Windsor Stühle anno 1898 - Neuling braucht Hilfe

Gismo4

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Hallo zusammen,

Wir haben uns heute alte Windsor Stühle gekauft. Erst Zuhause sind mir einige Mängel aufgefallen. Ich wollte mal nach eurem Rat fragen:

- reparieren oder so lassen?
- Wenn reparieren, dann wie?
- kann mir jemand Details zu den Stühlen geben?

Besonders "Sorgen" mach ich mir über die Risse im Sitz und die losen Rückenlehne-Streben.

Tendenziell hätte ich die Stühle jetzt an den Stellen mit Holz Leim geklebt und danach dieu Stühle mit farblosem Holz Öl von Osmo geölt.

Ich würde mich über eure Ideen und Ratschläge sehr freuen.

Vielen Dank und Gruß
Gismo4
 

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Gismo4

ww-pappel
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Achja, der Vorbesitzer hat diese Stühle 1981 vom Möbel Haus Pesch in Köln gekauft. Danach wohl "gut behandelt" aber sonst nicht behandelt worden
 

kgb007

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Schöne Stühle!
Das wäre jetzt ein länglicher Beitrag... so lassen würde ich es nicht. Jeder Mangel bedarf jedoch einer spezifischen Behandlung. Wenn Du schreibst, mit Holzleim kleben, schwant mir böses...
Bitte nur Knochen- bzw. Hautleim benutzen. Die Risse müssen mit Dübel quer von der Seite oder mit sog. Butterflyplättchen stabilisiert werden. Und für das eine Bein vorn rechts bedarf es einer spezifischen Lösung, die man jedoch erst nach genauerer Inaugenscheinnahme entwickeln kann. Du solltest Dich von einem Restaurator beraten lassen, was Du selbst machen kannst und lieber lassen solltest.
 

kgb007

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Nachtrag: Es kommt darauf an, was man mit den Stühlen machen will. Für den alltäglichen Bedarf muss man jedoch den Zustand behutsam verbessern.
 

Gismo4

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Ja, wir wollen die für uns und unsere Gäste am Esstisch nutzen und wollen sie dafür haltbar machen und mit dem Öl wieder das schöne Holz raus arbeiten
 

kgb007

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Ja, wir wollen die für uns und unsere Gäste am Esstisch nutzen und wollen sie dafür haltbar machen und mit dem Öl wieder das schöne Holz raus arbeiten
Dann gilt oben geschriebenes. Und was die Oberfläche betrifft: hier wäre zu schauen, was drauf ist. Könnte auch Schellack sein.
 

dascello

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Das "schöne Holz" kommt erst ganz zum Schluss. Zuerst ist eine stabilisierende Restaurierung vonnöten, damit die Gäste nicht auf dem Boden landen. Einige der Schäden auf den Bildern erscheinen nicht so schlimm, andere schon. Was dann am Ende drauf kommt, ist fast egal.
Ich selbst würde mir das wohl nicht zutrauen. Profis können das.

Zeig uns bitte den Fortgang, ist spannend.

Gruß

Michael
 

Vaultdoor

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Ich betrachte mich nicht als Profi, fühle mich aber genötigt, hier auch etwas zu den Stühlen zu schreiben.
Die Sitzfläche besteht aus einem eher ungünstigen Teil eines Eichenbaums und deshalb sind über die Jahrzehnte auch manche dieser Risse entstanden. Zu dieser Zeit wurde im Wesentlichen der gesamte Baum verwendet, anders als das heute der Fall ist. Daher ist diese Herangehensweise auch nachvollziehbar.

Ich sehe auf den Fotos erstmal keine Leimrückstände, kann mir aber auch nicht vorstellen, dass der gesamte Stuhl einfach gesteckt wurde. Umgekehrt läßt mich die genau ums Stuhlbein befindliche aufgesprengte Stelle das denken.

Reparaturvorschläge:
Den langen Riss auf dem letzten Bild würde ich durch Einsetzen eines Eichenholzspans mittels Knochenverleimung reparieren. Knochenleim wurde hier schon völlig korrekt vorgeschlagen und ich stoße da ins gleiche Horn.
Auch den Riss auf Bild 2 würde ich mittels Spaneinsetzung reparieren. Die Farbtöne müssten dann in beiden Fällen angeglichen werden, oder aber man hat wirklich alte abgelagerte Eiche, die farblich gut paßt.
Die aufgesprengte Stelle am Stuhlbein würde ich nicht mit Spänen auffüllen, sondern anders behandeln. Allerdings ist das Problem, dass hier große Kräfte durch das Sitzen auf der Fläche entstehen und die vorne doch recht dünn anmutende Sitzfläche stark belastet wird. Ich bin mir nicht sicher, ob man einfach stumpf neu verleimen sollte. @Holzsinn hat hier hoffentlich noch ein paar Tipps?

Viele Grüße
Maik
 

kgb007

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Maik: Ich würde da nichts einleimen. Bei weiterem Arbeiten des Holzes werden die Risse dadurch möglicherweise noch "aufgeweitet". Das muss man sich wirklich genau und jedes einzelne Problem anschauen! Und bei diesen schönen alten Möbeln gilt: so wenig wie nötig verändern. Ich habe auch ein paar Vorschläge im Kopf - aber das geht nicht über ein Forum an Jemanden, der hier Hilfe sucht, sich jedoch als Anfänger bezeichnet.
 

Vaultdoor

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Bei weiterem Arbeiten des Holzes werden die Risse dadurch möglicherweise noch "aufgeweitet".

Hallo Rainer,
auch ich würde nur minimalinvasiv da Änderungen vornehmen, ganz klar. Und wenn der Stuhl nur "museal" hergerichtet werden würde, dann müsste man da nicht solche Reparaturen durchführen. Aber der Eigentümer will sie ja wieder alltagstauglich haben, das ist die Herausforderung.

Die Späne müssen natürlich genau passend und ohne weiter Druck auszuüben eingeleimt werden. Mit einer Laubsäge den Riss sauber aussägen, dann den Span passend herstellen. Ansonsten wüsste ich nicht, was man da machen kann. Zusammenzwingen wäre definitiv der falsche Weg, denke ich. Was meinst du?

Viele Grüße
Maik
 

Mathis

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Ich betrachte mich nicht als Profi, fühle mich aber genötigt, hier auch etwas zu den Stühlen zu schreiben.
Die Sitzfläche besteht aus einem eher ungünstigen Teil eines Eichenbaums und deshalb sind über die Jahrzehnte auch manche dieser Risse entstanden. Zu dieser Zeit wurde im Wesentlichen der gesamte Baum verwendet, anders als das heute der Fall ist.
Auch wenns nicht sooo wichtig ist, der Stuhl ist nicht aus Eiche, sondern aus Ulmenholz gemacht, das ist DAS traditionelle Holz für Windsor-Stühle.
Die Restaurierung ist nicht ohne, es müssen alle Stützen wieder verleimt und verzapft werden, ich hab Kunden mit solchen Stühle immer gern an Kollegen abgegeben, die sich auf Stühle spezialisiert hatten...

Der Herr hier zeigts ganz gut, um was es bei der Verleimung geht.
 

derdad

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Windsor Stühle wurden nicht einheitlich aus einem Holz gemacht, sondern jeweils das Beste das in der Region zur Verfügung stand für die jeweilige Anwendung. Der Sitz dürfte Ulme/Düster sein. Dieses Holz ist sehr zäh und deshalb gut geeignet um die durchbohrten Fuß- und Rückenlehnen. Die gebogene Lehne scheint hier Esche zu sein. Gut geeignet zum Biegen. Und die Sprossen dürften Buche sein.
Das Holz für Wkndsor Stühle wurde auch oft in relativ nassem Zustand verarbeitet, und beim Trocknen erhielten die Verbindungen dann ihre Endfestigkeit.
 

seschmi

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Erstmal solltest Du überlegen, was das Ziel ist:

- Eine Restaurierung - das bedeutet, dass man den originalen Zustand, so gut es geht, wieder herstellt. Nach allem, was ich über die Zeit weiß, war da wohl kein Öl drauf, auch Weißleim gehört dann auch nicht dran.
- Oder die Stühle einfach nur benutzbar machen, auch wenn der historische Zustand verloren geht.

Meine Präferenz wäre eine Restaurierung. Die Stühle sind ja historische Stücke, die das verdient haben, auch wenn es etwas kostet.
Das erfordert dann aber das Know-How eines Restaurators. Da ist nichts mit Selbermachen. Das geht auch nicht mit Tipps aus einem Forum.
Wenn es nur darum geht, dass man wieder drauf sitzen kann, auch wenn es keine Restaurierung ist, dann gibt es hier sicher Tipps, für einen Laien ist es aber trotzdem schwierig. Der historische Aspekt ist dann aber futsch.
 

kgb007

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Zusammenzwingen ist falsch, sehe ich auch so.
Bei dem langen Riss würde ich mir etwas überlegen um die nötige Stabilität in die Sitzfläche zu bekommen. Damit das optisch nicht stört, denke ich an die Unterseite. Eine Eschenleiste, die links und rechts in einer "Führung" läuft, könnte etwas bringen. Die Führungen bestehen lediglich aus flachen Holzbrettchen die entsprechend der Leiste ausgeklinkt sind. Das Ganze möglichst weit vorne platziert aber so weit zurück, dass man es nicht gleich sieht. Wenn man das an der Sitzfläche von Unten mit Leim und kleineren Holznägeln befestigt, kann man es auch später ohne Rückstände (bis auf die Reste der Holznägel) wieder entfernen.
Ohne grösseren Materialabtrag (den man tunlichst vermeiden sollte) wird man in die Risse keine noch so sorgsam bearbeiteten Späne hinein bekommen. Das sieht dann am Ende wahrscheinlich schlimmer aus, als der Riss selbst. Sind ja alte Stühle, die schon ihre Erbauer und ersten Besitzer überlebt haben.
Problematisch sieht die Sitzfläche an dem einen Bein vorn aus. Wie gesagt: schwierig bei Ferndiagnose! Mal laut gedacht: Wahrscheinlich würd ich das Bein heraus nehmen und parallel zur Sitzfläche stärkere Dübel einbohren (Foto). Ich würde hier vor dem Bohren versuchen, die Rissflächen wieder aneinander zu bekommen, sonst bekommt das Bein keinen Halt. Offensichtlich sind in den Zapfen vom Bein auch im Laufe der Zeit mehrere Keile eingebracht worden. Die müssen vor dem Verleimen wieder raus und ein passender möglichst aus dem gleichen Holz (sieht in der Tat nach Rüster aus) muss da rein. Das Bein darf aber erst rein, wenn die Verleimung gut ausgehärtet ist - ich würde das 24h stehen lassen.
 

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derdad

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Offensichtlich sind in den Zapfen vom Bein auch im Laufe der Zeit mehrere Keile eingebracht worden. Die müssen vor dem Verleimen wieder raus und ein passender möglichst aus dem gleichen Holz (sieht in der Tat nach Rüster aus) muss da rein. Das Bein darf aber erst rein, wenn die Verleimung gut ausgehärtet ist - ich würde das 24h stehen lassen.
Der Keil im Zapfen muss drin sein. Das ist eine originale Verbindung. Manchmal sogar ohne Leim.
LG Gerhard
 

Holzsinn

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Auch ich denke, dass man zum reparieren/restaurieren dieser Stühle etwas Erfahrung braucht, da die verschiedenen Schadstellen auch alle unterschiedlich behoben werden müssen.
Mir erscheint das gesprengte Stuhlbein auch besonders kritisch, da ein Riss quer zur Maserung verläuft. Der reißt vielleicht ganz auf, wenn man versucht, den Längsriss zu schließen. Bei vorherigen Instandsetzungen ist ja offensichtlich versucht worden, das lockere Stuhlbein durch Einschlagen mehrerer Keile wieder fest zu bekommen, was das Problem aber offensichtlich noch verschärft hat. Hier würde ich das Stuhlbein rausziehen, die Keile entfernen, den Längsriss verleimen und den Querriss evtl. mit Dübeln stabilisieren. Dann erst wieder das Bein reinklopfen und vorsichtig mit Knochenleim verkeilen und anschließend bündig hobeln.
Das war jetzt nur die Beschreibung für eine Stelle. Wer sich so etwas auf Anhieb nicht zutraut, macht mit unbedarften Versuchen mehr kaputt als wieder ganz.

Melanie
www.holz-sinn.de
 

Annimi

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Windsor Stühle wurden nicht einheitlich aus einem Holz gemacht, sondern jeweils das Beste das in der Region zur Verfügung stand für die jeweilige Anwendung. Der Sitz dürfte Ulme/Düster sein. Dieses Holz ist sehr zäh und deshalb gut geeignet um die durchbohrten Fuß- und Rückenlehnen. Die gebogene Lehne scheint hier Esche zu sein. Gut geeignet zum Biegen. Und die Sprossen dürften Buche sein.
Jep, anbei ein Beispiel mit Beschreibung.
 

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Gismo4

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Vielen Dank für die vielen guten Tipps. Morgen bin ich beim ersten Restaurator und bin gespannt was er sagt (haben möchte)
 

Gismo4

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Die professionelle Reparatur liegt leider deutlich über unserem Budget .

Dass heißt ich werde mein bestes versuchen es selbst zu reparieren.
Der Stuhl mit den drei Rissen am Stuhl Bein kommt erstmal in die Besen Kammer und wird erst raus geholt wenn wir mal so viel besuch haben (zu Corona eher unwahrscheinlich).

Dass heißt, dass ich erstmal nur den Riss auf dem letzten Bild reparieren möchte.

Kann ich den Spalt mit Knochen Leim füllen und so schließen? Als erster Versuch, wenn dass auf Dauer nicht hält, würde ich was anderes versuchen.
Ich hatte überlegt von unten noch die angesprochenen Butterfly Plättchen anzubringen. Allerdings finde ich bei google nur mist wenn ich die suche, habt ihr evtl einen link oder andere Bezeichnung dafür?

Vielen Dank und Gruß
 

Gismo4

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100€ Stundenlohn plus Material zzgl MwSt pro Stuhl. Also also irgendwas zwischen 700-1000€.

Gekauft hab ich die Stühle für 180€ alle zusammen. Dafür dass nur zwei wirklich kaputt sind ist mir dass zu unwirtschaftlich
 

Time_to_wonder

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Wenn Wirtschaftlichkeit ganz oben steht, versuch lieber, die Stühle mit Gewinn wieder zu verkaufen. Als Laie würd ich mich aus Respekt vor den schönen Stühlen nicht ranwagen.

Als Lehr- und Testobjekte taugen die Stühle nicht, und auch nicht für die Besenkammer.

Meine Meinung.
 
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