Handwerker und die Zukunft des Handwerks

seschmi

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Zum Nachwuchs: Ich habe ja auch Teenager-Söhne. Was die total fasziniert, ist, etwas mit den eigenen Händen zu erzeugen. Und zwar etwas richtiges und nützliches. Das haben sie ja in der Schule gar nicht. Da werden halt Hefte vollgeschrieben.

Das ist ja das, was am Handwerk begeistert: Dass man Dinge mit den eigenen Händen herstellen kann. Ein Stuhl, eine Mauer oder meinetwegen ein Klo.

In der Industrie wird zwar auch was hergestellt, aber jeder trägt nur einen ganz kleinen Teil zum ganzen bei. Der Handwerker erschafft richtig was.

Der eine Sohn war kürzlich auf der Baustelle eines Bekannten zum Helfen. Da durfte er eine halbe Garagenwand mitmauern. Er war vollkommen begeistert davon, zu sehen, wie da eine richtige Wand durch seine eigene Arbeit entsteht.

Wenn es gelingt, diese Begeisterung in jungen Menschen zu wecken, dann klappt‘s auch mit dem Nachwuchs.
 

inselino

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Ich gehe nicht ins Handwerk und das liegt nicht an mangelnder Begeisterung sondern an allem, was ich vom Handwerk sehe und mitbekomme. Ich mache das mit Begeisterung und Freude zu Hause aber definitiv nicht als Ausbildung.

Fangen wir mal mit dem schnöden Mammon an. Diese Seite stellt Tischlergehälter vor:
https://www.aubi-plus.de/berufe/tischler-tischlerin-200/gehalt/
Wie passend die jetzt sind weiß ich nicht. Aber legen wir mal noch 700€ drauf dann sind wir bei 3000€ brutto.
Wenn ich auf Bachelor studiere (sind ebenfalls 3 Jahre) und dann im öffentlichen Dienst anfange bin ich E9-E12 je nach Anforderung eingruppiert. Selbst in der schlechtesten Eingruppierung mit E9a bin ich schon bei 3080€ Brutto im Monat. Bei E10 schon bei 3600€ Brutto. Gleichzeitig eine enorme Jobsicherheit, Arbeitgeberunterstützte Altersvorsorge mittlerweile sogar flexible Arbeitszeiten, Homeoffice etc.

Gleichzeitig ist die Arbeit gerade auf dem Bau körperlich enorm anstrengend, viele haben mit den körperlichen Folgen im Alter zu kämpfen. Bekannte von mir in der Ausbildung haben Wochen und Monate die gleichen Hilfsarbeiten machen müssen, die Berufsschule unterfordert in den allgemeinen Bereichen, wenn man den Stoff schon in der Schule hatte.
Die Bekannten von mir, die eine Ausbildung mit entsprechend Motivation und Begeisterung angefangen haben, haben schnell resigniert und waren frustriert von der teilweise stupiden Arbeit, die sie über 3 Jahre in der Ausbildung und teils danach noch ausführen mussten.

Also insgesamt ist es einfach unatraktiv und das kann auch die große Begeisterung bei vielen jungen Menschen einfach nicht kompensieren. Und auch die Aussage "wir müssen bloß die Begeisterung bei jungen Menschen wecken dann haben wir genug Leute im Handwerk" versucht ja nur, die Fehler bei den anderen zu suchen und nicht bei sich selbst.

Angebot und Nachfrage? Nicht schon wieder diese alte Mär.

Angebot und Nachfrage ist keine Mär sondern verdeutlicht, dass man nicht gleichzeitig zu wenige Arbeitskräfte für die viele Arbeit und zu wenig Arbeit für höhere Löhne haben kann.
 

brubu

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Tja, ist ja immer wieder interessant wenn darüber geschrieben wird was alles nicht gut ist im Handwerk und was die Handwerksbetriebe alles besser machen sollten. Da empfehle ich das Gleiche wie den Gewerkschaften. Macht eigene Betriebe auf mit super Arbeitsbedingungen und zeigt allen wie es richtig funktioniert. Dann verschwinden die heutigen, viel schlechteren Betriebe automatisch vom Markt.
Gruss brubu
 

Wolfgang EG

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Kann man Wolfgang Grupp mit seiner TRIGEMA als Musterbetrieb ansehen?

Wolfgang
 

Mitglied 59145

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Das mit der bezahlung ist schon so ein Ding.

Vieles andere ist abhängig vom Typ. Ich habe hier einen Top Gesellen, der ist schnell, fast ordentlich und wirklich gewissenhaft. Sehr loyal und ziemlich gut bezahlt. Wenn du den in den öffentlichen Dienst steckst, wird der unglücklich. Ganz sicher wäre ein Bürojob sein Alptraum, auch zuviele Menschen wäre absolut nicht seins. Der ist wirklich rundum zufrieden, klar mehr Geld würde er auch nehmen. Er arbeitet 4 Tage die Woche mit 35 Std.. Weniger will er nciht, mehr ist kein Problem, also ab und an.

Aber es stimmt schon, bei vielem weiß ich nicht wie man es angenehmer gestalten soll. Es gibt immer wieder monotone Tätigkeiten. Wir versuchen sowas dann mit mehreren zu machen, also Kompensation durch Organisation.

Vor 3 Jahren hatten wir Phasenweise 2 Bürokräfte mit in der Fertigung für ein paar Wochen. Einfach Maschinen füttern.....
 

Mitglied 84747

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Trigema ist ein Industriebetrieb. Schau Dir mal die Region. Und den Industriebereich in dem Trigema tätig ist.
 

Ankece

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Unterscheidet sich das wirklich so signifikant?
Ich glaube nicht.

Ich arbeite in einem größerem Chemie Unternehmen. Die Industrieunternehmen sind ja auch in einzelne Bereiche unterteilt. Jeder für sich ist quasi ein kleinerer Betrieb. Der Betriebsleiter ist dann dein Chef, wie in einem Handwerksbetrieb.
Der Chef ist also mitentscheidend für das Betriebsklima und die Wertschätzung der MA.
Natürlich muss er die Konzernrichtlinien umsetzen. Das kann er menschlich oder auch anders machen.
Insofern sehe ich da keinen großen Unterschied.

Natürlich sind die sozialen Aspekte (z. B. Kündigungsschutz) in einem großen Unternehmen oftmals besser, als in einem fünf Mann Betrieb.
 

weissbuche

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Bin ja oft bei uns im Rathaus und habe ja auch den üblichen Kontakt mit Behörden. Wer sich über eintönige Tätigkeiten im Handwerk beschwert, ist natürlich in so einem Amt viel besser aufgehoben. Abwechslungsreiche Formulare, Kontakt mit aufgeschlossenen Bürgern, denen ich dann zum 50igsten Mal erklären muß, warum sie den Bürgersteig fegen müssen oder in der Kämmerer zu versuchen, das was die Politiker sich ausgedacht haben in Zahlen zu gießen. So die große Begeisterung für ihren Job kann ich bei den meisten dort Tätigen nicht erkennen. Viele Bürojobs sind doch auch eintönig und langweilig. Wenn im öffentlichen Dienst leistungsgetecht bezahlt würde, sähe es mit dem guten Verdienst auch nicht mehr so gut aus. Habe meine fast 50 Arbeitsjahre ja so ziemlich halbe/ halbe verbracht. Wenn ich als Geselle auf die Baustelle gefahren bin oder einen Auftrag in der Werkstatt hatte, war mir das Wie weitgehend freigestellt, Ergebnisse und Zeitvorgabe mußten passen. Diese Freiräume hatte ich später oft nicht. Ich habe mich, gerade zum Ende hin, immer mehr gegängelt gefühlt. Alles ging nur noch mit Antrag,, wurde 5mal kontrolliert und die km Angaben auf der Fahrtkostenabrechnung wurden von jemand mit A11 mit dem Routenplaner nachgefragt. Das Nachprüfen hat 30,00 Euro gekostet um dann 2 km a 35 Cent als Fehler auszumachen. Wer zu soetwas Lust hat und darin Erfüllung findet, bitte. Da fahre ich doch lieber 150 m Kanten an oder baue 30 Zimmertüren ein. Muß jeder selbst entscheiden, aber das ständige Betonen der
"Mißstände" im Handwerk und gleichzeitig das Betonen der "Vorteile" in den Verwaltungen und Behörden geht mir immermehr auf die Nerven..
 

Mitglied 84747

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Und? Es geht doch hier im Thema auch um die Behandlung von Mitarbeitern, die Mitarbeitergewinnung etc. Unterscheidet sich das wirklich so signifikant?

Wolfgang
Der Titel vom Thema. OK inzwischen ist man dabei gelandet.
Dann erklär mal was der Herr Grupp besser machen soll?
 

Mitglied 84747

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Kann man Wolfgang Grupp mit seiner TRIGEMA als Musterbetrieb ansehen?

Wolfgang

Offensichtlich hast Du nicht verstanden, was ich geschrieben habe. Nicht nur lesen, auch verstehen. Bitte sei mir nicht böse, dass ich da nicht weiter drauf eingehe.

Wolfgang
das ist jetzt aber ne ganz schwache Leistung!
Warum soll die TRIGEMA ein Musterbetrieb sein? Und da Herr Grupp die TRIGEMA führt muss ja Er was besser machen, deiner Meinung nach.
Oder meinst Du jetzt seine Selbstdarstellungen.
 

joh.t.

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bei den Zwergen
das ist jetzt aber ne ganz schwache Leistung!
Warum soll die TRIGEMA ein Musterbetrieb sein? Und da Herr Grupp die TRIGEMA führt muss ja Er was besser machen, deiner Meinung nach.
Oder meinst Du jetzt seine Selbstdarstellungen.
Ich glaube, es gibt einen massiven Untershiied zwischen Hr Grupps Selbszdarstellung und der Realität.
Frag mal die Schneiderinnen in seinen Fabriken...
 

civil engineer

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Das ist ja das, was am Handwerk begeistert: Dass man Dinge mit den eigenen Händen herstellen kann. Ein Stuhl, eine Mauer oder meinetwegen ein Klo.

Wenn es gelingt, diese Begeisterung in jungen Menschen zu wecken, dann klappt‘s auch mit dem Nachwuchs.
Arbeitest Du selbst als Handwerker? Vollzeit, Lebensunterhalt damit verdienen?

Für mich sind das romantische Vorstellungen: Begeisterung eines HLSlers, dass er über den Tag 10 WCs angeschraubt hat? Ich kenne niemand, der da nach Feierabend in Begeisterung ausgebrochen ist.
 

Mitglied 59145

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Jeder hat doch so doofe Sprüche schonmal gehört:

"Wenn es immer nur Spaß machen würde, müsste ich euch nicht bezahlen!"

Im richtigen Tonfall und Situation drückt der Spruch schon das richtige aus.

Sollte aber nicht jeden Tag zu hören sein!
 

Mitglied 24010 keks

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Ja, der Verdienst im öffentlichen Dienst ist gar nicht schlecht. Wenn man dann noch im passenden Teil von Deutschland wohnt und die Lebenshaltungskosten gering sind... Top! Ich habe ja auch paar Jahre öffentlichen Dienst hinter mir und bin da eigentlich nur weg weil ich immer nur. max. 2 Jahres Verträge bekommen habe. Das ist für Familienplanung natürlich nicht das Ideale. Lag aber ausschließlich an der Arbeit die ich gemacht hab. In der Forschung ist das halt so. Klar, irgendwann greift das Wissenschaftsblablabla Gesetz - weiß nicht mehr genau wie das heißt - aber darauf wollte ich nicht warten und dann, unter Umständen, vor dem Aus stehen. Also halb geplanter Rückzug.
Wenn ich mir jetzt überlege, ich wäre inzwischen sicher in 12 oder 13/5... Puh... ich müsste bei mir in der Werkstatt / Büro einen Stundenlohn von ca. 80€/Std. realisieren um am Ende des Monats / Jahres das Gleiche zu haben.
Bei uns auf dem Bauamt ist vor kurzem eine Stelle als Bauamtsleiter freigeworden - Bezahlung nach Qualifikation. Ich wäre da sicher bei 13/4 oder 13/5... ich will aber nicht. Ich mag mein Leben so wie es ist, auch wenn ich weniger Geld hab. Ich will das machen was mir gefällt. Ich mach gerne Büro und Planungen, aber nicht ausschließlich. Ich BRAUCH die Abwechslung. Es ist extrem gut, wenn man nach einem sehr anstrengenden Tag auch mal einen Tag im Büro verbringen kann. Andersherum ist es echt ein toller Ausgleich wenn man paar Tage extrem Büro hatte und dann einfach in der Werkstatt was schönes machen kann.

Ich werde meinen Kindern versuchen nahezulegen ein Handwerk zu lernen. UND DANN zu studieren - oder halt auch nicht. Für mich ist das der ideale Weg.

Gruß Daniel
 

husky 928

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Für mich sind das romantische Vorstellungen: Begeisterung eines HLSlers, dass er über den Tag 10 WCs angeschraubt hat? Ich kenne niemand, der da nach Feierabend in Begeisterung ausgebrochen ist.
Pro WC ein Hunderter verdient, für die Montage nochmal ein Fuffi, das ganze mal zehn: schon ist sie da, die Begeisterung :emoji_grin:
 

predatorklein

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Ich kenne aber auch keinen, der in Begeisterung ausbricht, weil er 6 Anträge auf Ausstellung eines Personalausweises oder 4 Grundsteuersachen bearbeitet hat.

Die " romantischen " Vorstellungen , wie´s beim Schreiner läuft , sollte man aber auch schnell über Bord werfen .
Egal ob angestellt oder selbstständig .

Im Gegensatz zum Handwerksbetrieb interessiert es aber kaum , wenn mal überhaupt keine Anträge für Personalausweise bearbeitet wurden , oder keine Grundsteuersachen bearbeitet wurden .

Da bleibt bei Krankheit eben die Arbeit liegen :emoji_wink:

Ich hab einige Bekannte , die zur gleichen Zeit wie ich die Schreinerlehre gemacht haben .

Von vielleicht 30 Leuten sind noch 5 im Handwerk .
Davon sind 3 selbstständig , 2 Mann sind " Altgesellen " .
Der Rest ist zur Uni , ins Klinikum , zur Stadt oder zur Gemeinde gegangen .

Geregelte Arbeitszeiten , mindestens das gleiche Geld ( eher mehr ) , deutlich bessere und günstigere Zusatzzeiten , weniger Arbeitsvolumen und dadurch deutlich weniger Stress , deutlich bessere Aufstiegschancen .
Wer kann es einem da verdenken , wenn man wechselt :emoji_thinking:

Und geschreinert wird am SA , entweder in der Schreinerei der Uni , beim Theater , im Klinikum , der eigenen Heimwerkstatt oder bei uns .
Und es werden nur Projekte gemacht , die man machen will :emoji_grin:

Gruß
 

uli2003

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Freitag ist Freisprechung durch mich für unsere neuen Gesellen und Gesellinnen.
Noch ist Nachwuchs da, wenn es auch mehr sein könnte. :emoji_slight_smile:
 
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