Meine Sicht und Situation zu diesem Thema
Man neigt im allgemeinen dazu, zu sagen, daß früher alles anders-bzw.besser- war, als man noch selber gelernt hat. Aber in der ehrlichen und schonungslosen Nahbetrachtung muss man wohl zugeben das zum Einen die Stifte heute es aufgrund der immer größeren Spezialisierung der Betriebe schwerer haben, einen entsprechend weitgefächerten "Erfahrungsschatz" aufzubauen. Des
Weiteren ist auf Grund des gewachsenen Drucks die Bereitschaft gesunken, sich intensiv mit der Ausbildung der Stifte zu befassen, da im Zweifel der Liefertermin wichtiger ist, als der Stift.(Das ist zumindest mein persönliches Empfinden, und die Erfahrung, die ich mit Leuten gemacht habe, welche frisch aus der Ausbildung in meine Kolonne gekommen sind). Und hier beißt sich die Katze in den Schwanz, auf der einen Seite wird die Ausbildung nicht richtig ernst genommen, und ein paar Jahre später beschwert man sich dann, dass man keine vernünftigen Leute findet.
Ich muss ihm Recht geben. Ich selber muss tagtäglich in der Werkstatt um Ausbildung kämpfen. Es ist mir natürlich bewusst, dass mir die gebratenen Tauben nicht in den Mund fliegen( wäre zwar schön aber das Leben ist keinrosaroter Ponyhof) und ich natürlich auch was dafür tun muss. Schon im Ausbildungsvertrag steht es drin.
Ich verstehe aber nicht, dass wenn ich zu meinen Gesellen gehe und sie frage ob ich irgendwo etwas für sie mitarbeiten kann, was dann auch noch der Ausbildung zugute kommt, ich meistens eine ablehnde Haltung bekomme. Natürlich ist die Gefahr von Fehlern da. Wie aber soll ich denn lernen ohne Fehler zu machen. Trotz dass ich 26 Jahre bin, bin auch ich nicht vor Anfängerfehlern gefeit.
Ich habe mit meinem ausbildenden Gesellen darüber gesprochen, was ich besser machen soll. All das, was mir aufgezählt worden ist habe ich verbessert oder es zumindest versucht bzw arbeite daran.
Die Situation hat sich aus meiner Sicht nach wie vor nicht geändert bis auf dass ich auf Baustellen für kleinere Sachen eigenveratwortlich arbeiten darf.
Ich denke, das Hauptproblem des o.g.Mangels an ausgebildeten und auszubildenden Menschen liegt in deren Bereitschaft, etwas zu investieren. Ich meine da kein Geld, sondern Zeit und Bereitschaft, sich über die direkte Anforderung hinaus zu bilden.
Trifft ehrlich gesagt auf meine Person nicht zu. Ich versuche so viel wie möglich mitzunehmen und investiere auch viel meiner private Zeit in die Ausbildung. Ich glaube sogar mehr als man mittlerweile von einem erwartet.
Leider aber ist dies die Ausnahme.
Aufgrund meiner oben geschilderten Situation, bin ich dazu übergegangen Wochenends und nach Feieraben mich selber "auszubilden" soll heißen dass ich mich an die Hobelbank stelle und selber kleine Möbel baue bzw. irgendwelche Verbindungen bis zum erbrechen übe. Wenn ich dabei Probleme habe, lass ich's liegen und frage am nächsten Tag einen meiner Gesellen, wie ich diesen Fehler beseitigen kann bzw. was ich falsch gemacht habe.
Nach meiner Meinung werden die meisten Schüler ohne wahren Einblick ins Berufsleben in die Lehre geschickt, und stellen dann fest, daß man auch Einsatz zeigen muß.
Da stimme ich zu. Viele werden jetzt denken, dass ich den Vogel abschieße. Ich haber aber schon eine Berufsausbildung hinter mir und habe auch als Geselle in diesem Beruf gearbeitet. Meine Erfahrung ist aber auch die, dass der Wille, die Zähne zusammen zu beißen ( wird das so geschrieben? :rolleyes: ) immer weniger wird.
PS:Verteidigend muss ich dazu sagen, dass wir ein sehr großer spezialisierter Betrieb sind, der in Abteilungen aufgebaut ist. Die Größe macht es meiner Meinung nach nicht unbedingt einfacher um eine gute Ausbildung zu gewährleisten. Die Arbeit doe wir verrichten ist sehr stark termingebunden da wir relativ viele Auftraggeber aus dem öffentlichen Stellen ( Behörden, Banken etc.) haben.
Aber so wie es bei mir ist, kann es nicht sein und entspricht auch nicht meinem Verständnis einer fundierten Ausbildung.
Und das ist alles was ich will! Eine fundierte Ausbildung um nicht bei meinem nächsten Arbeitgeber nach der Ausbildung -auf gut deutsch- auf die Fresse zu fliegen.
So jetzt hab ich mir mal meinen Kummer runtergeschrieben. Antworten darauf sind erwünscht.
PPS: Ich liebe das Tischlerhandwerk