Damit kommt du aber nicht auf die Wiese am Badesee
.
Und beim Bierchen da musst du auch mehr aufpassen !
Hallo zusammen,
um die Antwort vorweg zu nehmen: Ja, das ist so.
Strafrechtlich gibt es im Gesetz gar keine feste Promillegrenze. Es heißt vielmehr in § 316 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs recht abstrakt: „Wer im Verkehr … ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke … nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird … bestraft“.
Da steht „Fahrzeug“ und nicht „Kraftfahrzeug“, deshalb sind auch Radfahrer, Rollerfahrer und sonstige ein Fahrzeug mit Körperkraft Antreibende erfasst.
Wann man „nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen“, ist im Prinzip nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Es kann deshalb durchaus sein, dass jemand, der Alkohol nicht gewöhnt ist und dessen Blutalkoholkonzentration zwar gering ist, der aber Schlangenlinien fährt, rote Ampeln übersieht, der beim Aussteigen aus seinem Pkw kaum noch auf zwei Beinen stehen und Fragen der Polizeibeamten nur lallend beantworten kann, als Nicht-mehr-in-der-Lage-Seiend angesehen wird.
Es hat sich aber im Laufe der letzten Jahrzehnte eine absolut gefestigte Rechtsprechung gebildet, wonach Fahrer von Pkws, Lkws, Motorrädern, Mofas und Elektro-Scooter jedenfalls bei einer Blutalkoholkonzentration ab 1,1 Promille als absolut fahruntauglich angesehen werden, egal, wie alkoholgewöhnt sie sind und wie nüchtern sie wirken. Es wird auch nicht danach unterschieden, ob jemand mit einem Lkw oder mit einem Elektro-Scooter unterwegs ist.
Bei Radfahrern werden als Grenze 1,6 Promille angesehen; da ist die Rechtsprechung etwas weniger gefestigt, es gibt auch Urteile, die von 1,5 Promille ausgehen.
Theoretisch könnten diese Grenzen auch, wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wirkung von Alkohol gibt, von der Rechtsprechung von einem auf den anderen Tag geändert werden.
Für Pedelecs gibt es noch keine gesicherte Rechtsprechung. Ich habe einen Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe (2 Rv 35 Ss 175/20) gefunden, durch den das Oberlandesgericht ein Urteil eines Amtsgerichts aufgehoben hat, das einen Pedelec-Fahrer mit der Begründung, für ihn gelte die 1,1-Promille-Grenze, verurteilt hatte. Das Oberlandesgericht meint also, für Pedelec-Fahrer gelte die 1,6-Promille-Grenze. Aber es hat den Leitsatz sehr vorsichtig formuliert: „Es liegt nahe, Elektrofahrräder mit Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h (sog. Pedelecs) … strafrechtlich nicht als Kraftfahrzeuge einzustufen.“ Zur Begründung hat es ausgeführt, es gebe derzeit keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Leistungsfähigkeit von Pedelecfahrern.
Ich persönlich gehe davon aus, dass es demnächst solche Untersuchungen geben wird und meine Einschätzung geht dahin, dass bei Pedelec-Fahrern eine Grenze irgendwo zwischen 1,1 und 1,6 Promille angesetzt werden wird.
Daneben kommt noch eine
Ordnungswidrigkeit in Betracht. In § 24a Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes heißt es: „Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er … 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut … hat …“.
Da steht „Kraftfahrzeug“ und nicht „Fahrzeug“, deshalb sind Radfahrer raus.
Was genau ein Kraftfahrzeug ist, definiert § 1 Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes: „Als Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes gelten Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.“
Das wären dann auch Pedelecs. Für die gilt aber nach Absatz 3 eine Ausnahme: „Keine Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes sind Landfahrzeuge, die durch Muskelkraft fortbewegt werden und mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und erstens beim Erreichen einer Geschwindigkeit von 25 km/h oder früher, zweitens wenn der Fahrer im Treten einhält, unterbrochen wird.“
Ich gehe jetzt davon aus, dass das oben in #230 von Pedder gezeigte Gefährt kein vollverkleidetes Fahrrad oder Pedelec ist, sondern ein - wenn auch schwach - motorisiertes Kraftfahrzeug. Der Fahrer würde ab 0,5 Promille eine Ordnungswidrigkeit begehen und macht sich ab 1,1 Promille strafbar - während der Fahrradfahrer wegen einer Ordnungswidrigkeit überhaupt nicht belangt werden würde und sich erst ab 1,6 Promille strafbar machen würde. Pedelecfahrer haben - jedenfalls derzeit - eine gute Chance, dass sich andere Gerichte dem Oberlandesgericht Karlsruhe anschließen und sie wie Radfahrer behandelt werden.
Viele Grüße, Heike