Das mit der Konkurrenzeleminierung durch Kauf/Schliessung
wird es in einigen Fällen in der Form auch gegeben haben, nur
war die Wettbewerbsituation zu der Zeit nicht gerade wirklich
beängstigend für Westfirmen.
Hallo Harald,
nöh, das waren mitnichten nur Einzelfälle. Einzelfälle waren es nur da, wo es in so großem Stil stattfand, dass es ganze Regionen zu kippen drohte und darum das Medieninteresse groß war.
Du scheinst ja mit Landwirtschaft etwas anfangen zu können, also ein Beispiel aus dem Bereich.
Der komplette Landmaschinenbau im Osten war im "Kombinat Fortschritt" zusammengefasst. Heute ist davon außer einem kläglichen Rest des ehemaligen Stammwerkes in Neustadt/Sa. nichts mehr übrig.
Die Treuhandgesellschaft hat den Laden, der seit Anfang der 50er Jahre immer weiter gewachsen war und dessen einzelne Werke kaum wirklich Aussicht hatten, autonom zu funktionieren, erst einmal in mehr als 50 einzelne Gesellschaften zerschlagen.
Es steht außer Zweifel, dass "Fortschritt" in den Strukturen und mit den Produkten und Kostenstrukturen (da müssen mehr als 10000 gearbeitet haben...) kaum wirklich weltmarktfähig gewesen wäre.
Was ist passiert? Die Marke ging in
Case New Holland Industrial auf. Bis auf das erwähnte Stammwerk und einige Reste, auf die ich am Ende noch einmal hinweise, ist die Tradition des ostdeutschen Landmaschinenbaus aus der Karte getilgt.
Und nein, in dem Fall ging es wohl nicht um die Produktqualität ostdeutscher Mähdrescher und Traktoren. In dem Falle dürfte es Case New Holland und allen anderen der üblichen Verdächtigen, die sich seinerzeit mit der THG um einen Deal bemühten eher um den Markt gegangen sein, der sich im Falle von "Fortschritt" nicht auf die vernachlässigbar kleine DDR bezog, sondern den gesamten Ostblock umfasste.
Im Zuge der Privatisierung des Ostens gab es nicht nur die bekannten Einzelfälle von Wirtschaftskriminalität - Leuna, Wärmeanlagen etc., bei der korrupte "Wessis" und korrupte "Ossis" sich gleichermaßen bedienten. Es gab das vielfach, und zwar vor allem auch in der Fläche bei kleineren Betrieben, wo die Entdeckungsgefahr relativ gering war. Wikipedia widmet diesem Abschnitt deutscher Geschichte ein eigenes
Kapitel...
"Bis Anfang des Jahres 1999 wurden nach Schätzung des Berliner Generalstaatsanwaltes a. D., Christoph Schaefgen, bundesweit nicht weniger als rund 62 000 Ermittlungsverfahren gegen ca. 100 000 Personen im Zusammenhang mit der Regierungs- und der Vereinigungskriminalität geführt." (
*)
Um mal wieder halbwegs die Kurve zum eigentlichen Thema zu bekommen: Auch das Kombinat "Fortschritt" traf irgendwann der Fluch der "Konsumgüterinitiative"...
Heizgeräte, Pkw-Anhänger und selbst Fahrräder (und wahrscheinlich einiges mehr, an das ich mich schon gar nicht mehr erinnern kann...) haben die dann statt Mähdreschern und Co. gebaut.
Das letzte "Schmäckerchen" mit Geschmäckle: Die Geschichte der in Neukirch zu Ostzeiten aus dem Boden gestampften Fahrradproduktion im Rahmen der "Konsumgüterinitiative". In Nachwendezeiten zum größten Fahrradproduzenten Europas aufgestiegen, liest sich die kurze Geschichte wie ein Krimi. Und wer das aus der Nähe betrachtet hat, für den ist es auch ein Krimi:
https://de.wikipedia.org/wiki/Biria
LG,
Falk