge ich den kleinen Bäcker.
Das gleiche gilt für ein Möbelstück das exakt gleich aussieht und genauso lange hält, aber einmal von der Fertigungsstrasse fällt, und einmal vom Handwerker kommt. Auch bei höherem Preis für das Handwerkerprodukt.
Bietet mir das nüchtern und objektiv betrachtet einen Vorteil? Nicht direkt. Aber darum gehts mir nicht. Mir gehts um die Menschen dahinter, bzw. das fehlen der selbigen.
Und irgendwie vielleicht auch um die Zukunft. Eine Krieg, eine Seuche und innhalb von wenigen Jahren kann ne Kultur zugrunde gehen. Is auch schon oft genug vorgekommen in der Geschichte. Wenn die paar Leute die dann noch in den Ruinen rumlaufen nur wissen wie man nen Löffel gegen ne Poliermaschine hält damit der glänzt, dann fangen wir effektiv wieder von vorne an. In der Steinzeit. Vielleicht mit glänzenden Löffeln, aber das löst die großen Probleme nicht. Je intensiver eine Spezialisierung betrieben wird, umso anfälliger wird das Gesamte. Die Abhängigkeiten wachsen und das wegfallen weniger Bestandteile lässt das Gesamtkonstrukt scheitern.
Beim drücken auf den bestellen Knopf gings mir nicht wirlich um die Zukunft der Menschheit. So abgehoben bin ich jetz auch nicht. Da gings mir drum dass es jemanden gibt, der richtig was kann und ein Produkt herstellt das mir richtig gefällt und dafür sorgt dass mir persönlich das arbeiten damit mehr Spaß macht und ergonomischer ist als die Alternativen die ich hier kaufen könnte und auch schon getan hab. Durch den Verkauf von denen hab ich den größten Teil des Preises schon wieder drin, und der Rest kommt zu nem gewissen Teil diesem Menschen zu gute.
Ich geh schwer davon aus dass in Japan mehr industriell gefertigte Werkzeuge hergestellt werden als welche die handwerklich hergestellt werden. Ich weiss jetz nicht ob wir bei diesen Begriffen schon am gegenseitigen Verständnis scheitern. Ich gehe davon aus dass du ne sehr konkrete Vorstellung vom Unterschied hast. Du sprichst von den Bedingungen im Video, und weiss auch da nicht was genau du meinst. Nein ich kauf kein Stemmeisen dass von jemandem handwerklich hergestellt wird, WEIL er es ohne Gehörschutz herstellt. Sondern weil es jemand vom Rohmaterial bis zum fertig geschmiedeten Hobeleisen selbst herstellt. Natürlich mit Maschinenunterstützung. Das ändert für mich nix am Handwerk. Industriell hergestellt bedeutet für mich dass es in großen Fertigungsanlagen vom Rohmaterial das vom Stahlproduzenten kommt aufgeteilt und annähernd bis zur endgültigen Form gebracht wird, so dass nur noch wenige einfache Arbeitsschritte von Menschen ausgeführt werden müssen, bei denen nicht zwingend ein Wissen über alle Produktionsschritte vorhanden sein muss.
Dass es im Handwerk auch solche Arbeiten gibt ist mir klar, und ich hab die auch schon zur Genüge ausgeführt um zu wissen dass ich das nicht im Schichtbetrieb 40 Stunden die Woche machen könnte ohne völlig hohl zu drehen.
Läuft japanisches Tischlerwerkzeug schon handwerklich unperfekt vom Band?
Da komm ich grad gar nicht dahinter was du damit meinst.
Vom Bruttoinlandsprodukt auf die genaue Zusammensetzung und Arbeitsweise einzelner Betriebe zu schließen versteh ich auch nicht. Erstens, ja, das Bruttoinlandsprodukt ist fast das gleiche, aber Japan hat 50% mehr Einwohner. Pro Kopf ist es also schon sehr unterschiedlich. Und selbst wenn das nicht der Fall wäre, dann können doch schon kleine kulturelle Unterschiede zu einer recht unterschiedlichen Unternehmenslandschaft führen.
Mal als plakatives Beispiel ohne Anspruch auf 100%ige Realitätstreue:
In Deutschland fahren die Leute gern mit dem Benz zum Aldi und kaufen eingetütetes aufgeschnittenes Brot und Gemüse aus Spanien, und in Frankreich fahren die Leute mit dem alten Citroen auf den Wochenmarkt und kaufen beim lokalen Bauern und gehen danach zum Bäcker und kaufen ihr Baguette.
Daraus resultiert doch eine völlig unterschiedliche Zusammensetzung der ausgeübten Berufe und Anzahl derer die in diesen Berufen arbeiten.
Vielleicht lässt sich so ein Themenkomplex auch einfach schlecht durch geschriebene Worte besprechen. Oder es dauert einfach sehr lange und bedarf vieler Worte.
Aber vielleicht probierst dus trotzdem nochmal, ich würd echt gerne verstehen worums dir jetzt konkret ging, und wissen ob ich einigermaßen vermitteln konnte worum es mir geht.