Guuden,
einen schönen Feierabend!
Danke!
Ich hab nach Studium und gut bezahltem Job zum Schreiner umgesattelt. In meiner Werkstatt zuhause mach ich den Meister Eder, viel Handwerkzeuge, Massivholz, bauen worauf ich Lust hab und was mir gefällt.
Im Betrieb bau ich Möbel mit denen ich nicht wohnen wollte. Macht aber nix, muss ich ja zum Glück auch nicht.
Von der fehlenden Romantik haben ja genug Leute schon gesprochen, und sie haben damit völlig Recht. Einen Betrieb in dem man dem romantischen Ideal nah kommt findet man nicht leicht, und der Andrang von Lehrlingen dürfte relativ groß sein.
Es muss einem schon klar sein was schreinern im Wettbewerb mit anderen Schreinern und der Industrie bedeutet, nämlich Arbeit. Oft auch sich wiederholende Tätigkeiten, und oft auch mal Stunden am Stück.
Das schöne daran, und das ist in der IT glaub ich für einige das Problem, und wars für mich auch, man sieht was man gemacht hat. Man hat ein reales Ergebnis vor sich liegen, man merkt also sowohl körperlich, als auch mit den Sinnen dass man etwas geschafft hat. Da macht die Dusche nach der Arbeit und das Abendessen gleich viel mehr Spaß.
Ich arbeit jetzt viel mit Plattenmaterial, nicht meine Präferenz, aber das ist gefragt. Ich hab nen Betrieb gefunden der wirklich abgefahrenes Zeug herstellt, hauptsächlich kommen die Entwürfe von einem Innenarchitekten. Da ergibt sich einmal eine relativ große Abwechslung, und außerdem muss alles wirklich den höchsten Ansprüchen genügen. Ich mag das. Das fordert. Das erfordert Ideen um komisches Zeuch umzusetzten das jemand entwirft der eben kein Schreiner ist und auch nicht weiss was man wie umsetzen kann. Und es erfordert bei einigen Arbeiten auch echt volle Konzentration. Heut hab ich aber auch 3 Stunden lang Leim in Dübellöcher gedrückt und dann Dübel geklopft. War das schlimm? Nö! Voll okay. Jeden Tag den ganzen Tag... wärs scheixxe!
Im Moment herrscht Fachkräftemangel an allen Ecken im Handwerk. Und viele Betriebe (unserer auch) würden auch sofort nen Lehrling aufnehmen. Das ist ne günstige Situation um einzusteigen. Und man muss auch nicht zu nem Betrieb der nur Fertigprodukte montiert, oder den ganzen Tag Türen und Fenster setzt. In so nem Betrieb würd ich auch versauern!
Also um mal kurz ein Resümee zu ziehen:
Ich denke die anderen haben mit ihren Hinweisen schon recht. Erwarte keinen SWR Handwerkskunstbetrieb mit viel Zeit und Muse den ganzen Tag. Da gibts ne Hand voll, aber auch die werden ihre Arbeit immer wieder einfach als Arbeit empfinden. Der Mensch is egal was er macht nicht gedacht um ständig dauergrinsend in der Gegend rumzurennen und total erfüllt zu sein.
Oder wie meine Schwester mal gesagt hat:
Ich lieb Schweinsbratn mit Semmekneedl, aber gibt mir 7 Tage die Woche 3 mal am Tag Schweinsbratn mit Semmekneedl und kotz es dir vor die Füße!
Bedenke natürlich auch die anderen Varianten die dir zur Verfügung stehen: Holz als reines Hobby, IT auf Teilzeitbasis etc. (Ich arbeit jetz auch nur 4 Tage die Woche, Geld is nicht alles! Ich wollt eigentlich nur 3, aber das ging für meinen Chef nicht klar. Aber mit Familie und altem Haus das renoviert wird wären für mich 5 Tage echt nicht so toll.)
Schau mal nach Betrieben in deiner Nähe, kuck was die so machen. Geh zum Chef und red mit ihm. Oder ihr. Wir sind ein 5 Mann Betrieb, und 2 davon sind Quereinsteiger mit mindestens einer vorangegangenen Ausbildung. Es gibt also durchaus die Betriebe die sich Leuten wie uns widmen und mein Eindruck ist das er ganz happy is mir der Situation.
Im Endeffekt hängt auch einfach viel davon ab wie unzufrieden du mit deiner jetzigen Situation bist. Überdenk das mal in Ruhe, wisch die verklärte Romantik mal beiseite und überleg ob das was übrig bleibt besser ist oder sein könnte. Und klar, du solltest den Schreineralltag auch mal live und in Farbe erleben. Ach ja, ganz wichtig dabei: die Leute mit denen du arbeitest. Ich war vorher nicht happy. Jetz hab ich super Arbeitskollegen!!