Hallo in die Runde,
zum Thema Dachüberstand am Giebel und besonders der Traufe -
Inden 1930ern wurde aus Sparsamkeit kaum Dachüberstand gemacht. Bei den Siedlungshäusern der 50er auch kaum.
Wie anobium60 schon geschrieben hat, hat ein fehlender Dachüberstand nicht zwingend mit Sparen oder billig zu tun, sondern ist auch früher regional üblich gewesen sein.
Ich wohne im Norden Bayerns, da ist früher eine ganz andere Bauweise üblich gewesen, als z.B. im Süden des Bundeslandes. Äußerlich am einfachsten an der Dachneigung zu erkennen - hier eher Steil (45°+), im Süden eher flach (30° und flacher).
Schaut man sich solche alten Dächer von der Konstruktion genauer an, stellt man fest, daß sie (oft) anders gebaut waren, hier sog. Kehlbalkendächer, im Süden traditionell Pfettendächer.
Hier mal zwei Links zur Bauweise:
Kehlbalkendach -
https://www.baunetzwissen.de/geneig...chtragwerke/kehlbalkendach-158387/gallery-1/1
Pfettendach -
https://www.baunetzwissen.de/geneigtes-dach/fachwissen/dachtragwerke/pfettendach-158389/gallery-1/1
Ohne jetzt hier genauer auf die Unterschiede in der Lastabtragung einzugehen, fällt auf, daß beim Pfettendach die Sparren ohne Schwierigkeiten einfach länger gelassen werden können und so problemlos an der Traufe ein die (oft) Holzbauweise des Hauses schützender Dachüberstand hat hergestellt werden können.
Am Giebel war das auch nicht sonderlich schwierig, man hat die Pfetten einfach länger gemacht, dadurch konnte man das Dach mit Flugsparren verlängern. So war Platz für Holzbalkone, wo Maria ihre Geranien gießen hat können oder der Franz seine Leiter zum Fensterln hingestellt hat.
Beim Kehlbalkendach war das so nicht möglich, an der Traufe nur mit konstruktivem Mehraufwand, am Giebel gar nicht. Länger gelassene Dachlatten lasse ich mal außen vor, das war auch max. eine Ziegelbreite (Biberschwanz).
Die Sparren greifen in den Deckenbalken ein, der braucht ein gewisses Vorholz, damit die Berbindung halten kann.
Den überstehenden Deckenbalken hat man verschalt, das war dann der sog. `Traufkasten´.
Dachüberstand war da traditionell kaum vorhanden, auch am Giebel hat man den Ortgang mit einer vielleicht Viertel Ziegelbreite ausgeführt (wie Fichtenelch geschrieben hat).
Beide Bauweisen haben ihre Vorteile, aber auch Nachteile.
Der Abbund des Pfettendaches ist z.B. einfacher, beim Kehlbalkendach spart man sich dafür die massiven und somit teuren Pfetten.
In den 1930er und auch ab nach dem 2.WK hat aus Mangel an geeignetem Holz versucht, sparsam mit dem Baustoff umzugehen.
Somit war das Kehlbalkendach wieder eine übliche Bauweise bei vielen Siedlungshäusern.
Mit Verbreitung des Stahlbetons ab den 1960ern sind dann auch Kehlbalkendächer mit Überstand an der Traufe üblich geworden.
Anstatt der Verbindung über den Deckenbalken des Dachgeschosses waren die Sparren mittels eines Widerlagers mit der Stahlbeton-Dachgeschoßdecke verbunden.
https://baubeaver.de/kehlbalkendach/
Wo ich wohne, ist bei Steildächern heute die Pfettenbauweise die übliche (Holz im Verhältnis billig, Arbeitskraft teuer), meine, daß das in der gesamten Republik so ist.
Über Geschmack läßt sich ja zum Glück gut sich austauschen, unnatürlich weite Dachüberstände gefallen mir persönlich nicht so gut.
Gruß, Andreas