Beim Härten von Holzölen passieren ja eigentlich zwei Dinge: Das Öl vernetzt sich zu einem zäh-elastischen Material (Linoxin), das ist der erwünschte Effekt. Wenn die Vernetzung abgeschlossen ist, ist das komplett geruchlos. Linoleum besteht ja hauptsächlich aus vernetztem Leinöl, und riecht nach nichts.
Gleichzeitig werden die Ölmoleküle aber auch gespalten, bzw zerfallen in kleinere Moleküle (Aldehyde, freie Fettsäuren). Die sind für den charakteristischen ranzigen Geruch, den einige auch als chemisch empfinden, verantwortlich. Das ist ein Nebeneffekt. Wie schnell diese Spaltung im Vergleich zur Vernetzung abläuft, hängt von so vielen Faktoren ab (Sauerstoff, Licht, Temperatur, Feuchte), dass das sehr unterschiedlich sein kann. Eventuell spielt bei einem Fußboden auch eine Rolle, dass Öl in die Ritzen läuft, und dort langsam trocknet und dadurch mehr Gelegenheit hat, sich zu zersetzen. Ist aber Spekulation.
„Bio“-Öle riechen oft stärker und länger - die weniger „ökologischen“ enthalten mehr Sikkative. Diese fördern eine schnelle Vernetzung, wodurch der Geruch schnell verschwindet. Dadurch ist auch weniger „freies“ Leinöl vorhanden. Außerdem enthalten die „Chemie“ Öle oft Alkyd- oder PU-Harze, die schnell und geruchsarm abbinden. Ich habe zB eine Dose Remmers Arbeitsplattenöl, das besteht hauptsächlich aus Alkydharz und bindet ruck-zuck mit wenig Geruch ab.
Schädlich sind diese Zerfallsprodukte des Leinöls nicht. Wie bei fast jeder biologischen Substanz gibt es Menschen, die dagegen allergisch sind, aber das gibt es ja bei allem.
Dass Geruch etwas mit Schädlichkeit zu tun hat, ist natürlich Unsinn. Siehe „frische Landluft“ aus dem Kuhstall.
Deshalb halte ich eine Produktfälschung für unwahrscheinlich - wie gesagt, gerade die Bio-Öle riechen mehr. Ein „Fälscher“ würde sicher eher Kunstharze reinkippen als Leinöl.
Das ist, wie gesagt, immer ein Abwägen: Um bei Ökotest ein gutes Ergebnis zu kriegen, muss man auf Schwermetalle als Sikkativ verzichten. Dadurch geht die Vernetzung langsamer, und mehr kleine Moleküle entstehen durch Zerfall, die dann halt riechen.
Winfried hat (wie immer) recht: Am Besten einfach abwarten, das verschwindet von selbst, wenn die Vernetzung abgeschlossen ist. Schädlich ist es sowieso nicht. Abschleifen und neubeschichten würde nicht unbedingt Abhilfe schaffen - es kann ja noch Öl in den Ritzen sitzen. Außerdem muss dann ja was anderes drauf, was vielleicht andere Probleme macht. Würde ich also nicht tun.
Das ist hier halt wieder so ein typisches Missverständnis: Einerseits soll alles bio sein, andererseits aber schnelltrocknend und geruchlos. Das geht halt schlecht zusammen: Geruchlos und schnelltrocknend wäre ein 2k-Lack, der ist halt nicht bio...
Also keine Panik, das geht von selbst weg und schadet bis dahin auch nicht.