Vielleicht warst du ja gar nicht gemeint?
Sei es drum, ich geh mal auf den genereller Ebene.
Ich habe selbst Abi, auch schon zwei Hochschulen von innen gesehen und in verschiedenen Betrieben und Gewerken gearbeitet, bevor ich mich vor rund 15 Jahren als Tischlermeister selbstständig gemacht habe.
Und ich kenne noch die Sorte Facharbeiter (und Angelernte), die über "die Studierten" herziehen, oftmals war das der Versuch, die eigenen Minderwertigkeitkomplexe, Machtgefälle, Betriebsstrukturen, eigene Doofheit oder was auch immer schönzureden. Universalgenies sind selten, die Zeiten von da Vinci und Dr. Faust sind vorbei, und selbst bei diesem weiß man nichts mehr über deren handwerklichen Fähigkeiten.
Bis in die 60er Jahre hinein war die Berufswahl i.a. bestimmt durch Geschlecht und soziale Herkunft. Das ein Arbeiterkind die Realschule besuchte war schon eine Ausnahme, alleine durchs Schulgeld, dass es dann studierte noch seltener. Kinder aus Akademikerfamillien hatten den entsprechenden Stallgeruch und wurden teilweise auch durchs Studium gedrückt, auch weil Papa und Sohnemann Freitags zusammen mit dem Prof auch gemeinsam am Pabst standen.
Durch diese Strukturen blieb die Bildung nach gesellschaftlicher Herkunft verteilt, die Intelligenz aber ließ sich nicht steuern und folgte alleine den Gauß'schen Verteilungsschemata.
In der Zeit des kalten Kriegs besann sich die Politik auf die ungenutze Recource und machte den bildungspolitischen und gesellschaftlichen Aufstieg möglich. Das war gar nicht alleine eine Errungenschaft der Sozialdemokratie, sondern seitens der Westallierten auch so gewollt und gesteuert. Ich begrüße persönlich diese Entwicklung, aber sie hatte einen schweren Nachteil: Teilen der Wirtschaft, zB dem Handwerk, wurde Potential entzogen, gleichzeitig akademisierte sich ein weiterer Teil der Wirtschaft, und "unten" war immer weniger Auswahl bei gesunkenem Intellenzniveau.
Gleichzeitig machten immer mehr Leute Abitur oder qualifizierten sich anderweitig zum Studium. Der Notenschnitt stieg immer weiter, teilweise sicherlich auch, weil die Lehrer ihren Schülern zB nicht die Möglichkeit eines Medizinstudiums "verbauen" wollten. Die Realschulen wurden hier in NRW abgeschafft, die Gesamtschule bringt viele Leute zum Abi, die es früher strukturell vielleicht nicht geschafft hätten. 1960 hatten 7% aller Schulabgänger Abi gehabt, 1970 schon 11 und 2012 satte 60%.
Handwerkliches Arbeiten hat ein (noch) schlechteres Image bekommen und wird beschissen entlohnt.
Viele normale Schüler wollen das heute nicht mehr. Wir haben derzeit einen 14jährigen Praktikanten in der Werkstatt, dessen Berufswunsch ist Sozialversicherungsfachangestellter. Kann mir mal jemand erklären, welche Motivation ein Vierzehnjähriger haben kann, einen solchen Beruf anzustreben außer "Kohle stimmt, Job ist sicher und ist nicht anstrengend und schmutzig"?
Und jetzt noch mal zum Abi: Der Hauptschulabsolvent muß nicht dümmer sein als der Abiturient. Vielleicht war das alles nur eine Frage von sozialer Herkunft (wir bewegen uns da wieder zurück), extrinsischer und intrinsischer Motivation. Im Einzelfall kann das stimmen. Im großen Schnitt wird der Abiturient aber schon schlauer sein als der Absolvent mit Hauptschulabschluß.
Und ich betreibe ja, bei aller Liebhaberei, ein Wirtschaftsunternehmen. Die meisten meiner Mitbewerber streichen die Liebhaberei auch komplett, dann bleibt nur noch das Wirtschaftunternehmen. Und da such ich mir diejenigen raus, von denen ich mir den größten Profit verspreche (und der kann sich ganz unterschiedlich darstellen, am ende dann aber halt in Geld). Die Einschätzung ist da bei den Unternehmern unterschiedlich, aber ich habe per se auch erst mal lieber Abiturienten. Sind reifer, kein jugendschutz, theoretische Vorbildung ist größer, sozial meist stabiler, passen meist besser in unser Team, höhere Auffassungsgabe, motorisch weiter, selbstständiger, oft Führerschein etc.
Und Handwerk ist intellektuelle Leistung, wie schon geschrieben, mit Kraft und Motivation alleine kann man da nix (mehr?) werden. Mit Köpfchen schon eher. Aber geht man dann ins Handwerk?